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Terminplan im Kopf

Erinnerungsfunktion am Handy, der Terminplaner an der Wand und das Notizbuch in der Tasche - all das braucht Cornelia Beddies nicht. Das Gedächtnisgenie merkt sich Termine bis zu vier Wochen im Vorraus. Norman Laryea hat sie verraten, wie ds geht.

Von Norman Laryea | 24.11.2010
    Norman Laryea: Manche Leute haben Schwierigkeiten sich Zahlen einzuprägen, sich Namen einzuprägen – die Frau, die mir jetzt in ihrer Wohnung am Wohnzimmertisch gegenüber sitzt, die hat dieses Problem mit Sicherheit nicht. Cornelia Beddies ist ihr Name, sie ist eine der besten Gedächtnissportlerinnen, die es auf diesem Globus gibt. Kann sich also in kürzester Zeit eine Unmenge an Dingen einprägen. Frau Beddies, Sie sprechen von Gedächtnissport. Was genau macht für Sie den Sportcharakter daran aus?

    Cornelia Beddies: Es ist eben eine Denksportart. Es gibt diese verschiedenen Disziplinen. Mal längere, mal kürzere, die wie Sprints und Marathons im Prinzip sind. Und es ist schon auch anstrengend. Nach einem Marathon, zum Beispiel, der geht drei Stunden, ist man sehr ausgelaugt und hat Kopfweh.

    Laryea: Was entspricht denn dann dem Marathon? Was ist das denn für eine Disziplin?

    Beddies: Also es gibt zwei lange Marathons. Das ist eine Stunde lang Zahlen merken, oder eine Stunde lang Karten merken. Und dann gibt es noch den Halbmarathon von Binärzahlen, der geht 30 Minuten.

    Laryea: Eine Stunde lang Zahlen merken – in welchen Dimensionen bewegen wir uns da?

    Beddies: Bei der WM im letzten Jahr 2009 habe ich 1400 geschafft, in einer Stunde.

    Laryea: Jetzt habe ich Sie ja schon vorgewarnt, dass ich ein kleines "Attentat" auf Sie vorhabe. Ich habe mir überlegt: Sie merken sich einen Terminkalender. Ich habe mir einfach mal die Freiheit genommen, ihr Leben vier Wochen lang zu planen und mit Terminen aufzufüllen. Und den würde ich Ihnen jetzt gerne vorlegen und Sie prägen sich die einzelnen Punkte ein. Also das reicht von: Montags 9 Uhr Lerngruppe bis sonntags Frühstück bei Mutti.

    Beddies: Ja, das machen wir!

    Laryea: Jetzt haben Sie nur 14 Minuten gebraucht. Ist ja sehr fix gewesen!

    Beddies: Ja mal gucken, ob es geklappt hat.

    Laryea: Also fangen wir mit der ersten Woche an. Wie sieht die aus?

    Beddies: Sonntag um 10 Uhr ist wieder Frühstück bei den Eltern? Nein, nein! Babysitten um 19 Uhr!

    Laryea: Ah, ich dachte ich hätte Sie erwischt! Der letzte Termin am Sonntag in der vierten Woche und da wollen Sie mir jetzt erzählen, Sie hätten einen Fehler gemacht?! Das war doch jetzt kokettieren?

    Beddies: Das allerletzte Datum habe ich jetzt wohl zu schlampig ...

    Laryea: Naja, Sie haben es ja noch richtig gesagt nachher.

    Beddies: Gerade so...

    Laryea: Also, vier Wochen kompletter Terminkalender, ohne einen einzigen Fehler, bis auf den augenzwinkernden letzten, aber den haben Sie ja noch korrigiert. Ich bin nachhaltig beeindruckt. Wie haben Sie sich diese völlig fiktiven Termine, die ich mir an einem Nachmittag ausgedacht habe, einprägen können?

    Beddies: Ich habe dafür zwei Methoden genommen. Zum einen die Routenmethode, und ich habe mir einfach für jeden Tag zwei Routenpunkte frei gemacht.

    Laryea: Und Routenmethode heißt?

    Beddies: Das ist die Methode um sich Reihenfolgen von irgendwelchen Sachen zu merken. Also, man stellt sich irgendeinen Raum vor, den man hat und in dem Raum gibt es dann verschiedene Routenpunkte. So zum Beispiel ein Stuhl, ein Tisch, eine Vase – das sind die Routenpunkte. Und damit verbindet man dann die Stichworte, die man sich merken will.

    Laryea: Das heißt: Man geht gedanklich eine Route ab, hat auf den einzelnen Punkten dieser Route immer ein bestimmtes Symbol. Und mit dem Symbol verknüpft man eine Information.
    Beddies: Genau.

    Laryea: Und die Uhrzeit, die dazugehört?

    Beddies: Bei den Zahlen habe ich für jede Zahl ein Bild bzw. eine Person. Und in dem Fall war das jetzt Bill von der Gruppe "Tokio Hotel" und den hab ich jetzt eben mit 9 Uhr Lerngruppe assoziiert.

    Laryea: Cornelia Beddies, von der Fachfrau direkt gelernt haben wir heute, wie man sich einen Terminkalender, komplett vier Wochen, ins Gedächtnis "prügeln kann"!

    Laryea: Zusammengefasst: Um sich einen Terminplan genau einzuprägen, nutzt man die Routenmethode. Dabei stellt man sich bestimmte Routenpunkte in einer festgelegten Reihenfolge fest. Der Weg zur Arbeit könnte etwa aus den drei Routenpunkten "Haustür", "Haltestelle" und "Schreibtisch" bestehen. Je mehr dieser Stationen eine Route hat, desto mehr kann man sich merken. Um sich nun etwas einzuprägen, verknüpft man das Ereignis bildlich mit dem Routenpunkt. Den Termin "Joggen gehen" könnte man sich zum Beispiel so merken: Ich öffne meine Haustür, Routenpunkt eins, und rümpfe die Nase, weil dort ein stinkendes Paar Joggingschuhe steht. Um sich auch noch die Uhrzeit zu merken, wandelt man die Zahlen ebenfalls in Bilder um. Wenn mein Termin "Joggen gehen" also um 7 Uhr stattfinden soll, wäre das Bild: Ich öffne meine Haustür und rümpfe die Nase wegen der stinken Joggingschuhe. Die sieben Zwerge, das Bild für 7 Uhr, fächeln mir deshalb Frischluft zu.

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