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Tod eines Untoten

Viele verehren Bela Lugosi noch heute als den besten Dracula-Darsteller der Filmgeschichte. Zweimal nur hat der gebürtige Ungar den Blutsauger vor der Kamera verkörpert. Dennoch gilt sein Auftritt in Tod Brownings "Dracula" von 1931 als wegweisend.

Von Nicole Maisch | 16.08.2006
    Bela Lugosi ist tot. Aber was heißt das schon, wenn es um den Untoten schlechthin geht, um Dracula. Das sah auch die englische Band Bauhaus so, die mit ihrem Stück "Bela Lugosi’s dead" dem Schauspieler und seiner wichtigsten Rolle ein Denkmal setzte. Zweimal nur hat Bela Lugosi, der Urvater aller Dracula-Darsteller, den Blutsauger vor der Kamera verkörpert. Dennoch gilt sein erfolgreicher Auftritt in Tod Brownings "Dracula" von 1931 als stilbildend und wegweisend.

    Zuvor hatte bereits Friedrich Wilhelm Murnau Bram Stokers Romanvorlage verfilmt. In "Nosferatu" wurde Dracula, der hier aus Rechtsgründen noch Graf Orlok hieß, von Max Schreck als buckliges kleines Männchen mit überlangen Krallenfingern dargestellt. Neun Jahre später verlieh Lugosi dem bleichen Grafen aus Transsylvanien den aristokratischen und exotisch-erotischen Schliff, der den Vampir dann tatsächlich unsterblich machen sollte.

    Bela Lugosi, am 20. Oktober 1882 in Lugos im damaligen Ungarn geboren, kam nach harten Lehrjahren an Wanderbühnen und kleinen Schauspielhäusern in den 1910er Jahren an das Budapester Nationaltheater, wo er als Shakespeare-Darsteller zum gefeierten Theaterstar wurde. 1919 aber musste der Schauspieler sein Heimatland verlassen. Nach den Gründen dafür befragt, antwortete er Jahre später in Amerika:

    "Nach dem Krieg nahm ich an der Revolution teil und später fand ich mich dann auf der falschen Seite wieder."

    Dass die falsche Seite die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei bedeutete, ließ Lugosi in Hollywood stets unerwähnt. In die USA eingewandert war er bereits 1921, der Anschluss an die ehemaligen Theatererfolge aber gelang ihm erst sechs Jahre später. Da hatte er die Rolle seines Lebens gefunden: Dracula! Mit stechendem Blick und ungarischem Akzent verführte der attraktive Schauspieler sein New Yorker Publikum. Auf der Bühne und wenig später auch im Film überzeugte Lugosi mit seiner zurückhaltenden und dabei so geheimnisvoll viel versprechenden erotischen Präsenz. Die schien untrennbar verbunden zu sein mit Draculas tragischen Geheimnis, mit der Ahnung von Dingen, die noch weit schlimmer sind als der Tod:

    "I’m count Dracula. To die, to be really dead that must be glorious. There are far worse things waiting men than death.”"

    Bela Lugosi wurde im Alter von 49 Jahren zwar endlich zum Filmstar, reich aber wurden nur die Produzenten. Neben dem Knebelvertrag, den er bei Universal unterschrieb, sollte als sein größter Fehler gelten, dass er kurz nach den Dreharbeiten zu "Dracula" die Rolle des Monsters in "Frankenstein" ausschlug.

    Für ein paar Jahre noch blieb Lugosi ein gefragter Horrordarsteller. Über die Zeit aber verlor er sich immer mehr in einer selbst inszenierten Symbiose mit seiner wichtigsten Rolle. In Interviews gab er gerne den Ungarn, der selbst an den Dracula-Mythos glaubt:

    ""Ich wuchs in fast der gleichen Gegend auf, in der die Geschichte spielt, und ich musste erfahren, dass, was Ignoranten als Aberglauben abtun, in Wahrheit auf Fakten beruht."

    Ende der 30er Jahre aber war Horror out und für den Mann mit dem Dracula-Image gab es außerhalb dieses Genres keine Rollenangebote mehr. Bela Lugosi rutschte ab in Drogen- und Alkoholabhängigkeit und in die Welt der B-Movies. In Ed Woods "Bride of the monster" spielte er einen Wissenschaftler, der an einem atomaren Übermenschen bastelt:

    ""I will perfect my own race of people. A race of atomic supermen, which will conquer the world.”"

    Am Ende seines Lebens und seiner Karriere trat er, wie so viele ehemalige Hollywoodgrößen, in Las Vegas auf – natürlich als der ewige Untote. Am 16. August 1956 starb er trotzdem, der Schauspieler Bela Lugosi. Und doch – auf Zelluloid gebannt bleibt er unsterblich.