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Anschläge in Spanien
Terrorverdächtige in Cambrils erschossen

Wenige Stunden nach dem Anschlag mit einem Lieferwagen in Barcelona hat die Polizei im Badeort Cambrils fünf mutmaßliche Terroristen erschossen. Sie fuhren mehrere Personen mit einem Auto an. Möglicherweise wollten sie den Anschlag auf der Touristenmeile Las Ramblas in Barcelona nachahmen. Dort waren bei einer Lastwagen-Attacke 13 Menschen getötet und rund 100 verletzt worden.

18.08.2017
    In der spanischen Stadt Cambrils stoppte die Polizei ein Auto mit Terrorverdächtigen.
    In der spanischen Stadt Cambrils stoppte die Polizei ein Auto mit Terrorverdächtigen. (AFP / Lluis Gene)
    Nach spanischen Medienangaben waren die Täter in einem Wagen von der Polizei kontrolliert worden. Sie seien dann geflüchtet und hätten mehrere Menschen angefahren und verletzt. Nach einer Verfolgungsjagd wurden die fünf Verdächtigen von der Polizei erschossen. Die Nachrichtenagentur AFP berichtet dagegen, die Täter seien gezielt in eine Menschenmenge gefahren. Die mutmaßlichen Terroristen hatten Sprengstoffgürtel dabei - inzwischen hat sich herausgestellt, dass es sich um Attrappen handelte. Das berichteten spanische Medien unter Berufung auf das katalanische Innenministerium.
    Bei dem Einsatz in Cambrils wurden insgesamt sieben Menschen verletzt, zwei davon schwer, wie der katalanische Zivilschutz auf Twitter schrieb.
    Viele Opfer in Barcelona
    In Barcelona waren am gestrigen Donnerstag bei einer Terrorattacke mit einem Lieferwagen mindestens 13 Menschen getötet und rund 100 verletzt worden. Ein Mann war gegen 17 Uhr mit einem Transporter durch die Promenade Las Ramblas gerast. Anschließend flüchtete er zu Fuß. Hier die Ereignisse von gestern Abend in Barcelona im Liveblog. Der Mann ist bislang noch nicht gefasst.
    Die Behörden vermuten, dass die Taten in Barcelona und Cambrils miteinander in Verbindung stehen.
    Die Extremisten-Miliz IS reklamierte die Tat in Barcelona für sich. "Soldaten" des IS hätten das Attentat verübt, erklärte das IS-Propagandasprachrohr Amaq laut einer Mitteilung des US-Unternehmens Site Intelligence Group, das auf islamistische Websites spezialisiert ist.
    Der Terrorexperte Peter Neumann geht davon aus, dass der Anschlag von Barcelona tatsächlich auf das Konto des IS geht. Das Bekennerschreiben des IS wirke authentisch und sei auch über die üblichen Kanäle verbreitet worden, sagte Neumann im Deutschlandfunk. Zudem deute auch die Art und Weise, wie der Anschlag verübt wurde, auf den IS hin. Unklar sei allerdings noch, welche Verbindung es zu der Terrororganisation gebe, etwa ob sich um einen IS-inspirierten oder einen "vom IS organisierten und gesteuerten Anschlag" handelte. Dies werde sich wohl in den nächsten 48 Stunden herausstellen.
    Unter den Opfern in Barcelona sind nach Angaben des spanischen Zivilschutzes auch drei Deutsche. Unklar ist, ob sie getötet oder verletzt wurden. Der Zivilschutz erklärte, es seien Menschen aus insgesamt 18 Nationen betroffen. Das Auswärtige Amt in Berlin rät Reisenden, den Anschlagsort weiträumig zu meiden, den Anweisungen der Sicherheitskräfte Folge zu leisten und sich über die lokalen Medien zu informieren.
    Ermittlungen zum Tathergang
    Der genaue Ablauf des Anschlags in Barcelona ist noch unklar. Augenzeugen zufolge war ein weißer Transporter mit hoher Geschwindigkeit in einem Zick-Zack-Kurs durch die bei Touristen beliebte Straße in Barcelona gefahren. Die Behörden der Kleinstadt Vic hatten erklärt, dort sei ein weiterer verdächtiger Kleintransporter gefunden worden. Das Fahrzeug werde untersucht. Spanische Medien hatten berichtet, die Täter hätten einen zweiten Transporter als Fluchtfahrzeug gemietet.
    Zu sehen ist ein Polizist am 17.8.2017 in Barcelona in der Nähe des Anschlagsorts.
    Polizist in Barcelona (dpa-Bildfunk / AP / Manu Fernandez)
    Nach dem Anschlag in Barcelona wurden zwei Personen festgenommen. Es handelt sich um einen Marokkaner und einen Mann aus der spanischen Exklave Melilla. Sie stehen nach Polizeiangaben vermutlich in Verbindung zu dem Attentat in Barcelona, waren aber nicht unmittelbar beteiligt.
    In Barcelona wurde am Donnerstag zudem ein Mann von der Polizei erschossen, der mit einem Auto in einen Kontrollposten gefahren war. Es gibt den Behörden zufolge bislang aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass dies mit dem Anschlag in Verbindung steht.
    Trauer und Bestürzung
    Der spanische Ministerpräsident Rajoy reiste nach Barcelona und erklärte, das ganze Land leide mit der Stadt. Er sprach dort von einer Attacke des dschihadistischen Terrors und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.
    Viele Staats- und Regierungschefs verurteilten den Angriff. Bundeskanzlerin Merkel habe der Regierung in Madrid ihr Beileid übermittelt, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter.
    Bundesaußenminister Gabriel erklärte: "Wir stehen zusammen, wir werden uns nicht dem Terrorismus beugen, er wird uns nicht entzweien."
    Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach den Bürgern des Nachbarlandes sein Mitgefühl aus. US-Präsident Donald Trump verurteilte den Anschlag und sagte Spanien jedwede Hilfe zu.
    Taten hängen möglicherweise zusammen
    Die Behörden vermuten, dass es einen Zusammenhang zwischen Anschlägen und einer Explosion in einem Wohnhaus am vergangenen Mittwoch gibt. Dabei war in der Stadt Alcanar in der Provinz Tarragona ein Mensch getötet worden. Die Polizei vermutet, dass dort ein Sprengsatz vorbereitet wurde.
    Die Attentate erinnern an Anschläge in Nizza, Berlin oder London, wo die Täter ebenfalls mit Fahrzeugen in Menschenmengen rasten. Bisher war Spanien von Attacken der IS-Miliz weitgehend verschont geblieben. Allerdings war die Hauptstadt Madrid Schauplatz des bisher blutigsten islamistischen Anschlags auf europäischem Boden: am 11. März 2004 töteten Terroristen mit Bomben in Regionalzügen 191 Menschen. Zu der Tat bekannte sich das Terrornetzwerk Al-Kaida.