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Thüringen
SPD als Zünglein an der Waage

Die CDU und Die Linke in Thüringen gehen nach der Wahl in die Sondierungsgespräche mit den anderen Parteien. Doch die Mehrheiten für mögliche Koalitionen sind denkbar knapp. Eine wichtige Rolle dabei spielt trotz Wahlschlappe die SPD.

Von Henry Bernhard | 18.09.2014
    Bodo Ramelow (Linke) und Christine Lieberknecht (CDU)
    Sehen sich beide als Wahlsieger: Bodo Ramelow (Die Linke) und die amtierende Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    "Vielen SPD-Mitgliedern ist im Moment eher nach Opposition."
    Noch SPD-Chef Christoph Matschie spricht es aus: Die Thüringer SPD ist am Boden. Sie ist von einer zumindest noch gefühlten Volkspartei auf den Status einer kleinen Partei, einer Mehrheitsbeschafferin, hinabgesunken. Die 12% bei der Landtagswahl waren ein Desaster und haben eine Partei hinterlassen, die am liebsten abtauchen und ihre Wunden lecken würde. Aber dafür ist keine Zeit, meint auch Andreas Bausewein, der neuer SPD-Chef werden soll:
    "Aber das Wahlergebnis sieht nun mal so aus, dass ohne die SPD nichts funktioniert. Also, die AfD ist ausgegrenzt - zum Glück, sage ich - und CDU und Linke werden kaum eine gemeinsame Regierung bilden. Bei allen anderen Modellen, die es gibt, ist die SPD in irgendeiner Form dabei. Das macht es für uns auch nicht einfacher! Also, ich glaube, es gab in den letzten Jahrzehnten in Deutschland keine Regierungsbildung, die derart kompliziert war wie diese, die hier vollzogen werden wird und vollzogen werden muss! Es gibt ja einige, die hoffen auf Neuwahlen. Aber man kann ja die Wähler nicht so lange wählen lassen, bis einem das Wahlergebnis passt."
    Der 41 Jahre alte Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein soll die Partei durch diese schwere Phase führen. Er wird auch die Sondierungsgruppe anführen, die mögliche Koalitionen mit CDU beziehungsweise Linken und Grünen ausloten soll. Heute Abend wird er in das erste Gespräch mit den Linken und den Grünen gehen. Bausewein selbst regiert seit acht Jahren erfolgreich mit einer Rot-Rot-Grünen Stadtrat-Mehrheit. Dennoch will er darin keinen Vorentscheid der SPD sehen.
    "Das ist kein Signal für Rot-Rot-Grün. Wir führen die Verhandlungen offen. Das Ziel muss sein, eine stabile Regierung zu bekommen - natürlich auch mit möglichst vielen Inhalten der SPD; aber das ist völlig klar."
    Kleine Parteien bestimmen das Geschehen
    Jede Festlegung in diesem frühen Stadium würde auch die Verhandlungsposition der SPD schwächen. Auch die CDU gibt sich weiter hoffnungsvoll, die SPD auf ihre Seite ziehen zu können. Die Christdemokraten haben noch keinen Sondierungstermin festgelegt. Sie wollen auch die Grünen einbinden, um die unsichere schwarz-rote Mehrheit im Landtag aufzupäppeln. Die Grünen jedoch zieren sich - schließlich würden sie dann genau jene Koalition stützen, der sie fünf Jahre lang Stillstand vorgeworfen haben. Dazu der grüne Landessprecher, Dieter Lauinger:
    "Das würde ich mal nicht Sondierungen nennen, sondern Gespräche zur Zukunft Thüringens. Natürlich würden wir uns schwerer tun, weil es eben ganz klar die größeren Differenzen gibt, der CDU zu helfen, an der Macht zu bleiben. Wir werden zu so einer Gesprächseinladung der CDU hingehen, aber Präferenz hat für uns der Versuch, aus der knappen Mehrheit eine Rot-Rot-Grüne Koalition zu schmieden."
    Und so kommt es, dass in Thüringen gerade die umworbenen kleinen Parteien SPD und Grüne das Geschehen bestimmen. CDU und Linke übernehmen spätestens dann wieder die Wortführerschaft, wenn die Koalition und die Regierung stehen. Das aber kann in Thüringen Monate dauern. Und Bodo Ramelow, der unbedingt erster linker Ministerpräsident in Deutschland werden will, wirkt entspannt und zuversichtlich:
    "Wenn sie mich aber fragen nach der Chance, sage ich: Es ist immer noch 50:50; wobei die letzten Stunden eher bei mir zu 51:49 das Pendel zugunsten von Rot-Rot-Grün umschmeißen."