Freitag, 19. April 2024

Archiv

Tillerson als US-Außenminister
"In Sachen Umweltschutz eine schlechte Wahl"

Jörg Feddern von Greenpeace glaubt nicht, dass sich der künftige US-Außenminister Rex Tillerson für vereinbarte Klimaziele einsetzt: "Aufgrund seiner Geschichte wage ich sehr zu bezweifeln, dass diese Schritte unternommen werden", sagte Feddern im DLF. Die Konzernspitze von Exxon, der Tillerson lange angehörte, habe jahrelang den Klimawandel geleugnet.

Jörg Feddern im Gespräch mit Jule Reimer | 14.12.2016
    Nahaufnahme von Tillersons Gesicht, der sich vor einem Mikrofon mit ernstem Blick durch die Haare fährt.
    Rex Tillerson, der Geschäftsführer des Ölkonzerns Exxon Mobile, soll neuer US-Außenminister werden. (DPA / EPA / MICHAEL REYNOLDS)
    Jule Reimer: Jetzt in die USA beziehungsweise wir bleiben einerseits auch in Deutschland. Rex Tillerson, seit 2004 Chef des Erdölkonzerns ExxonMobil, soll der neue US-Außenminister werden. So wünscht es der künftige Präsident Donald Trump. In den USA entzündet sich die Kritik an dieser Personalentscheidung, vor allem an Tillersons engen Kontakten beziehungsweise seiner persönlichen Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. ExxonMobil ist weltweit tätig und macht einen Jahresumsatz von um die 300 Milliarden US-Dollar. Das entspricht, ziemlich grob gerechnet, dem Haushalt der Bundesrepublik Deutschland.
    Am Telefon ist nun Jörg Feddern von Greenpeace. Ich begrüße Sie in Hamburg. - Herr Feddern, die "Süddeutsche Zeitung" schreibt heute, dass Tillerson im Gegensatz zu Trump den Klimawandel nicht anzweifelt und das Pariser Klimaschutzabkommen befürwortet. Entspricht das Ihrer Wahrnehmung von der Person, von diesem wichtigen, weltweit tätigen Manager Tillerson?
    Jörg Feddern: Schönen guten Tag, Frau Reimer. - Das eine ist gesagt, das zweite muss gehandelt werden. Soll heißen: Man kann den Herrn Tillerson, wenn er denn überhaupt bestätigt wird als Außenminister, dann an seinen Taten messen. Soll heißen: Wenn er jetzt sagt, er erkennt den Klimawandel an, er erkennt das Pariser Klimaschutzabkommen an, dann muss er als Außenminister auch dementsprechend handeln.
    Soll heißen: Dann muss die Fortsetzung der Politik von dem jetzigen Präsidenten Obama fortgesetzt werden. Das heißt, Investitionen in erneuerbare Energien, Investitionen in Energieeffizienz und raus aus den fossilen Energien. Aufgrund seiner Geschichte wage ich das ganz offen sehr zu bezweifeln, dass diese Schritte unternommen werden. Von daher ist die Wahl, was den Umweltschutz, den Klimaschutz angeht, von Tillerson als möglichen Außenminister eine sehr schlechte Wahl.
    "Exxon ist einer der größten Anwender von der sogenannten Fracking-Technologie"
    Reimer: Blicken wir mal auf die Konzernpolitik von ExxonMobil. Unternehmen wie Shell oder BP haben begonnen, im kleinen Maßstab in erneuerbare Energien zu investieren. Das waren aber eigentlich fast immer Peanuts und mancher hat das auch als Symbolpolitik gebrandmarkt. Wie war die praktische Politik von ExxonMobil in Sachen Klimaschutz, Suche nach Alternativen?
    Feddern: Das erste ist, dass der Klimawandel lange, lange Zeit von der Konzernspitze bei ExxonMobil geleugnet worden ist. Man hat richtig viel Geld in die Hand genommen, um Wissenschaftler zu finanzieren, um ExxonMobil in ihrer Aussage, der menschengemachte Klimawandel findet nicht statt, zu unterstützen. Ich selbst war 2002 bei einer Aktionärsversammlung in Dallas und habe mich mit Managern unterhalten und auf die Frage, was machen Sie gegen den Klimawandel, haben die mich angeguckt und haben gesagt, machen Sie sich keine Gedanken, den gibt es nicht, und wir werden auch in 100 Jahren noch sicher Öl fördern zu einem Preis, den Sie bezahlen können.
    Das heißt, das Denken dieser Menschen ist ausgerichtet auf die Nutzung der fossilen Energien und auf die Nutzung von Öl und Gas, und besonders erschreckend ist auch, dass Exxon einer der meisten, größten Anwender von der sogenannten Fracking-Technologie ist. Auch hier in Deutschland versucht man, massiv hier quasi an unkonventionelle Kohlenwasserstoffe heranzukommen, und ich stelle eben genau nicht fest, dass dieser Konzern, immerhin der weltgrößte Ölkonzern, in irgendeiner Art und Weise verstanden hat, wie die Zeichen der Zeit sind, und weiter ganz klar auf sein Ölgeschäft setzt.
    Reimer: Jetzt hat die Rockefeller-Familienstiftung [Rockefeller Family Fund] im März angekündigt, sich an der Divestment-Kampagne zu beteiligen und sich aus Investitionen in Erdöl, Gas und Kohle unter bestimmten Umständen, also nicht völlig umfassend, aber doch in einer gewissen beeindruckenden Form zurückzuziehen. Dabei war klar, dass dies vor allen Dingen ExxonMobil treffen würde. Der Konzern baut ja auf die Rockefellers auf. Hat das dort irgendjemand im Management beeindruckt?
    Feddern: Das kann man auch mit einem klaren Nein beantworten. Es gab ein Treffen zwischen dieser Fundation und dem Vorgänger von Tillerson, Lee Raymond, und Tillerson. Das Gespräch hat stattgefunden, habe ich in einer Zeitung gelesen, mit einer entspannten Atmosphäre. Aber auf die Punkte, die diese Rockefeller-Foundation* [Anm.: Gemeint ist der Rockefeller Family Fund und nicht die besser bekannte Rockefeller Foundation] eingegangen ist, nämlich weg von fossilen, mehr den Klimawandel zu erforschen und zu unterstützen, ist man nicht eingegangen.
    Entscheidend ist auch, dass die Rockefeller-Foundation* keine große Mitsprache mehr bei Exxon hat. Es ist nicht so, dass wenn die Rockefeller-Foundation* sagen würde, wir gehen raus aus Exxon, das würde die Politik, die Ausrichtung dieses Konzerns nicht im Wesentlichen ändern.
    Ich denke, es ist wichtig, dass die politischen Rahmenbedingungen so geändert werden müssen, dass die noch verbleibenden Kohle-, Öl- und Gasvorräte in der Erde bleiben und das, was wir noch dringend benötigen, im Übergang zu den erneuerbaren Energien so sinnvoll aufgeteilt wird zwischen den Konzernen, dass es einen Übergang gibt. Aber solange dieses Zeichen von den Regierungen nicht kommt, werden die Ölkonzerne, egal ob es Exxon ist, ob es BP oder Shell ist, sie werden weiter auf ihr Geschäft setzen, und das ist nun mal Kohle, Öl und Gas.
    "Exxon hat massives Interesse an den Öl- und Gasvorkommen in der Arktis"
    Reimer: Wir haben noch eine halbe Minute. Wenn Sie so ein Ranking aufstellen würden unter den Ölkonzernen weltweit - die Chinesen haben große Konzerne, Malaysia mittlerweile -, gibt es da irgendwo Veränderungen oder nirgendwo, solange nicht gesetzlicher Druck ist?
    Feddern: Aus unserer Sicht gibt es genau diese Änderung überhaupt nicht. Als letztes Beispiel vielleicht noch: Exxon hat massives Interesse an den Öl- und Gasvorkommen in der Arktis. Die Arktis ist ein hoch sensibles Gebiet und da ist es dringend erforderlich, dass die Ölindustrie dort draußen bleibt. Nur aufgrund der Sanktionen, die verhängt worden sind gegen Russland, musste Exxon seine Vorhaben stoppen in der Arktis. Wenn diese Sanktionen aufgehoben werden, gehe ich fest davon aus, dass Exxon in die Arktis zurückgeht, außer es gibt politische Entscheidungen, die das untersagen.
    Reimer: Jörg Feddern von Greenpeace Deutschland zur Personalie Rex Tillerson in den USA. Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    *Anm.: Gemeint ist der Rockefeller Family Fund und nicht die besser bekannte Rockefeller Foundation