Aus den Feuilletons

Die Vielfalt der Anzüge

Horst Seehofer (M, CSU), Minister für Inneres, Bau und Heimat, zusammen mit den Staatssektretären Helmut Teichmann (l-r), Klaus Vitt, Gunther Adler, Marco Wanderwitz, Stephan Mayer, Günter Krings, Hans-Georg Engelke und Markus Kerber.
In der Führungsebene von Horst Seehofers Ministerium gibt es keine Frau. (Foto: dpa) © Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat
Von Tobias Wenzel · 04.04.2018
Dass die Frauenquote nicht nur in Seehofers Heimatministerium nicht stimmt, belegt die "TAZ". Die "Welt" berichtet, dass es in Christian Petzolds neuestem Film "Transit" um fehlendes Mitgefühl geht.
Fotos können entlarvend sein.
"Als vergangene Woche Horst Seehofer seine neue Führungsmannschaft auf einem Foto präsentierte, waren sich ziemlich viele JournalistInnen einig: ‚Geht gar nicht‘",
schreibt Anne Fromm in der TAZ und spielt auf Seehofers Entscheidung an, "sein Heimatministerium ausschließlich von Männern leiten zu lassen." Dann zitiert die Journalistin zwei Kolleginnen:
"Die einzige Vielfalt, die sich auf diesem Foto zeigt, betrifft die tausend Arten, auf die ein Anzug schlecht sitzen kann", habe eine Redakteurin der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG geschrieben. Und eine Mitarbeiterin der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG folgendes:
"In dieser Personalentscheidung zeigt sich einmal mehr: Die CSU funktioniert ähnlich wie ein generisches Maskulinum."

Falsche Quote bei den anderen

Anne Fromm von der TAZ ist durchaus derselben Meinung. Allerdings führt sie das alles an, um den Journalisten den Spiegel vorzuhalten.
"Der Blick ins eigene Haus. Männlich geführte Redaktionen ziehen über Seehofer her",
hat Fromm ihren Artikel genannt. Gruppenfotos der journalistischen Führungsriegen sähen nämlich oft ähnlich männlich dominiert aus. Es folgt Fromms Aufzählung:
"FAZ: 4 Männer, 0 Frauen. SÜDDEUTSCHE: 3 Männer, 0 Frauen. Bei den anderen großen Blättern sieht es etwas, aber nicht viel besser aus: SPIEGEL: 4 Männer, 1 Frau. ZEIT: 5 Männer, 2 Frauen. STERN: 1 Mann, 1 Frau. WELT: 1 Mann, 0 Frauen. BILD: 1 Mann, 0 Frauen. Und, der Vollständigkeit halber: ARD: 7 Männer, 2 Frauen. ZDF: 1 Mann, 0 Frauen. TAZ: 1 Mann, 2 Frauen."
Klopft sich und der TAZ Anne Fromm auf die Schulter.

Geschichte soll sich nicht wiederholen

Der Filmregisseur Christian Petzold geht dagegen hart mit sich selbst ins Gericht. Er schämt sich regelrecht dafür, wie er als Student Filmkritiken schrieb und vor lauter Egomanie Meisterwerke einfach mal so verriss. Das erzählt er Hanns-Georg Rodek von der WELT - also der Zeitung mit einem Mann als Chefredakteur. Der Anlass des Gesprächs: Petzolds neuer Film "Transit" kommt in die Kinos. Der Film, eine moderne Interpretation von Anna Seghers gleichnamigem Roman, handelt dem Regisseur zufolge "von der Liebe auf der Flucht". Vergangenheit und Gegenwart werden hier ineinander verschränkt.
"Wegen der Erfahrungen der Flüchtlinge vor dem Nationalsozialismus haben wir heute den Asylparagraphen im Grundgesetz", sagt Christian Petzold, "und nun wird dieser Paragraph in Grund und Boden ‚reformiert‘, und wir reden über Flüchtlinge, als wären sie eine Grippeepidemie und infizierten unsere sozialen Netze."
Dann singt der Regisseur ein Loblied auf das Mitgefühl:
"Der ganze Roman von Anna Seghers handelt eigentlich von dem Erlernen von Empathie! Der Icherzähler muss lernen zu lieben, muss lernen zu verzichten. Am Schluss gibt er die Frau weg und die Fahrkarte in die Freiheit weg. Zum Schluss ist er ein Mensch, und er ist das durch Empathie geworden. Den Menschen, die uns als Gutmenschen beschimpfen, müssen wir sagen: ‚Nee, Jungs, ihr seid tot.‘"

Angriff im Streichelzoo

Tot ist nun auch eine Berliner Ziege. Und das beschäftigt den wie immer nicht genannten Autor der Rubrik "Das Letzte" in der ZEIT:
"Es ist nicht bekannt und trotz Intensivst-Recherchen dieser Zeitung auch nicht in Erfahrung zu bringen, was die beiden rumänischen Mitbürger, die in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar in Berlin-Neukölln aus einem Streichelzoo die Angora-Ziege Lilly entwendeten, ihr die Kehle durchschnitten und fachgerecht einen Hinterlauf abtrennten, mit der Beute eigentlich vorhatten."
Allerdings hat der Autor der Glosse spürbar Spaß daran, Vermutungen anzustellen:
"Vielleicht wollten die beiden A. und O. spielen, Asterix und Obelix, die lustigen Gallier, und hatten sich in der Dunkelheit im Tier vertan. Für Letzteres spricht das Tatgepäck, das nun zum Prozessauftakt am Amtsgericht Berlin-Tiergarten gesichtet wurde. Neben hochwertigen Messern, Geldbörsen und Smartphones fand sich darin auch eine Ausgabe des Heftes Nr. 16b Obelix in Bärlin."
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