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"The Inspection Chamber"
Das erste Hörspiel für Smart Speaker

Was bislang nur in Science-Fiction-Filmen möglich war, ist jetzt Realität: mit Computern sprechen. Smart Speaker drängen in unser Wohnzimmer und wollen, dass wir mit ihnen reden. Die BBC hat jetzt das erste Hörspiel für die Geräte entwickelt.

Von Christoph Möller | 12.12.2017
    Der Lautsprecher Amazon Echo - Alexa Voice Service steht am 01.09.2017 auf der IFA in Berlin und ist in lila Licht getaucht
    Für ein BBC Hörspiel sammelt Smart Speaker Alexa Daten, um eine interaktive Geschichte zu erzählen (dpa-Zentralbild / Picture Alliance / Britta Pedersen)
    Smart Speaker ins W-Lan einloggen, Aktivierungswort sagen und schon geht es los. Das erste interaktive Hörspiel für intelligente Lautsprecher.
    "Alexa, please start 'The Inspection Chamber'." / "Hello, my name is Dave."
    Dave ist ein Sprachcomputer - irgendwo im Weltall. Ich bin von den Wissenschaftlern, die ihn betreiben, gefangen genommen worden. Für sie bin ich eine unbekannte Spezies. Dave soll mich identifizieren. Dafür muss ich Fragen beantworten.
    "Being, are you ready to be inspected?" / "Äh, yes!" / "Good. I must say, you appear to be a very interesting specimen."
    Ein sehr interessantes Exemplar soll ich sein.
    "Dream or reality? Which one?" / "Dream!" / "Very well, dream it is."
    Smartspeaker arbeiten mit Verhörmethoden
    Je nach Antwort ändert sich die Geschichte. Im Laufe des Hörspiels wird man zum Komplizen von Dave. Die Wissenschaftler, die ihn betreiben, wollen zurück zur Erde. Aber, sagt der Computer, das will er verhindern, indem er sie einfach irgendwelche Dinge tun lässt, damit sie abgelenkt sind.
    "Now, we're alone. I have some private information to share with you. The scientists cannot go home. I simply keep them busy in order to distract them."
    So stellt "The Inspection Chamber" auch moralische Fragen: Überlasse ich dem Computer die Macht - oder rette ich die menschlichen Wissenschaftler? Das Hörspiel hinterfragt auch ganz generell, wie man mit Smart Speakern interagiert, sagt Henry Cooke, der es für die BBC entwickelt hat. Dass das Hörspiel wie ein Verhör aufgebaut ist - kein Zufall.
    "Amazons Alexa spielt immer nur eine Tonspur und wartet dann auf den nächsten Befehl. Ein sehr einfaches Interaktionsmodell. Wir mussten also eine Geschichte finden, die zu diesem Model passt. Deshalb ist es ein Verhör geworden - weil diese Geräte optimiert sind für Verhöre."
    Weil es bislang keine Vorbilder gibt, hat sich Cooke an Computerspielen orientiert, bei denen die Nutzer ebenfalls häufig Entscheidungen treffen.
    "Wir wollten aber, dass der Nutzer etwas passiver ist. Aber nicht so passiv wie beim linearen Radio. Es ist also Radio, bei dem man weder ganz aktiv, noch ganz passiv ist, sondern einfach in der Mitte."
    Cooke sagt, die BBC will ganz generell verstehen, wie Sprachcomputer funktionieren. Welche Möglichkeiten bieten sie etwa auch, um Geschichten zu erzählen?
    "Database incomplete. We need to run more tests."
    "Ich denke nicht, dass das etwas wirklich Neues ist. Wir wollten aber, dass der Nutzer nicht einfach nur die Handlung voranbringt, sondern selbst eine eigene Rolle spielt. Ich glaube, das ist ein interessanter Unterschied."

    Der Spagat funktioniert. Man hört gespannt der Geschichte zu und bestimmt den Verlauf selbst mit. Doch noch beschränkt sich die Interaktion auf sehr einfache Kommandos.
    "Another choice for you: cruel or kind?" / "Kind!" / "Kindness is the beginning of cruelty, a being once wrote."
    Die Geräte sind süchtig nach Daten
    Hörspiele wie "The Inspection Chamber" ermuntern, Smart Speaker zu benutzen. Das hat aber auch eine Kehrseite. Die Geräte sind süchtig nach Daten. Man müsse sie eigentlich Datensammelmaschinen nennen, meint Markus Beckedahl von netzpolitik.org.
    "Im Endeffekt hört dieser Alexa-Lautsprecher die ganze Zeit im Raum mit."
    Und speichert die Tonaufnahmen der Sprachbefehle auf Servern. Was genau damit passiert, weiß man als Nutzer nicht.
    "Obwohl uns Datenschutz wichtig ist, schmeißen wir ihn in diesem Fall über den Haufen, weil wir hier einen Service geboten bekommen."
    Und machen uns abhängig vom System großer Tech-Firmen. Auch wenn "The Inspection Chamber" viel Spaß macht, am Ende ist es Teil dieser Datensammler. Doch vielleicht sorgen solche neue künstlerische Formen ja gerade dafür, sich endlich mal intensiver mit Datenschutz zu beschäftigen.
    "Thank you, your feedback is most welcome. End of test for now."