Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Tiermedizin im Zoo
Narkose per Blasrohr

Wenn Katze, Meerschweinchen oder Hund krank werden, dann geht der Tierhalter zum Tierarzt. Im schlimmsten Fall ist eine Spritze oder eine Narkose erforderlich. Bei Haustieren ist das in der Regel kein Problem. Bei Zootieren gestaltet sich das oft schwieriger. Schon das Ruhigstellen ist eine Herausforderung.

Von Lennart Pyritz | 06.02.2018
    Der Tiger ist eine in Asien verbreitete Grosskatze.
    Veterinäre im Zoo stehen oft vor Herausforderungen, wenn es um die Behandlung ihrer wilden Patienten geht (imago / Sven Simon)
    "Prinzipiell haben wir heute einen Fall, dass unsere Guanako-Stute sich gestern vertreten hat und jetzt hinten links lahmt. Und ich würde der gerne heute ein Schmerzmittel geben. Das bereiten wir jetzt vor."
    Anna Grewer steht vor einem grauen Metallschrank im Behandlungsraum des Krefelder Zoos, nimmt zwei Koffer mit kleinen Schubladen voller Narkose-Zubehör und Arzneien heraus und stellt sie auf einen Tisch in der Mitte des Zimmers. Seit 2016 arbeitet sie hier. Davor hat sie Tiermedizin an der LMU München studiert.
    "Prinzipiell bei unseren Tieren ist es so, dass man die in der Regel nicht einfach aus der Hand spritzen kann. Weil die nicht gewohnt sind, dass sie festgehalten werden, und wir dann eben mit dem Blasrohr pusten."
    Schmerzmittel in der Medikamenten-Kammer des Pfeils
    Die Pfeile für das Blasrohr haben zwei Kammern: Eine enthält das Medikament, in der anderen wird mit Luft ein Überdruck aufgebaut. Der führt dazu, dass das Medikament austritt, sobald der Pfeil die Haut des Tieres durchbohrt.
    "Als Erstes muss ich noch das Medikament holen, das ist das Schmerzmittel. Und füllen das jetzt als erstes eben in die Medikamenten-Kammer des Pfeiles."
    Heute simuliert die Tierärztin den Einsatz von Pfeil und Blasrohr nur. Deshalb füllt sie kein echtes Schmerzmittel in den Pfeil, sondern Wasser. Der Fall der Guanako-Stute hat sich aber vor zwei Wochen genau so ereignet.
    "Dann kommen eben die speziellen Kanülen drauf. Die haben wir hier. Und dann eben der Gummistopfen, um die Kanüle zunächst noch zu verschließen. Dann kommt eine Schutzkappe drauf, und dann wird der Druck aufgebaut, also der Überdruck eben. Das ist sozusagen, dass man den Pfeil, ja, bereit macht."
    Anna Grewer pumpt Luft in die hintere Pfeilkammer.
    "Genau, dann wäre der Pfeil jetzt fertig. Dann kommt hinten noch ein Stabilisator drauf. Das ist so ein rotes Plastikteil, was eben die Flugbahn stabilisiert. Dann können wir jetzt im Prinzip zum Tier gehen und das Arzneimittel verabreichen."
    Große Muskeln anvisieren
    Die Tierärztin greift sich ein schwarzes, gut einen Meter langes Blasrohr. Dann geht es hinaus zum Guanako-Gehege, vorbei an Umbau-Arbeiten im Außenbereich (Bagger-Geräusche). Es nieselt. Die rot-braunen, mit den Lamas verwandten Guanakos haben sich unter einem kleinen Unterstand versammelt und präsentieren ihre Hinterteile.
    "Sie würde jetzt da stehen. Ist ganz praktisch, relativ nah am Zaun. Ist immer gut, wenn man nicht so weit weg ist. Und man versucht eben immer auf die Oberschenkel-Muskulatur, also auf große Muskelgruppen zu treffen. Und die stehen eigentlich so perfekt."
    Anna Grewer setzt das Blasrohr an, zielt und simuliert einen Schuss.
    "Wir würden jetzt morgen eben wieder schauen, wie sich das verändert hat, ob`s durch das Schmerzmittel besser geworden ist, ob es wirklich nur ein einmaliges Vertreten war. Wenn dem nicht der Fall ist, müssten wir eben gucken, ob weitere diagnostische Maßnahmen erforderlich sind."