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Tiefseebergbau
Greenpeace warnt vor Rohstoff-Ausbeutung im Meer

Mangan, Kupfer, Nickel: Diese Rohstoffe lagern auch auf dem Meeresgrund - und sie werden längst ausgebeutet. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sieht darin jedoch eine Gefahr für die Weltmeere und befürchtet eine Katastrophe.

Von Axel Schröder | 03.07.2019
Zwei Tiefsee-Schlote auf dem Grund des Marianengraben im Pazifik
Greenpeace sieht die Ökosysteme in den Meeren durch den Tiefseebergbau in Gefahr (picture alliance / dpa / Thom Hoffman)
Viele Länder stehen bereit, um in Wassertiefen von vielen tausend Metern Bergbau zu betreiben. China, Russland, Frankreich, Korea, Großbritannien oder auch Deutschland erforschen die Möglichkeiten, wertvolle Rohstoffe aus dem bislang kaum erforschten Meeresborden der Tiefsee zu fördern. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren die Konzessionen für die Exploration in mehreren Tiefseegebieten gesichert.
"Im Moment haben wir 29 Explorationslizenzen, die von der Internationalen Meeresbodenbehörde vergeben sind an zwanzig Länder."
Christian Bussau ist Meeresbiologe und arbeitet für die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Wie im Bergbau über Tage würde auch in der Tiefsee schweres Gerät eingesetzt werden, um Manganknollen, Massivsulfide und Kobaltkrusten abzubauen.
"Sie müssen sich vorstellen, dass diese Abbaumaschinen, die aussehen wie riesige Staubsauger oder wie riesige Pflüge tatsächlich dann große Gebiete hier umpflügen, die Manganknollen, die Kobaltkrusten oder die Massivsulfide zerkleinern und alles Leben, das sich dort aufhält, wird dann zerstört."
"Tiefseebergbau kann nicht nachhaltig sein"
In der Tiefe, so der Umweltschützer, lebten unter anderem Seegurken, Quallen, Schnecken und aalähnliche Fische, Krebse und so genannte Seefedern. Viele der dort entdeckten Tiere seien bislang unbekannt. Und welche Konsequenzen der Tiefseebergbau für sie hätte, sei unerforscht, erklärt Christian Bussau. In jedem Fall könne man davon ausgehen, dass ein nachhaltiger Abbau der Unterwasserrohstoffe unmöglich sei. Die Professorin für Geowissenschaften Andrea Koschinsky von der Jacobs Universität in Bremen bestätigt das:
"Tiefseebergbau kann in diesem Sinne nicht nachhaltig sein, dass natürlich, wenn diese Rohstoffe am Meeresboden abgebaut werden, sie in menschlichen Zeiträumen nicht wieder wachsen. Sondern dann sind sie über Millionen Jahre weg. Und dann wird dieses Ökosystem natürlich auch verändert sein. Nur muss man sich darüber im Klaren sein, dass das bei Landbergbau genau dasselbe ist. Da gibt es keinen Unterschied."
So wie Erdöl- und Kohlevorkommen über Jahrmillionen entstanden sind, wachsen auch die Kobaltkrusten und Manganknollen in der Tiefsee nur um wenige Millimeter in einer Million Jahre. Andrea Koschinsky hat zusammen mit einem fächerübergreifenden Wissenschaftler-Team die Wirtschaftlichkeit und die Folgen des Tiefseebergbaus für die Bundesregierung untersucht. Das Ergebnis: Klare Aussagen darüber, ob es lohnt, viele Milliarden Euro in neue Explorationstechnik und weiterverarbeitende Betriebe zu investieren, können heute nicht getroffen werden. Und auch die Auswirkungen auf die Meeresumwelt seien kaum vorhersehbar:
"Was sicherlich richtig ist, ist, dass auch wenn wir noch fünf oder zehn Jahre intensive Forschung betreiben, nicht mit Sicherheit vorhersagen können, wie sich das auf das Ökosystem in der Tiefsee auswirken wird."
Vorschriften können unter Wasser nur schwer kontrolliert werden
Selbst wenn die zuständige Genehmigungsbehörde, die International Seabed Authority ISA bestimmte Auflagen für den Abbau von Manganknollen oder Kobaltkrusten festlegt, sei es schwierig, die Einhaltung der Vorschriften, mehrere tausend Meter unter der Meeresoberfläche zu kontrollieren, so Andrea Koschinsky. Christian Bussau von Greenpeace fordert deshalb, dass auf jegliche Rohstoffabbau in der Tiefe der Meere verzichtet wird. Stattdessen sollte mehr für den Meeresschutz getan werden:
"Wir brauchen eigentlich 30 Prozent der Meere als Meeresschutzgebiete auch im Rahmen der UN. Wir brauchen einen so genannten Hochseeschutzvertrag. Darüber wird im nächsten Frühjahr entschieden in New York. Für Schutzgebiete muss sich die Bundesrepublik stark machen. Dann wird den Meeren geholfen."