Dienstag, 19. März 2024

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Terrorismus und Angst
"Die Rundum-Sorglos-Versicherung gibt es leider nicht"

Nach dem Attentat von Manchester stellt sich erneut die Frage: Wie sollen die Menschen mit Angst vor dem Terror umgehen? Der Psychologe Werner Greve warnte im DLF davor, sich von der Angst "den Alltag diktieren" zu lassen. Auch eine stark erhöhte Polizeipräsenz könne eher für mehr Unsicherheit sorgen als für ein Sicherheitsgefühl. Was es brauche, sei Solidarität und Zusammenhalt.

Werner Greve im Gespräch mit Michael Köhler | 28.05.2017
    Menschen zünden Kerzen für die Opfer des Attentates in Manchester an.
    Menschen zünden Kerzen für die Opfer des Attentates in Manchester an: (Chibane/MAXPPP/dpa)
    "Ein Teil unserer Sicherheit besteht darin, dass man gar nicht anders kann, als einfach weiter zu leben", so Greve. Das sei eine vernünftige Strategie, die schon existiere, seit der Mensch auf zwei Beinen laufe. "Man konnte ja früher theoretisch immer von einem Tiger gefressen werden - das durfte einen jedoch nicht davon abhalten, die Höhle zu verlassen." Zudem könne eine Vermeidungsstrategie kontraproduktiv sein: "Die Angst wird größer, je mehr ich die Situation zu vermeiden versuche," meint Greve. Man solle seine Angst jedoch nicht bestreiten. Sie helfe, konkrete Signale zu erspüren.
    In den vergangenen 50 Jahren habe man in Deutschland und anderen westlichen Ländern das Gefühl für Gefahr verloren, sagte Greve. "Die Erinnerung daran, dass es auch in in unserem saturierten Westen eine Rundum-Sorglos-Versicherung nicht geben kann, ist eine bedrohliche Erinnerung." Die Angst dürfe einen aber nicht beherrschen - man müsse sich nur "der Endlichkeit unserer Möglichkeiten" bewusst sein.
    Bei der Krisenkommunikation in Fällen wie in Manchester, Nizza oder Berlin plädiert Greve für Offenheit. "Die Kommunikation muss so transparent und authentisch wie möglich und so wenig diplomatisch wie möglich sein." Auch die Medien sollten realistisch und unaufgeregt berichten.
    Das gesamte Gespräch können Sie sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.