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Teure Ruinen

Angesichts der Debatte über Klimaschutz wittert die Atomlobby Aufwind: Kraftwerke können als umweltfreundliche Energielieferanten präsentiert werden. Die Geschichte von gescheiterten, kerntechnischen Megaprojekten der Vergangenheit - welche die Gesundheit vieler Bürger bedrohten und viele Steuergelder verschlangen - wird schnell beiseite geschoben.

Von Peter Lautsch | 14.09.2008
    Der Bundestagswahlkampf hat offiziell noch nicht begonnen. Doch soviel steht schon jetzt fest: Ein alter Streit wird ganz oben auf der Agenda der Wahlkämpfer stehen. Die Nutzung der Kernenergie. Die Union hat sich bereits klar positioniert. Sie will den Ausstieg aus dem Ausstieg, sprich: die Laufzeiten der 17 deutschen Reaktoren verlängern. Bundeskanzlerin Angela Merkel:

    "Ich glaube nicht, dass es vernünftig ist, innerhalb der nächsten zwölf Jahre hier auszusteigen. Deshalb plädiere ich auch für eine Verlängerung der Laufzeiten. Weil ich glaube, wir haben die sichersten Kernkraftwerke, wir könnten auch für die Sicherheit der Kernkraftwerke, die auf der Welt neu gebaut werden, eine sehr, sehr wichtige Rolle spielen. Und wir werden unseren Strompreis unnötig verteuern oder uns in die Abhängigkeit von anderen Kernenergieproduzenten in Europa, in unserer Nachbarschaft begeben."

    Während die SPD - noch - am Atomausstieg festhält, den sie gemeinsam mit dem damaligen grünen Koalitionspartner den Energiekonzernen abgerungen hat, scheint unter den Bürgern der Widerstand gegen die Kernenergie zu bröckeln. Schon fast die Hälfte der Bundesbürger würde es begrüßen, wenn angesichts steigender Energiepreise die hiesigen Atomreaktoren länger am Netz bleiben können. Die Erinnerung an die gescheiterten, kerntechnischen Megaprojekte der Vergangenheit scheint zu verblassen.

    Drei herausragende, industrielle Großprojekte gab es, die damals, in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, für die Überzeugung standen, dass die Atomkraft in Deutschland eine große Zukunft habe. Alle drei sind gescheitert: Der Schnelle Brüter am Niederrhein in Kalkar, der Thorium-Hochtemperatur-Reaktor in Hamm in Westfalen und die Wiederaufarbeitungsanlage im bayrischen Wackersdorf:

    Die Wiederaufarbeitungsanlage war das erste Mega-Projekt der deutschen Kernenergie, das beerdigt wurde. Gert Wölfel, letzter Geschäftsführer der WAA, erinnert sich:

    "Ich kann mich noch genau entsinnen, als abends die Verkündung da war. Über Rundfunk und Fernsehen, dass die Wiederaufarbeitungsanlage praktisch gestorben ist, und hier haben sich Szenen abgespielt, die sind für mich prägend für mein Leben geblieben. Das war für die Menschen, die haben geweint, es war unvorstellbar."

    Eine Schilderung, die Hans Schuierer, damals Landrat im Kreis Schwandorf, für stark übertrieben hält. Es sei zwar richtig, dass die Menschen in der Oberpfalz, wo jahrzehntelang Tausende in Braunkohlegruben Arbeit gefunden hatten, nach deren Schließung auf Ersatz gehofft hatten. Eine Wiederaufarbeitungsanlage für abgebrannte atomare Brennstäbe hätten sich aber die wenigsten gewünscht:

    "Also, davon bin ich überzeugt, dass mindestens 80 Prozent der Bevölkerung es mit Freude aufgenommen haben, wie Herr Wölfel dazu kommt, dass ein Großteil der Bevölkerung es mit Trauer aufgenommen hätte, das verstehe ich jetzt nicht ganz."

    Tatsächlich hatten viele Menschen der Region ihre berufliche Zukunft an das Projekt Wiederaufarbeitungsanlage geknüpft. Mit der WAA war allein 400 jungen Leuten in der damals strukturschwachen Region ein Ausbildungsplatz versprochen worden. Doch diese Aussicht ließ den Widerstand nicht verebben. Mit dem Protest als Rückenwind hatte Landrat Schuierer bei seiner Wiederwahl 70 Prozent der Stimmen erreicht, in Bayern für einen SPD-Politiker ein Traum-Ergebnis: Die absolute Mehrheit der CSU im Kreis Schwandorf war gebrochen.

    Jahrelang waren der SPD-Landrat und der WAA-Chef erbitterte Gegner. Als aber das Aus für die Wiederaufarbeitungsanlage gekommen war, zogen sie an einem Strick. Es gelang, BMW mit einem Montage- und Versandzentrum auf das Gelände der Wiederaufarbeitungsanlage zu locken. Schnell hatte Gert Wölfel den Job gewechselt, vom gescheiterten WAA-Chef zum Initiator des Innovationsparks Wackersdorf:

    "Ja, das muss man anerkennen. Herr Wölfel hat dann sofort sich sehr stark bemüht um Wiederansiedlung von Industrie und Gewerbe. Und es ist auch zum großen Teil mit Unterstützung der bayrischen Staatsregierung auch gelungen."

    Mit dem Ende der Wiederaufarbeitungsanlage war wieder Frieden in der Oberpfalz eingekehrt. Gewaltige Demonstrationen, auch oft gewaltsame, hatte sie erlebt. Erstmals hatte die Polizei das berüchtigte CS-Gas dort gegen Protestierende eingesetzt. Zwei Demonstranten starben, der eine an einem Asthmaanfall, der andere an einem Herzinfarkt, ein Polizist kam bei einem Hubschrauberunfall ums Leben.

    Auf dem Höhepunkt der Proteste sagte der damalige Bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß:

    "Bei dieser Auseinandersetzung in Wackersdorf geht es nicht um die Frage für oder gegen die Kernenergie, da geht es nicht um die Frage für oder gegen die Demonstrationsfreiheit."

    Es ging um die Durchsetzung einer Energiepolitik, die längst nicht mehr durchzusetzen war. Sie hätte den Einstieg Deutschlands in die Plutonium-Wirtschaft bedeutet.

    Heute arbeiten auf dem WAA-Gelände bei BMW, Caterpillar und Automobil-Zulieferern 3000 Menschen, im Umfeld nochmals einige Tausend. Soviel hätte die Atomenergie niemals gebracht.

    "Und das es nicht gebaut worden ist, diese Wiederaufbereitungsanlage, das war wirklich ein Segen für die ganze Oberpfalz, und für ganz Bayern, denn heute ist Wackersdorf nicht nur der Mittelpunkt der Industrieansiedlungen des wirtschaftlichen Aufschwungs im Landkreis Schwandorf, sondern eigentlich Mittelpunkt des Aufschwungs der Wirtschaft in der ganzen Oberpfalz. Das war ein Segen für die ganze Oberpfalz und für ganz Bayern."

    300 Millionen D-Mark waren bereits verbaut worden, als die deutschen Kernkraftwerk-Betreiber beschlossen, das Projekt Wiederaufarbeitungsanlage zu beenden.

    Weitaus teurer noch war der Thorium-Hochtemperatur-Reaktor im westfälischen Hamm. Sein Scheitern wurde nur kurze Zeit nach dem Aus für die WAA, im Herbst 1989, besiegelt. Bis dahin hatte der THTR rund 5 Milliarden D-Mark, also etwa zweieinhalb Milliarden Euro gekostet.

    Horst Blume, Mitbegründer der "Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm", erinnert an die Anfangsjahre des THTR.

    "Dieser Reaktor war ja ein Reaktor, der sich innerhalb der SPD und den Gewerkschaften großer Beliebtheit erfreute, weil er mit der Kohlevergasung gekoppelt werden sollte und somit auch die Kumpel in den Bergwerken anbinden sollte an diese nukleare Energieform. Daraus ist natürlich gar nichts geworden und wird wohl auch so schnell nix werden, aber es war ein Punkt, die Genossen und Gewerkschaften zu ködern und einzubinden, um sie mit in das atomare Boot hineinzunehmen."

    Doch die SPD, damals stellte sie in Nordrhein-Westfalen noch die Landesregierung, ging zunehmend auf Distanz zum THTR. 1985 war der mit Thorium gekühlte Reaktor in Betrieb gegangen. Von Anfang an hatte der Betreiber, die Vereinigten Elektrizitätswerke, kurz: VEW, die heute Teil von RWE sind, mit einer Serie von Störfällen zu kämpfen.

    Der wohl folgenschwerste Störfall geschah am 4. Mai 1986:
    Acht Tage zuvor war gerade der größte anzunehmende Unfall im Kernkraftwerk von Tschernobyl in der Ukraine passiert. Der Kern im Reaktor war geschmolzen. Über Mitteleuropa breitete sich eine radioaktive Wolke aus.

    Anders als herkömmliche Reaktoren hatte der THTR in Hamm keine Brennstäbe, sondern Kugeln als Brennelemente. Wie mit einer Rohrpost wurden sie in den Reaktor befördert. Zum wiederholten Mal verklemmten sich die Kugeln, einige zerbröselten, auch aus dem Reaktor in Hamm entwich Radioaktivität.

    Wie viel - das ist bis heute nicht bekannt. Lange versuchte der Betreiber, diesen Störfall zu verschweigen. Als er dann doch publik wurde, hieß es, dass während und nach dem Störfall die Messgeräte ausgefallen seien. Ausgerechnet in den Tagen, wo die radioaktive Wolke von Tschernobyl auch in Hamm einen besonders aufmerksamen Blick auf einen ordnungsgemäßen Zustand der Messgeräte erfordert hätte. Horst Blume von der Hammer Bürgerinitiative:

    "Ich denke Mal, es war kein Zufall, sondern es war ganz bewusst so, dass die Messgeräte abgeschaltet worden sind, und das hat die Bürger hier in der Umgebung von Hamm auch auf die Palme gebracht, und insbesondere auch die Bauern, die befürchteten, ihre Ernteerträge nicht mehr verkaufen zu können, und das hat dazu geführt, dass die Bauern mit ihren Treckern die Zufahrten blockiert haben, die Bürger Angst bekommen haben und auch die Zufahrten blockiert haben, und das ja dann in den nächsten Jahren zu einer ziemlichen Wut geführt und zu unglaublich vielen gewaltfreien direkten Aktionen, die dann letztendlich dazu beigetragen haben, dass dieser Reaktor stillgelegt werden musste."

    Seit elf Jahren ist der Hammer Reaktor nun, wie die Techniker sagen, "sicher eingeschlossen". Die versprochenen Zehntausende von Jobs im Bergbau, wo die Kohle für die Kohleverflüssigung abgebaut werden sollte, sind nie entstanden. Der Abbruch des THTR soll 2027 beginnen, wenn die Radioaktivität hinreichend abgeklungen ist.

    Bis dahin muss es Männer wie Günther Dietrich geben. Als Angestellter der Hochtemperaturreaktorgesellschaft überwacht er den hinter meterdicken Betonmauern steckenden strahlenden Kern. Über fünf Millionen Euro kostet das pro Jahr. Wie die Errichtungskosten werden auch die Stillstandskosten überwiegend aus Steuergeldern bezahlt. Völlig normal sei dies, meint der letzte Beschäftigte des THTR:

    "Es handelt sich hierbei um ein öffentlich gefördertes Projekt. Das heißt diejenigen, die dieses Projekt ins Leben gerufen haben, sind auch gefragt, um die Finanzierung des Endes dieses Projektes sicherzustellen."

    Für Dietrich war es nicht die Kugelproblematik, die dem THTR das Genick gebrochen hatte, sondern die Politik:

    "Unter den gegebenen politischen Randbedingungen war es unausweichlich, die Anlage stillzulegen. Technisch ist ein solches Konzept sicherlich auch für zukünftige Reaktorgenerationen zu beachten. Man sieht es an Aktivitäten an anderen Teilen dieser Welt."

    Gemeint ist zum Beispiel Südafrika, wo eine Weiterentwicklung des THTR in Planung ist. Außerdem gibt es eine internationale "Generation-IV"-Initiative, an der auch Deutschland beteiligt ist. Ausstiegsbeschluss hin oder her: Fast 40 Millionen Euro will das Bundesforschungsministerium für Generation-IV-Projekte zur Verfügung stellen.

    "Generation IV" - das wäre der Reaktor der Zukunft: kostengünstig und - angeblich - absolut sicher. Eines der dabei verfolgten Konzepte ist der Gasgekühlte Höchsttemperatur-Reaktor.

    Allerdings hat das Kernforschungszentrum Jülich den immer noch mit dieser Reaktorlinie verbundenen Hoffnungen einen deutlichen Dämpfer verpasst. Auch in Jülich war, zu Forschungszwecken, ein Kugelhaufenreaktor wie der THTR in Betrieb gewesen - der AVR, die Anlage der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor.

    In einer sicherheitstechnischen Neubewertung seines Betriebes und den Schlussfolgerungen für zukünftige Reaktoren wird ein ernüchterndes Fazit gezogen: Einen sicheren und zuverlässigen Betrieb des AVR, wie er als Basis der Kugelhaufen-Reaktorentwicklung im Generation-IV-Projekt unterstellt werde, habe es nicht gegeben.

    Eine weitere Reaktorlinie, die im Generation-IV-Projekt verfolgt wird, ist die des Schnellen Brüters. Er war das bisher letzte gescheiterte Mega-Projekt der deutschen Kernenergie.

    Karussells, Kneipen und Restaurants, Hotels mit eintausend Betten -"Wunderland Kalkar" oder "Kernie´s Familienpark" - so nennt sich am Niederrhein ein Freizeitpark, der weltweit einzigartig ist. Hier sollte mal ein Kernkraftwerk Strom erzeugen: der Schnelle Brüter. Doch obwohl längst fertig gestellt, ging er nie in Betrieb. Eine Investitionsruine, die sieben Milliarden Mark, also etwa dreieinhalb Milliarden Euro, gekostet hatte.

    1995 kaufte ein holländischer Investor den Schnellen Brüter für einen Bruchteil dieses Preises:

    "Ein Kernkraftwerk, ein ehemaliges Kernkraftwerk. Da sind wir der Besitzer von. Unglaublich, ja, dass man das kann, heutzutage, ja? Wenn man darüber nachdenkt, ist das erstaunlich, dass man sagen kann: Wir sind der Besitzer von einem ehemaligen Kraftwerk, ja!"

    Erstaunlich auch die Besucherzahl: 600.000 kommen pro Jahr, um sich im Wunderland der Kernenergie zu vergnügen. Zum Festpreis. Eine Besucherin aus Hessen:

    "Die Unterkunft, Essen und Trinken. Nur wenn wir jetzt was anderes habe wolle, wenn wir dann in andere Wirtschaften gehe, dann müsse wir, dann müsse wir was drauf zahle, und so ist alles inklusiv. Jetzt heute Abend wolle wir kegeln, und was wir sonst noch mache, dass wisse wir noch nicht."

    Kegeln im Kernkraftwerk, ein vergnügliches Ende des Schnellen Brüters. Einst unvorstellbar, auch für Willibald Kunisch, Abgeordneter der Grünen im Rat von Kalkar und im Kreistag von Kleve. Ein Gegner des Brüters von Anfang an:

    "Diese Natrium-Problematik trat ja auch damals in Tschernobyl auf. Allerdings sagt man, das wäre ein anderer Zusammenhang. Aber es war auch die nicht beherrschbare Technik, die hatte man noch nicht entwickelt für das Natrium. Es gab da noch viele Unwägbarkeiten. Das gab mit den Ausschlag. Aber ich denke mal, das war der Ausschlag auf Grund des starken Protestes in der Bevölkerung, aufgrund des Nichtmehrwollens in der Industrie, man hätte kein Nachfolgeprojekt mehr gebaut des Schnellen Brüters, und ich sage mal, die Einsicht mancher Politiker, dass man nicht was gegen die Bevölkerung umsetzen kann."

    Einer der "Einsichtigen" war Johannes Rau. Als Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens hatte er damals noch im Landtag in Düsseldorf eindringlich für den Brüter geworben, für ein Kernkraftwerk, das nicht nur Strom und Wärme, sondern auch neues, spaltbares Material für viele weitere Kernkraftwerke erzeugen könne:

    "Wirbt um Zustimmung."

    Das Parlament sagte Ja zum Brüter. Die Antwort an den Bauzäunen hieß aber "Atomkraft? - Nein Danke!" Es gab Massen-Proteste gegen das geplante Endlager in Gorleben. In Tschernobyl geschah der GAU. Eine seiner Spätfolgen: der gesetzlich verankerte Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland. Johannes Rau, damals Bundespräsident, war längst zu ihrem Kritiker geworden:

    "Die Kernenergie zu nutzen, erschien als das Selbstverständigste der Welt."

    Ihre großen Projekte waren längst gescheitert: Kalkar, Wackersdorf, der THTR. Und auch im Osten Deutschlands gibt es ein Erbe der Kernenergie, mit dem auch heute noch viele Menschen schwer zu kämpfen haben.

    In der Berufsgenossenschaftlichen Klinik in Falkenstein im Vogtland werden kranke Bergleute der deutsch-sowjetischen Aktiengesellschaft Wismut behandelt. Tausende hatten im Erzgebirge Uran gefördert, den Stoff, den Stalin vor allem für seine Atombomben brauchte, der aber auch, zu Brennelementen verarbeitet, in Kernkraftwerken landete. In sowjetischen, aber auch in den Reaktoren der DDR. Die Kernenergie sei die Zukunftsenergie im Zeichen der deutsch-sowjetischen Freundschaft, so sagte es Erich Honecker immer wieder.

    84 Jahre ist der Bergmann alt. Die Staublunge nimmt ihm immer öfter den Atem, das Singen fällt ihm zunehmend schwer. Jahrzehntelang hatte er bei der Wismut nach Uran gebohrt, hielt sich dabei stets einen feuchten Schwamm vor den Mund. Seine Brüder nicht:

    "Ich hab immer wieder hingewiesen hier: Nehmt Euch eine Kanne Wasser mit nach unten, weil kein Wasser unten war, ich hab bei jedem Loch meinen Schwamm wieder frisch gemacht, und wieder gebohrt und wieder gebohrt. Bei jedem Loch habe ich das gemacht und ich lebe noch. Meine beiden Brüder schon lange nicht mehr."

    Neben der Staublunge der Lungenkrebs: Mehr als 7.000 Wismut-Kumpel haben ihn im Nachhinein als Berufskrankheit anerkannt bekommen. Jährlich kommen auch heute noch über hundert Fälle hinzu.

    Selbst die Bergleute, die erst viel später kamen, als eine bessere Belüftung das Strahlungsrisiko angeblich minimiert hatte, sind vor dem Ausbruch der Krankheit nicht gefeit. Ein 63 Jahre alter Mann berichtet von seinen Jahren bei der Wismut:

    "Und die Arbeitsbedingung als Hauer in den zehn Jahren von 1972 bis 1982 waren so schlecht jedenfalls wettertechnisch nicht, aber es bleibt ja nicht aus, dass beim Fördern und beim Herangehen das Uran strahlt. Wie gesagt: Ich hätte nicht gedacht, dass das für mich so gefährlich ist."

    Zwei Lungenkrebs-Operationen hat er bereits hinter sich. Der Lebensmut ist noch da. Was er von der Kernenergie hält?

    "Kernenergie ist ja praktischerweise vielleicht eine Energie, die - wenn beherrschbar wäre - eine gute Sache ist. Aber die Erzeugung des Urans und die Nachentsorgung der angefallenen Materialien bergen auf jeden Fall Gefahren in sich."