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Tempolimit auf Autobahnen

Der neue Leiter des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, hat in Berlin seine Klimaschutz-Empfehlungen an die zukünftige Regierung vorgestellt. Eine Forderung: Tempolimit auf den Autobahnen.

Von Dieter Nürnberger | 08.10.2009
    Deutschlands Klimaschutzziele seien ehrgeizig, gerade im internationalen Vergleich, doch ohne zusätzliche Anstrengungen werde man sie nicht erreichen. Das ist die Hauptaussage einer neuen Konzeption des Umweltbundesamtes zur Klimapolitik, die gestern in Berlin vorgestellt wurde. Bis 2020 will die Bundesregierung 40 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 einsparen. Man müsse dafür jedoch deutlich mehr tun, sagt Jochen Flasbarth, der neue Präsident des Umweltbundesamtes:

    "Die bisher von der Bundesregierung verabschiedeten Maßnahmen werden nach neueren Untersuchungen die 40 Prozent nicht erreichen. Es war immer klar, dass ein Teil der Maßnahmen noch später beschlossen werden muss, um an die 40 Prozent heranzukommen. Wir glauben, dass es eher in Richtung 30 Prozent geht. Es bleibt also eine Lücke bestehen, für Maßnahmen beschlossen werden müssen."

    Wie diese Maßnahmen aussehen könnten, zeigt die neue Klimaschutzkonzeption des UBA. Bei den Vorschlägen zur CO2-Minderung stehen Stromeinsparungen weiterhin ganz oben. Konkret: Energiestandards werden verschärft. So soll ab 2015 für alle Neubauten der Passivhausstandard gelten, ab 2018 auch für sanierte Altbauten. Hier geht es vor allem auch um Wärmedämmung. Klaus Müschen, einer der Klimaschutzexperten der Behörde, verweist in diesem Zusammenhang auch auf Neuerungen in diesem Bereich.

    "Es gibt natürlich inzwischen auch neue Werkstoffe. Die bringen die gleiche Wärmedämmung wie beispielsweise die Styroporprodukte, sind aber wesentlich dünner. Das geht hin bis zu dünnen, vakuumgefüllten Materialien. Die sind heute noch sehr teuer, aber je mehr sie eingesetzt werden, desto kostengünstiger werden sie. Es gibt ja inzwischen auch Tausende von gebauten Beispielen für Passiv-Neubauten. Nicht nur bei Einfamilienhäusern, sondern auch bei Mehrfamilien-, Gewerbe- und Bürogebäuden."

    Einiges aus der Klimaschutzkonzeption ist nicht unbedingt neu – es wurde aber politisch nie angegangen. So plädiert das UBA auch weiterhin für ein Tempolimit auf Autobahnen, um Emissionen schnell und wirkungsvoll einzusparen zu können. Auch eine Verschärfung der PKW-Grenzwerte beim Kohlendioxydausstoß je Kilometer gehört zum Maßnahmenkatalog. Jochen Flasbarth.

    "Hier stehen Potenziale zur Verfügung, mit denen alsbald wirklich 95 Gramm pro Kilometer für die Pkw-Flotte erreicht werden. Mit entsprechenden Sanktionen kann dies bis 2020 erreicht und vielleicht sogar unterschritten werden."

    Auch die Ausdehnung der Lkw-Maut gehört zum geforderten Maßnahmenkatalog des Umweltbundesamtes. In der Energiepolitik müsse eine grundsätzliche Neuausrichtung erreicht werden, sagt der Präsident des UBA. Durch den zunehmenden Einsatz erneuerbarer Energien brauche man künftig eine andere Struktur auf dem Energiemarkt.

    "Wir brauchen künftig mehr flexible Kraftwerke. Denn die müssen sich bei einem Ansteigen der erneuerbaren Energien an die jeweilige Angebots- und Nachfragesituation auf dem Strommarkt anpassen können."

    In der Vergangenheit hatte sich das Umweltbundesamt stets kritisch zu einer Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland geäußert. Mit dem anstehenden Regierungswechsel sieht man sich nun mit neuen Realitäten konfrontiert. Das Argument, dass längere Laufzeiten automatisch weniger Treibhausemissionen bedeuten, wies Flasbarth aber zurück.

    "Wenn es jetzt zu Laufzeitverlängerungen kommt, führt dies nicht dazu, dass wir weniger Treibhausgase emittieren. Denn diese sind ja durch die Budgets beim Emissionshandel gedeckelt. Es führt aber zu einem Überangebot an Handelszertifikaten, was wiederum zu einem Preisverfall führt."

    Politisch wollte Jochen Flasbarth die mögliche Verlängerung der Laufzeiten nicht mehr kommentieren. Die neue schwarz-gelbe Koalition müsse aber beim Emissionshandel nachjustieren, sonst bringe eine Laufzeitverlängerung unter Klimaschutzaspekten kaum etwas.