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Teleskop mit Sonnenbrille

Planetologie.- Fast 500 Exo-Planeten haben Astronomen bis heute gefunden – Welten also, die andere Sonnen umkreisen als die unsere. Schade ist nur: Wir können sie mit bisherigen Mitteln nicht sehen. Das wollen Forscher nun ändern.

Von Guido Meyer | 02.11.2010
    63 Lichtjahre von der Erde entfernt, im Sternbild Pictor – zu deutsch: Maler - zieht Beta Pictoris seine Bahnen außerhalb unserer Milchstraße. Der Stern wird von mindestens einem Planeten umkreist, Beta Pictoris b – ein Gasplanet, zehnmal so massereich wie Jupiter, der größte Planet unseres Sonnensystems. All das war Astronomen bekannt; Beta Pictoris b wurde bereits im Jahr 2003 indirekt nachgewiesen. Damals zog er vor seinem Stern vorbei, der während dieses Transits einen minimalen Helligkeitsabfall verzeichnete. Direkt gesehen hatte den Planeten bis heute niemand, denn er ist so nahe an seinem Stern wie kein anderer bislang entdeckter Exoplanet.

    "Und das große Problem, das Astronomen dabei haben, ist dass sie, wenn sie ihr Teleskop auf einen fernen Stern richten, dass sie im Prinzip in die Sonne schauen, das heißt, sie sehen erst mal nur einen irrsinnig hellen Lichtfleck. Im Prinzip, was die wollen, ist eine Sonnenbrille. Sie wollen eine Sonnenbrille, mit der sie eine helle Lichtquelle anschauen können und sehen, was es an etwas schwächeren Lichtquellen darum gibt – nämlich die Planeten."

    Daniel Stolte von der Universität von Arizona in Tuscon. Astronomen des dortigen Steward-Observatoriums haben gemeinsam mit Wissenschaftlern aus den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland solch eine "Sonnenbrille" entwickelt. Der Fachausdruck: apodizing phase plate, also eine Art Abblendplatte.

    Während die Zentralscheibe von Beta Pictoris wie bei den herkömmlichen Verfahren auch abgedunkelt wird, wird sein Licht so weit minimiert, das sich um den Stern herum – vor allem rechts - nur einige helle, verschwommene Streifen zeigen. Fotos des europäische Very Large Telescopes in Chile, das mit einer solche Platte ausgerüstet ist, zeigen links vom Stern eindeutig ein unscharfes, rundes Objekt - einen Planeten, in diesem Fall Beta Pictoris b. Nähere Einzelheiten dieses Himmelskörpers vermag jedoch auch diese Zusatzlinse nicht sichtbar zu machen – keine Oberflächenstruktur, keine Farbe, keine Atmosphäre.

    "Diese apodizing phase plate erinnert in Form und Größe an ein Hustenbonbon, wenn man so will. Sie ist rund, etwas gelblich-milchig erscheinendes Glas , und dieses wird in eine Halterung eingesetzt und in den Lichtweg des Teleskops geschoben."

    Bei der Herstellung solcher Platten ritzt ein Diamand ein vorher in Computersimulationen genau errechnetes Muster in die Linse, die daraufhin das Sternenlicht anders bricht als vorher, nämlich so, dass es sich teilweise selbst auslöscht - so wie sich Schallwellen gegenseitig verstärken oder eben auslöschen können. Daniel Stolte von der University of Arizona:

    "Dieses apodizing phase plate besitzt ein ganz raffiniertes optisches Muster, was sozusagen einen Teil des einfallenden Sternenlichts abzweigt und zurück in den Lichtweg reflektiert und die Lichtwellencharakteristik aber auf eine ganz raffinierte Weise verändert. Und plötzlich sehen Sie damit den Stern wesentlich dunkler und können damit Planeten ausmachen, die einfach mit herkömmlichen Methoden nicht sichtbar waren."

    Schon dreimal wurden in den letzten Jahren vom Boden und vom Weltraum aus Fotos von exosolaren Planeten geschossen. Diese befinden sich in einer Entfernung von ihrem Zentralstern, wo dieser sie nicht mehr überstrahlt. Damit sind sie gleichzeitig weit außerhalb der bewohnbaren Zone des entsprechenden Planetensystems. Beta Pictoris b umkreist seinen Stern wesentlich näher, in einer Entfernung, die in unserem Sonnensystem irgendwo zwischen den Umlaufbahnen von Jupiter und Saturn läge. Und alles was in dieser Entfernung oder noch näher um seinen Stern kreist, war bislang unsichtbar. Mit der neuen Platte können die Astronomen nun in die lebensfreundlichen Bereiche von Sonnensystemen vordringen und womöglich bewohnbare Welten fotografieren.