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Fußballkultur und Fans
"Das brennende Thema ist nicht die Kommerzialisierung"

Die Autoren Anne Hahn und Frank Willmann haben Fußballstandorte in ganz Deutschland besucht und Fans gefragt, was sie bewegt. Für viele sei nicht die Kommerzialisierung im Fußball das Problem, sagte Frank Willmann im Dlf. Vielmehr störe die Fans die Dominanz der Bayern in der Bundesliga.

Frank Willmann im Gespräch mit Marina Schweizer | 31.03.2018
    Bayern München-Fans in der Allianz Arena
    Bayern München-Fans in der Allianz Arena (imago sportfotodienst)
    Anne Hahn und Frank Willmann haben sich in ganz Deutschland mit Fans getroffen und wollten auch der Frage auf den Grund gehen, wie kommerziell der Fußball wirklich ist und wie die Fans damit umgehen.
    Die Gespräche mit den Fans hätten gezeigt, dass sich nur ein kleiner Teil wirklich mit den Problemen der Kommerzialisierung auseinandersetze, so Willmann. "Der Rest geht zum Fußball, weil er Fußball sehen möchte."
    Ziel des neuen Buches sei es, nicht nur "die Lauten", die sich über Probleme im Fußball beschwerten, in den Blick zu nehmen, sondern die ganze Vielfalt der Fußballfans abzubilden. "Wir haben versucht, in unserem Buch 100 Prozent darzustellen, die Lauten wie die Leisen, die Alten wie die Jungen, die Frauen, die Rechten und die Linken." Ein Spiegelbild der Gesellschaft finde man im Stadion allerdings entgegen der viel benutzen Bildes nicht. Man treffe zum Beispiel wenig Menschen mit Migrationshintergrund - die Mehrheit sei weiß und männlich, besonders in den Fankurven.
    Dennoch habe sich in den letzten Jahren im Stadion einiges verändert. Die Zahl der Frauen sei zum Beispiel stark gestiegen. Für die dennoch zähe Entwicklung macht Willmann das konservative Denken im Fußball verantwortlich. "Der DFB macht es ja schön vor. Da sucht man vergebens eine Frau in der Führungsriege."
    "Verschwindend kleine Mehrheit" wendet Gewalt an
    Das Klischee des gewaltbereiten Fans im Fußball kann Willmann nicht bestätigen. Hier gebe es "eine verschwindend kleine Mehrheit" - zumeist Männer - die im Fußball Gewalt anwende. "Für bestimmte Gruppen spielt das eine große Rolle. Das hat auch etwas mit der männlichen Konnotierung dieses ganzen Fanwesens zu tun. Für viele Männer funktioniert Gewalt als letztes Mittel, um die eigenen Interessen durchzusetzen."
    Fußball sei schon immer ein raue und ruppige Angelegenheit gewesen. "Das ist dem Fußball so in die Wiege gelegt worden." Bisher sei dieser Zustand insbesondere durch die Fanszenen viel zu wenig hinterfragt worden. "Dieser softe Hooliganismus ist lange Zeit auch durchgewunken worden und wurde unter Folklore abgehakt, genauso wie rechtsradikale oder homophobe Sprüche dazugehört haben."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    "Mittendrin. Fußballfans in Deutschland": Von Anne Hahn und Frank Willmann, aus der Reihe "Zeitbilder" der Bundeszentrale für politische Bildung.