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Teures Wohnen
"Kleine und günstige Wohnungen in Berlin mittlerweile Mangelware"

Selbst in Berlin wird Wohnen für Studierende immer teurer. Im bundesweiten Vergleich liege die Stadt aber noch im Mittelfeld, sagte Immobilienverbands-Sprecher David Eberhart im Dlf. Wichtig für Studierende sei eine günstige Verkehrsanbindung nach Brandenburg, wo derzeit Wohnungen leer stehen.

David Eberhart im Gespräch mit Jörg Biesler | 02.10.2017
    Das Studentenwohnheim Weinbergweg der Martin-Luther-Universität in Halle.
    Bundesweit fehlen Tausende solcher für Studenten bezahlbaren Wohnungen. Im Bild: das Wohnheim Weinbwergweg der Martin-Luther-Universität in Halle (imago/Steffen Schellhorn)
    Jörg Biesler: Über die Schwierigkeiten für Studentinnen und Studenten, bezahlbaren Wohnraum in Hochschulstädten zu bekommen, haben wir hier bei "Campus & Karriere" regelmäßig berichtet. Heute gibt es abermals aktuelle Zahlen, und zwar vom Institut der deutschen Wirtschaft. Das hat Inserate auf der Plattform "Immobilienscout24" ausgewertet und kommt in der Spitze auf Preissteigerungen von 70 Prozent seit 2010. Das trifft natürlich vor allem die großen Universitätsstädte München, Stuttgart, Köln und auch Hamburg, an der Spitze aber steht Berlin, wo sich die Mietpreise für Studentenwohnungen eben um rund 70 Prozent verteuert haben. Am Telefon ist David Eberhart, der Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Guten Tag, Herr Eberhart!
    David Eberhart: Guten Tag!
    Biesler: Berlin war ja bislang ein vergleichsweise günstiges Pflaster. Ist das der Grund dafür, dass es jetzt in puncto Preissteigerung ganz oben zu finden ist? Da ging einfach noch mehr als in anderen Städten?
    Eberhart: Wir halten von den Auswertungen von "Immoscout24"-Mieten sowieso nicht mehr sehr viel, weil die nicht aussagekräftig sind. In der Regel kommen dort Angebote zur Insertion, die eher über dem Marktdurchschnitt liegen oder andere Vermietungsprobleme aufweisen können. Von unseren Mitgliedsunternehmen – und das sind immerhin 40 Prozent des Berliner Mietwohnungsmarkts – wissen wir, dass da nur noch etwa ein Drittel aller Wohnungen überhaupt als Anzeigen zum Beispiel über "Immobilienscout24" eingestellt wird, der Rest geht in der Regel über die Seiten der Wohnungsunternehmen selbst.
    Biesler: Also, um das richtig zu verstehen: Beim "Immobilienscout" inserieren möglicherweise private Vermieter oder Gesellschaften, die hauptsächlich darauf aus sind, möglichst hohen Gewinn zu machen, und deren Wohnungen sind durchschnittlich teurer?
    Eberhart: Wir haben die Beobachtung gemacht, dass bei "Immobilienscout24" die Mieten höher sind als der Marktdurchschnitt, in vielen Fällen.
    Biesler: Das heißt, diese Statistik, die das Institut der deutschen Wirtschaft heute vorgelegt hat, sagt nicht viel aus?
    Eberhart: Es ist immer schwierig, wenn man von den sogenannten Angebotsmieten ausgeht, weil das unserer Erfahrung nach den Markt nicht abbildet.
    Berlin im bundesweiten Mittelfeld
    Biesler: Nehmen wir mal Beispiele aus Berlin! Es gibt ja tatsächlich eine studentische Wohnungsnot in Berlin, wie in vielen anderen Städten auch. Wie sieht der Wohnungsmarkt für studentisches Wohnen in Berlin im Augenblick aus?
    Eberhart: In Berlin werden die Mieten so um die 350 Euro sein für eine durchschnittliche Studentenwohnung. Da gibt es ja auch eine Studie von "StudInfo", die das mal ausgewertet haben. Damit ist Berlin sogar im bundesweiten Vergleich noch relativ günstig oder zumindest doch in einem Mittelfeld. Es bleibt aber dabei, dass in Berlin insbesondere kleine und günstige Wohnungen mittlerweile Mangelware sind, weil hier in den letzten Jahren zu wenig gebaut werden konnte.
    Biesler: Es gibt Projekte von Wohnungsbauunternehmen in Berlin für studentisches Wohnen, einige davon sind sehr prominent, experimentelles Bauen, ein Containerdorf zum Beispiel, EBA51 heißt das, für 400 Studentinnen und Studenten. Aber die Frage ist: Kann das in der Breite überhaupt helfen? Herr Eberhart, was machen die Wohnungsbauunternehmen in Berlin und Brandenburg für die Studentinnen und Studenten?
    Eberhart: Gerade auch die landeseigenen Wohnungsunternehmen, aber auch viele Genossenschaften bauen Wohnungen teilweise jetzt nicht unbedingt mit dem erklärten Ziel, Studierende unterzubringen. Das sind halt kleine und günstige Wohnungen. Gerade die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bauen aber auch für ein studentisches Publikum. Es ist immer schwierig mit dem experimentellen Bauen. Die Unternehmen würden gerne mehr bauen, das Problem sind a) die Baukapazitäten, b) die Baugrundstücke und c) immer auch der Amtsschimmel, der bei solchen Sachen, gerade beim experimentellen Bauen eben besonders laut wiehert und da auf der Bremse steht.
    Es muss mehr gebaut werden
    Biesler: Also, die Lösung für die breiten Interessentenkreise bei den Studentinnen und Studenten können nicht in solchen Einzelprojekten liegen. Wo können die denn liegen?
    Eberhart: Die Antwort darauf liegt bei Studierenden, wie auch bei allen anderen, die nach Berlin ziehen, in allererster Linie darin, dass mehr gebaut werden muss. Wir haben nach wie vor Fertigstellungszahlen, die um die 15.000 liegen, Wohnungen pro Jahr. Wir müssten mindestens 20.000, eigentlich sogar noch mehr pro Jahr fertigstellen. Und man sieht diese große Diskrepanz, und das liegt in erster Linie daran, dass das Baurecht zu langsam geschaffen wird.
    Biesler: In Berlin wird mittlerweile ja vielleicht auch der Platz knapp einfach, um neu zu bauen. Gibt es denn da noch Lücken?
    Eberhart: Tja, Berlin ist zwar eine Stadt, die anders als München, noch nicht fertig gebaut ist. Es gibt nach wie vor Bauland, was man bebauen kann. Allerdings wird das zunehmend knapper und die Flächenkonkurrenz ist ein zunehmendes Problem, also sprich: Wer darf auf freien Grundstücken bauen? Ist es Gewerbe, ist es Industrie oder ist es Wohnen? Beispiel war ja Tegel, wo das Gewerbe einen großen Anteil haben soll, wir sagen, dass dort mindestens 10.000 Wohnungen untergebracht werden können – derzeit in der Bebauungsplanung sind nur 5.000 Wohnungen, um eben mehr Gewerbe dort unterbringen zu können.
    Biesler: Dann bleibt am Ende Brandenburg?
    Eberhart: Wir empfehlen immer, auch nach Brandenburg zu schauen. Wir haben 10, 15 Minuten hinter den Berliner Stadtgrenzen schon Leerstände, die bei zehn Prozent und mehr liegen. Problematisch hier ist allerdings der hohe Fahrpreis. Es müsste dahingehen, dass sich entweder Berlin und Brandenburg darauf einigen, dass es ein günstiges Studierendenticket gibt, oder dass sich die Studentenwerke in den jeweiligen Städten darauf einigen, ein gesamtes Netzticket anzubieten für Berlin und Brandenburg, weil diese hohen Fahrpreise den Studierenden nicht zuzumuten sind, es aber im Interesse beider Länder ist, dass sich die Studierenden auch in Brandenburg niederlassen können.
    Biesler: David Eberhart, der Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen zu den neuen Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft, wie sich das studentische Wohnen in den Großstädten verteuert hat. Vielen Dank!
    Eberhart: Vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.