Mittwoch, 27. März 2024

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Teilung Koreas 1945
Grundstein eines Konflikts, der bis heute andauert

Seit 75 Jahren gibt es zwei Koreas, die sich getrennt voneinander entwickeln. Die USA und die UdSSR hatten das Land 1945 aufgeteilt. Dabei hatte es anders als Deutschland keinen Krieg angefangen - vielmehr war es selbst Opfer einer brutalen Unterdrückung durch Japan.

Von Ingrid Norbu | 08.09.2020
Blick von Süd nach Nord ins innerkoreanische Grenzgebiet
Blick von Süd nach Nord ins innerkoreanische Grenzgebiet (picture alliance / empics / The Canadian Press / Frank Gunn)
14. August 1945: Ende des Zweiten Weltkriegs in Ostasien. "An unsere guten und getreuen Untertanen." So beginnt die Kapitulationserklärung des japanischen Kaisers Hirohito in der den meisten Japanern unverständlichen Hofsprache. Sie wird am 15. August um 12 Uhr im Rundfunk ausgestrahlt. Japan erkennt damit die Bedingungen der Siegermächte an.
Mit der Kapitulation Japans vor gut 75 Jahren wurde der Grundstein für einen neuen Konflikt gelegt, der bis heute andauert: die Teilung Koreas. Die koreanische Halbinsel war seit 1910 japanische Kolonie und sollte nun wie andere Besatzungsgebiete Japans unter den Siegermächten aufgeteilt werden. Großer Gewinner wurde die Sowjetunion. Die USA hatten Stalin während der letzten Kriegsjahre große Zugeständnisse in Aussicht gestellt, wenn er sich an den Kampfhandlungen gegen Japan beteiligen würde. Eung Jung Lee leitet das Institut für Koreastudien an der Freien Universität Berlin.
"Das Problem war die Angst vor Japan. Also, bis Februar 1945 hatten sie nicht damit gerechnet, dass Japan so schnell kapitulieren würde. Da war ja auch nicht sicher, wann Deutschland auch kapitulieren würde. Aber bei Japan hatten sie noch mehr Unsicherheitsgefühl, fast Angst vor dem Krieg auf der japanischen Hauptinsel. Deswegen wollte man sowjetische Truppen auch dabeihaben. Weil sie dachten, sie schafften es nicht alleine."
Nord- und Südkorea - Euphorie weicht der Realität 2018 trafen sich die süd- und nordkoreanischen Staatschefs im Grenzdorf Panmunjom. Es war ein historischer Moment – aber danach ist sehr viel passiert.
Korea zwischen den Siegermächten
Auf der Konferenz von Teheran im November und Dezember 1943 versprachen die Sowjets dann, nach einem Sieg über Deutschland auch für einen Krieg im Pazifik bereitzustehen. Großbritannien und die USA zeigten sich später entsprechend dankbar. Bernd Stöver lehrt am Historischen Institut der Universität Potsdam.
"Während des Treffens in Jalta im Februar 1945 wird deshalb ein großzügiges Paket geschnürt für den sowjetischen Einsatz in Ostasien: Die UdSSR sollte die 1905 verlorenen Gebiete zurückerhalten, die Kurilen und den Süden von Sachalin. Gleichzeitig sollte Stalin die Mongolische Volksrepublik kontrollieren dürfen und einen Teil der Mandschurei und eben von Korea."
Die West-Mächte hatten allerdings nicht damit gerechnet, dass Japan dann doch so schnell zu besiegen war. Drei Monate nach dem Kriegsende in Europa wurde Stalins Hilfe in Ostasien eigentlich gar nicht mehr gebraucht. Bernd Stöver:
"Letztendlich veränderten die Bedingungen nach dem Abwurf der Atombomben am 6. und 9. August die Situation dann schlagartig. Tokio akzeptiert dann am 14. August bekanntlich die Potsdamer Erklärung. Tokio stellt dann zwei Tage später, also am 16. August, die Kampfhandlungen ein, und damit entfallen auch die Gründe für die sowjetische Beteiligung bei der Eroberung."
Zu unreif für die Selbstständigkeit?
Warum aber wurde Japans bisherige Kolonie Korea, bis 1910 immerhin ein autonomes Kaiserreich, jetzt nicht in die Unabhängigkeit entlassen?
"Der Fehler begann ja schon bei der Konferenz in Kairo, als Präsident Roosevelt der Meinung war, wenn die Kolonialherrschaft Japans über Korea beendet wird, können die Koreaner, sie seien dann gar nicht in der Lage, einen eigenen Staat zu führen. Sie wären dazu einfach noch zu unreif. Ähnlich wie Indochina, Vietnam und auch wie die Philippinen müsse eine Treuhandverwaltung sein." Werner Pfennig ist Experte am Institut für Koreastudien der Freien Universität Berlin.
"Deutschland ist geteilt worden, selbstverschuldet. Krieg angefangen, Krieg verloren, von den Siegermächten geteilt worden. Korea hat ja keinen Krieg angefangen. Korea ist brutal als Kolonialbesitz Japans ausgebeutet worden. Wurde dann nicht in die Unabhängigkeit entlassen, sondern es etablierten sich zwei Verwaltungen, eine im Norden, eine im Süden."
Die Siegermächte UdSSR und USA teilten das Land also untereinander auf. Drei Monate nach Kriegsende in Europa erreichten die Sowjets am 8. August 1945 den Norden Koreas. Stalin nutzte die wirre Lage in Ostasien für seine Zwecke. Die erste amerikanische Atombombe auf Hiroshima war zwei Tage zuvor gefallen, und nur ein weiterer sollte vergehen bis zum Abwurf auf Nagasaki. Bernd Stöver:
"Die Sowjets verhalten sich tatsächlich sehr, sehr vorsichtig und gehen sehr, sehr langsam Richtung Süden vor. Erst am 10. August, also zwei Tage später, erreichen sie die Nordost-Küste. 14 Tage später sind sie dann erst in Pjöngjang, was auf der Hälfte der Strecke ungefähr bis zum 38. Breitengrad liegt."
Diesseits und jenseits den 38. Breitengrads Der Koreakonflikt ist schwer zu durchschauen. Der Historiker Bernd Stöver hat 60 Jahre nach Ende des Koreakrieges eine fundierte Hintergrundlektüre zu dem geteilten Land und seiner Geschichte verfasst.
Teilungsideen gab es schon 40 Jahre zuvor
Damals entstand die Legende, innerhalb einer halben Stunde müsse eine Teilungslinie in Korea gefunden werden, um die Sowjets aufzuhalten, die am 28. August 1945 den 38. Breitengrad erreichten. Eung Jung Lee:
"Also überhaupt die Idee, Korea zu teilen, diese Idee kam schon 1905. Es gab zwischen Japan und USA auch Geheimverhandlungen, dass der nördliche Teil Koreas von Russland und der südliche Teil Koreas von Japan besetzt werden könnte oder kolonialisiert werden könnte. Solche Ideen gab es schon. Und in Jalta, man wollte das Land treuhänderisch verwalten nach der Kapitulation Japans. Wenn aber treuhänderisch verwaltet werden soll, wie soll das aussehen? Und da haben die schon 1944, haben wir auch in USA in den Archiven die Dokumente gefunden, dass man auch schon damals Gedanken gemacht hat, wo könnten wir dann jetzt so eine Teilung machen wie in Deutschland. Wenn wir besetzen, wie soll das aussehen? Da war in der Mitte Breitengrad. Die Linie war noch nicht ganz konkret gelegt. Man hat deshalb diese Legende, dass man halbe Stunde Zeit gehabt hat."
Die Amerikaner, vom plötzlichen Sieg über Japan überrascht, hatten dagegen noch keine Truppen nach Korea schicken können.
"Die sowjetischen Einheiten, die über den Breitengrad hinaus schon vorgerückt waren, ziehen sich dann unmittelbar danach hinter die Demarkationslinie zurück. Die US-Truppen landen von Japan kommend dann tatsächlich erst am 8. September, also sehr, sehr spät, woraus man auch wiederum schließen kann, dass das nicht ihre erste Option gewesen ist, da jetzt einzurücken. Es war eben tatsächlich nicht so interessant."
Warum gab Stalin sich mit halb Korea zufrieden?
So wurde vor 75 Jahren – in den ersten Septembertagen 1945 – die Teilung Koreas Realität. Ein Dutzend Dörfer, drei Eisenbahnstrecken und viele Straßen wurden durchtrennt. Kein Koreaner hatte ein Mitspracherecht. Warum aber gab sich Stalin mit der Hälfte Koreas zufrieden, warum hielt er seine Truppen am 38. Breitengrad an, obwohl die Amerikaner noch in Japan waren? Bernd Stöver von der Uni Potsdam:
"Warum Stalin nun so vorsichtig war, liegt eindeutig daran, dass er auf keinen Fall einen Konflikt mit den Amerikanern beginnen wollte beziehungsweise. auslösen wollte. Das hing schlicht und einfach damit zusammen, dass er glaubte, nicht auf einen Krieg mit den Amerikanern oder mit dem Westen vorbereitet zu sein. Er war eindeutig im Hintertreffen, die Atombombe war noch nicht da. Die wird erst 1949 das erste Mal erfolgreich getestet. Letztendlich ging er davon aus, dass er Zeit gewinnen musste."
Der aufziehende Kalte Krieg zementierte die Linie am 38. Breitengrad – bis heute. Die Koreaner leben nun in der vierten Generation hermetisch voneinander abgetrennt.
Sightseeing an der Grenze
Besuch an der Demarkationslinie vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Auf südkoreanischer Seite hat sich die Grenzanlage zum Besuchermagnet entwickelt. Ein Touristenbus aus Seoul, der Hauptstadt Südkoreas, parkt an einer Brücke, über die man vor der Teilung mit dem Zug nach Pjöngjang fahren konnte, die Hauptstadt des Nordens. Das Ende der Brücke ist mit Barrikaden versperrt. Aus einem Souvenirladen plärrt Musik.
Die vier Kilometer breite und 240 Kilometer lange Grenze zwischen Nord- und Südkorea ist flankiert von Stolperdrähten, Bodensensoren, Minenfeldern und Soldaten, die ständig zum Kampf bereit sind. Dazu kommt ein riesiges Waffenaufgebot. Die undurchdringlichste Grenze der Welt. Angst vor einem Krieg mit dem Norden verspürten die meisten Südkoreaner eher nicht, sagt Lisa Kim, Reiseassistentin bei einer der kommerziellen Grenztouren.
"Viele Ausländer haben Angst, aber wir Koreaner nicht, weil wir seit unserer Geburt die Situation hier kennen. Nein, wir sind nicht besorgt. Die ausländischen Fernsehstationen senden eine Menge Informationen über Nordkorea. Die Ausländer kennen sich besser aus als wir. Es sei gefährlich, sagen sie. Wir Südkoreaner denken nie daran, dass wir in einem gefährlichen Land leben."
Kim Jong-un winkt während einer militärparade zu Ehren des 105. Geburtstages von Kim Il-Sung in Pyongyang von einem Terasse. 
Kim Jong-un-Biografie - der Diktator aus der Nähe Über den nordkoreanischen Machthaber ist wenig bekannt. Wenn, dann vor allem Skurriles. Nach jahrelangen Recherchen hat die amerikanische Journalistin Anna Fifield seine Biografie vorgelegt, die jetzt auf Deutsch erschienen ist.
Zwei Staatengründungen und der Koreakrieg
Auch die vielen Verkaufsstände, an denen Baseballkappen und T-Shirts angeboten werden, und die herumtollenden Kinder vermitteln Normalität. Eine Mischung aus Sehenswürdigkeit, Rummelplatz und lebendigem Geschichtsunterricht. Die heute gültige Teilung vollzogen die Koreaner selbst: Mit der Gründung zweier Staaten 1948 und schließlich im Koreakrieg. 1950 überfiel Nordkorea überraschend den Süden, bis UN-Truppen unter der Führung der Amerikaner sie zurückdrängen konnten. Jede Attacke wurde mit einer Gegenattacke beantwortet. Es war ein Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West: China griff in den Krieg ein, bis alle Städte auf der koreanischen Halbinsel in Trümmern lagen.
Der Koreakrieg lastet noch heute als schwere Hypothek auf den Wiedervereinigungsabsichten, die von Zeit zu Zeit geäußert werden, vom Norden und vom Süden, selbstverständlich zu jeweils anderen Bedingungen.
"Den Koreakrieg habe ich nicht erlebt, aber meine Eltern und meine Verwandten haben mir davon erzählt. Ich kenne also die traurige Geschichte. Aber ich hatte keine Vorstellung davon. Ich habe nur aus den Medien davon erfahren. Wenn ich hier die demilitarisierte Zone besuche, erst dann begreife ich, was es bedeutet, dass Korea geteilt ist."
Die Fahne Nordkoreas
Gründung Nordkoreas - Das letzte geteilte Land des Kalten Krieges Auch 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wirken dieser und der Kalte Krieg in Asien nach. Korea ist nach wie vor geteilt – dabei war die Trennung von Nord- und Südkorea ursprünglich als Provisorium geplant. Alles begann mit der Staatsgründung der Demokratischen Volksrepublik Korea am 9. September 1948.
Getrennte Entwicklung seit 75 Jahren
Besucher knüpfen bunte Schleifen an einen Zaun, auf denen Wünsche und Gebete zur Wiedervereinigung stehen, im Gedenken an die Verwandten im Norden. Zehn Millionen Familien wurden nach dem Koreakrieg getrennt. Auch Südkoreaner dürfen keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen. Das verbietet ihnen das Gesetz zur nationalen Sicherheit. Lisa Kim:
"Mir tun die Nordkoreaner Leid, denn ich habe gehört, dass einige dort verhungern. Uns im Süden geht es gut. Wir wollen den Norden unterstützen. Wir wären gerne mit ihnen zusammen und wollen ihnen helfen, irgendwie."
Bis heute sind die Gesellschaften in den beiden Koreas ethnisch sehr homogen. Doch davon abgesehen könnten die Unterschiede zwischen Nord und Süd kaum größer sein, betrachtet man etwa die Ernährung oder die Lebenserwartung, die Denkweise oder auch den Glauben. Es sind zwei komplett unterschiedliche politische und auch wirtschaftliche Systeme, die sich in beiden Teilen seit 75 Jahren herausgebildet haben.
Südkoreas Präsident Moon Jae-In und der nordkoreanische Diktator Kim Jong-Un beim gemeinsamen Lunch im Rahmen des Korea-Gipfels im September 2018. 
In der Endlosschleife gescheiterter Annäherungsversuche Auch wenn Diktator Kim Jong-Un seine Drohungen gegen den Süden zurückgenommen hat: Nordkorea kommt einfach nicht aus dem Konfrontationsmodus. Im Süden ist die Enttäuschung über die aktuelle Politik groß.
"Die Menschen sind auf Gehorsam gedrillt"
Besuch in einer nordkoreanischen Stadt vor einigen Jahren: Während ein Düsenjäger durch die Wolken fliegt, marschieren Mädchen und Jungen im Alter von vier, fünf Jahren im Gleichschritt in den Kindergarten. Ihre Eltern arbeiten tagsüber in einer landwirtschaftlichen Kooperative. Die Kleinen exerzieren wie die Großen. Dünne Arme pendeln im Rhythmus des Liedes an mageren Kinderkörpern. Ob ihnen dieser Drill missfällt oder nicht, ist nicht zu erkennen. Die Gesichter der Kinder sind ausdruckslos. Einübung in ein System, das ihnen in ihrem Leben wohl noch viel abverlangen wird. Auch Il Nam Choi wurde von klein auf Gehorsam eingetrichtert. Nur weil er heute in Südkorea lebt, kann er darüber sprechen.
"Wenn die Führer Nordkoreas etwas planten, dann gaben sie uns direkte Befehle, und wir mussten folgen. Daran hat sich nichts geändert. Ein Aufbegehren ist undenkbar. Selbst wenn jemand den Befehl bekäme zu sterben, müsste er sich umbringen. Die Menschen sind darauf gedrillt, Befehle entgegenzunehmen und zu gehorchen."
Dazu wird ständig der Feind von außen beschworen: Im Staatsfernsehen wird das Programm regelmäßig unterbrochen, um an den Koreakrieg, die Zerstörung des Landes durch die USA und die eigene Abwehrbereitschaft zu erinnern. Südkorea ist heute eine demokratische Wirtschaftsmacht, Nordkorea eine arme Diktatur, die sich nach außen abschottet, mit einer totalen Kontrolle nach innen, erklärt Chung-in Moon, emeritierter Professor und Experte für Sicherheitsfragen in Ostasien.
"Mit Drohszenarios war das Regime immer wieder in der Lage, die Menschen in Nordkorea einzuschüchtern und für ihre Politik einzuspannen, damit sie aus Angst vor externer Bedrohung nicht gegen das Regime revoltieren. Die technische Kontrolle und Überwachung in Nordkorea ist umfassend und die Machthaber kennen sich gut darin aus, die Massen zu überwachen. Der Sicherheitsapparat erstreckt sich über das ganze Land und ist sehr effektiv. Hinzu kommen die Indoktrination und die Propaganda, die im so genannten Personenkult um die Kim-Familie ihren Ausdruck findet."
Das Foto zeigt Menschen in Seoul/Südkorea. Sie verfolgen eine Nachrichtensendung, in der über Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un berichtet wird.
Gelobt sei Kim Jong-un Religionen werden in Nordkorea zwar unterdrückt, aber der Diktator möchte auf einen religiösen Anstrich nicht verzichten. Wenn wichtige Entscheidungen anstehen, begibt er sich zu einem heiligen Berg.
Politik der Abschottung und Wehrhaftigkeit
Nordkorea ist nicht stalinistisch. Das Land verfolgt seit Kim Il Sung, dem Staatsgründer und Ewigen Präsidenten, eine eigene sozialistische Philosophie. Sie basiert auch auf einem altkoreanischen Herrscherkult, wie er über Jahrhunderte auf der Halbinsel existierte, bis Japan 1910 einmarschierte und den koreanischen Kaiser absetzte. Hinzu kommt ein kriegerischer Nationalismus, der bereits in der Zeit der japanischen Besatzung wuchs und den Nordkorea heute zur Schau stellt. Staatsgründer Kim Il Sung lernte sein Handwerk in einer Kaderorganisation in der Sowjetunion, die sich in den 1930er-Jahren die Befreiung des Landes von Japan zum Ziel gesetzt hatte. "Juche", die von ihm erfundene Ideologie, bedeutet übersetzt Selbstständigkeit, Abwehr jeder Einmischung von außen. Eine solche Autonomie ist in der modernen Welt nur noch durch totale Abschottung aufrechtzuerhalten.
"Es gibt keine Kommunikation mit der Außenwelt, keinen freien Austausch von Waren oder Personen. Ohne diese Abschottung hätte das Regime in Nordkorea nicht bis heute überlebt. Das System Nordkoreas ist einzigartig, weil dort Würde und Selbstachtung wichtiger sind als das nackte Überleben und wirtschaftlicher Wohlstand. Wenn das Ausland die Führung in Nordkorea nicht als souveräne Macht anerkennt, wird ihre Reaktion herausfordernd sein."
Auf der Ladefläche eines Transporter stehen Männer mit Säcken, die sie abladen.
Koreas Grenze - Wo USB-Sticks zur Flucht motivieren Die Grenze zwischen Nord- und Südkorea ist hochvermint und umgeben von Stacheldrahtzäunen. Wer vom Norden in den Süden fliehen will, nimmt die lange Route über China. Wichtige Infos kommen per Flaschenpost vom Süden in den Norden.
Die Pufferzone, von der anderen Seite gesehen
Auch der Norden führt seine seltenen Besucher zur demilitarisierten Zone am 38. Breitengrad. Diese Pufferzone zwischen den feindlichen Truppen in Nord und Süd ist seit 67 Jahren, seit dem Ende des Koreakriegs, sich selbst überlassen und so zu einem Biotop für seltene Tiere und Pflanzen geworden. Die Altlasten der Besetzung Koreas durch Japan von 1910 bis 1945 und die des Krieges in Ostasien sind dagegen immer noch nicht beseitigt, sagt Eung Jung Lee, Leiterin des Instituts für Koreastudien an der Freien Universität Berlin.
"Eine Schülergeneration, die von 1935 bis 1945 zur Schule ging, die haben nur Japanisch gelernt. Und dann auch sehr viele Zwangsarbeiter, Arbeitskräfte wurden nicht nur zur Ausbeutung, sondern zu härtester Arbeit gezwungen in japanischen Minen und Bergbauarbeit, das waren ja sehr viele koreanische Arbeiter. Und bei den Frauen, wo wir jetzt schätzen ungefähr 200.000 junge Frauen im Alter zwischen 18 bis 40, als sogenannte 'comfort women' an die Front mitgeschleppt, als sexuelle Sklaven ausgebeutet oder zum Opfer gefallen. Und das sind Geschichten, was man nicht vergisst. Darüber will man auch diskutieren, aber die japanische Regierung lehnt ja das ab und streitet immer noch, vor allem, wenn es um Frauen als Sexsklaven ging, das leugnen sie heute noch. Und bei den Zwangsarbeitern auch noch."
Das Verhältnis zwischen den beiden Koreas und Japan ist kompliziert, so wie ihre gemeinsame Geschichte. Die Aufarbeitung der Vergangenheit steht in Ostasien noch am Anfang.
Grenzregion zwischen Nord- und Südkorea
Demilitarisierte Zone - Früher Schlachtfeld, heute natürlicher Lebensraum Der Koreakrieg endete 1953 nicht im Frieden, sondern im Waffenstillstand. Bis heute prägt eine vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone die Grenze zwischen Nord und Süd. Die Vergangenheit jener Grenzregion ist tragisch – die Zukunft birgt ökologisches Potenzial.