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Teutsche Sprachkultur

Eisleben für Luther, Kamenz für Lessing, Weißenfels für Novalis. Das Projekt "Straße der deutschen Sprache" will Orte in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen miteinander verbinden, deren Vergangenheit und Gegenwart wichtig für die deutsche Sprache und Literatur ist.

Von Michael Köhler | 31.01.2013
    In der jüngsten Ausgabe der vierteljährlich erscheinenden, kostenlosen Zeitschrift "Deutsche Sprachwelt" (Nr.50 Winter 2012 / 2013) wird vorgeschlagen, zwei Dutzend Orte in Mitteldeutschland auf einer Art Ferienstraße der Sprache zu verbinden, vergleichbar der Alleen-, Barock-, oder Romantischen Straße.

    "Die Idee dahinter ist der Gedanke, der sich auch in dem Leitspruch ausdrückt, `Sprache verbindet´. Sie verbindet nicht nur Menschen, sondern auch Orte. Und die schließen sich in einer "Straße der deutschen Sprache" zusammen. Und jetzt haben wir ein erstes sichtbares Arbeitsergebnis, ein Faltblatt mit dem wir jetzt noch stärker an die Öffentlichkeit treten können."

    Thomas Paulwitz ist Chefredakteur der vor zwölf Jahren gegründeten Zeitschrift "Deutsche Sprachwelt". Sie versteht sich als Sammelbecken für Gegner der Rechtschreibreform. Auch andere sprachpflegerische Absichten wie Erhalt der Schreib- und Handschrift in der Schule zählen zu den Zielen. Bewusst knüpft der Verein an barocke Traditionen an, wie die sogenannte "Fruchtbringende Gesellschaft" vom Anfang des 17. Jahrhunderts. Vor sechs Jahren hat sich die "Neue Fruchtbringende Gesellschaft" formiert.

    "Die Straße der Deutschen Sprache bildet ihren Kern in den drei Bundesländern, Thüringen, Sachsen - Anhalt und Sachsen. Und da die Idee von Köthen ausgeht, haben wir in Sachsen-Anhalt mehr Orte. Also Köthen als erster Sitz der "Fruchtbringenden Gesellschaft", spielt da eine Rolle. Dann ist in Thüringen zum Beispiel Schleiz dabei. Das ist der erste große Wirkungsort von Konrad Duden. Da hat er seine ersten Aufzeichnungen gemacht für sein Rechtschreibwörterbuch."

    Köthen und Schleiz sind dabei, Eisleben für Luther, Gräfenhainichen für den Kirchenlieddichter Paul Gerhardt, Kamenz für Lessing, der dort geboren wurde, Weißenfels steht für den romantischen Dichter Novalis und so weiter. Die Auswahl scheint unsystematisch. Schottelius, der Kopf der "Fruchtbringenden Gesellschaft" stammt aus Einbeck in Südniedersachsen und starb in Wolfenbüttel. Er fehlt in der Aufzählung Johann Christoph Adelung und Kaspar Stieler, die großen Wörterbuchautoren wirkten in Leipzig, Erfurt, Nürnberg. Thomas Paulwitz:

    "Das ist nicht willkürlich. Erstens einmal ist dieses mitteldeutsche Gebiet, das sich da auf die drei Bundesländer bezieht, kann man schon so sehen, dass es die Wiege des Hochdeutschen ist. Da haben sich frühzeitig Siedler aus dem ganzen deutschen Sprachraum angesiedelt. Die hatten dann ihren Einfluss auf die Meißner Kanzleisprache, die dann auch Luther zum Vorbild diente für seine Bibelübersetzung und von dort aus hat sich das Deutsch wie es in diesem Gebiet gesprochen wurde in ganz Deutschlands ausgebreitet."
    Johan Kaspar Stielers "Teutscher Sprachschatz" erschien 1691 in Nürnberg und war ein großer Schritt auf dem Weg zur geeinten nationalen Hochsprache.

    Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs oder Teutscher Sprachschatz, worinnen alle ... teutsche ... Stammwörter nebst ihrer Abkunft, abgeleiteten ... Redarten mit guter lateinischen Tolmetschung ... befindlich ... in vielen Jahren gesamlet von dem Spaten. Das ist Johan Kaspar Stieler, Nürnberg 1691


    Und Luther übersetzte die Bibel auf der Wartburg in Eisenach. Johann Christoph Adelung, der Grimm des 18. Jahrhunderts, wurde in Anklam, Mecklenburg Vorpommern, geboren.

    "Ja, Man muss irgendwo anfangen. Es ist natürlich denkbar, das zu einem späteren Zeitpunkt zu erweitern. Wir haben auch Kontakte zur Märchenstraße."

    Grimm und Gutenberg, Kassel und Mainz könnten irgendwann dazu stoßen. Als Ziel nennt Thomas Paulwitz eine Ausschilderung am Ortseingang. So wie "Beethoven-" oder "UN - Stadt Bonn" oder "documenta Stadt Kassel". In fünf bis zehn Jahren möchte er soweit sein.

    Immerhin haben sich schon zwölf Orte bereit erklärt. Das werden aber nicht alle sein.

    Thomas Paulwitz und seine Mitstreiter wollen die deutsche Sprache "schützen, wahren und weiter entwickeln" wie er sagt. "Da was Deutschtümelndes draus zu machen, sei verkehrt", betont er. Er kennt den Vorwurf, gestrige Ansichten zu vertreten, die nicht in unsere internationalisierte Medienöffentlichkeit passen.

    "Die sind überhaupt nicht national-chauvinistisch, weil es darum geht, die Sprachenvielfalt zu erhalten. Und da unterstützen wir jede Nation, die sich darum bemüht. Und das Schlimmste ist ja, wenn es nur noch eine Einheitssprache Englisch gibt."

    Thomas Paulwitz räumt ein, der Eindruck könne entstehen, Mitteldeutschland werde bevorzugt und sagt deshalb, eine Straße der Deutschen Sprache müsse eigentlich durch den ganzen deutschen Sprachraum führen.

    "Aber es muss eine Hochsprache geben, die von allen verstanden wird, damit sich alle verständigen können."