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Tolle Idee! Was wurde daraus?
Dem illegalen Coltanabbau auf der Spur

Coltan trägt inzwischen fast jeder täglich bei sich - es steckt in Smartphones. Doch kaum jemand weiß, woher der Rohstoff stammt und zu welchen Bedingungen er gefördert wurde. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover hat ein Fingerprint-Verfahren entwickelt, um die Herkunft des Coltans zu überprüfen.

Von Frank Grotelüschen | 19.12.2017
    Schwarze Arbeiter sitzen, stehen und laufen auf einer hügeligen Oberfläche am Rande der Mine. Die Luft ist staubig. Einige Arbeiter halten Schaufeln in den Händen.
    Die sogenannte Mudere-Mine in der Demokratischen Republik Kongo, wo das Coltan abgebaut wird, das zur Herstellung von Handys benötigt wird (AFP / Junior D. Kannah)
    Ostkongo, nahe der Grenze zu Ruanda. In einem der grünen Hügel klafft eine Wunde – ein Tagebau. Hunderte von Arbeitern graben sich mit Schaufeln durch den Grund, schlagen mit Hämmern aufs Gestein. Dann suchen sie mit Waschpfannen nach den Körnchen eines wertvollen Erzes – Coltan.
    In Hannover, bei der BGR, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, zeigt Gudrun Franken ein Fläschchen voller Coltankörner. Das anthrazitfarbene Erz enthält das seltene Metall Tantal – ein wesentlicher Rohstoff für elektrische Kondensatoren. Und die braucht man heute überall.
    "In jedem Computer, jedem Handy. Alles, was elektronisch betrieben wird."
    Heikle Situation
    Ein beträchtlicher Teil des Coltans kommt aus Zentralafrika, vor allem aus der Demokratischen Republik Kongo. Dort ist die Situation heikel, in manchen Regionen kämpfen Regierungstruppen und Rebellen um die Vorherrschaft. Einige Rebellengruppen finanzieren ihre Waffen durch die Coltanminen, indem sie den Schürfern Schutzgelder abpressen. Und:
    "Die Arbeitsbedingungen und Sicherheitsbedingungen, unter denen diese Bergleute arbeiten, sind zum Teil sehr prekär. Umweltschutz ist ein Problem, zum Teil auch Kinderarbeit."
    Ausbeutung und die Finanzierung bewaffneter Konflikte – um das einzudämmen, haben die USA und mittlerweile auch die EU Gesetze erlassen. Diese verpflichten die Elektronikkonzerne dazu, über die Herkunft von Rohstoffen wie Coltan Auskunft zu geben: Kommen sie aus Minen, die von Rebellen kontrolliert werden? Um das festzustellen, haben die Förderländer vor einigen Jahren ein Zertifizierungssystem eingerichtet. Dessen Ziel:
    "Man versucht, dass die Produzenten, die legal und ohne Konflikte produzieren, den Markt mit Rohstoffen beliefern dürfen. Und andere durch die Zertifizierung vom Handel ausgeschlossen werden können."
    Ausbildung von Inspektoren
    Konkret schauen sich Inspektoren die Minen an und versuchen herauszufinden, ob Rebellen Gewinne abschöpfen oder es Anzeichen für Zwangsarbeit gibt. Unterstützt werden die afrikanischen Bergbaubehörden dabei von der BGR, etwa bei der Ausbildung der Inspektoren. Und die Experten aus Hannover haben noch ein weiteres Hilfsmittel entwickelt:
    "Jeder einzelne Klack ist ein Schuss des Lasers. Wir schießen zehnmal pro Sekunde."
    In seinem Labor zeigt BGR-Forscher Eike Gäbler auf einen Bildschirm, darauf das Livebild eines Mikroskops.
    "Ein Coltankorn, das mit einem Laser beschossen wird. Das Material, das durch den Laserbeschuss entsteht, wird später analysiert."
    Dieses Analyseverfahren erfasst die Art und Häufigkeit der chemischen Elemente der Coltanprobe. Dadurch lässt sich herausfinden, aus welcher Mine das Coltan stammt.
    "Das Verfahren ist dafür ausgelegt, dass Sie das in einem Zweifelsfall überprüfen können. Ähnlich wie ein Vaterschaftstest. Man bekommt eine Probe. Diese Probe gleicht man mit einer Referenzdatenbank ab und guckt, ob die Angaben auf dem Herkunftszertifikat richtig sind oder nicht."
    Dieses Fingerprint-Verfahren soll entlarven, wenn Coltan aus fragwürdigen Minen in die Lieferketten geraten ist. Zwar hat die BGR mittlerweile ein Labor in Tansania eingerichtet, das Coltanlieferungen stichprobenartig auf deren Herkunft überprüfen kann. Zum Einsatz aber kommt die Laseranalyse noch nicht, denn:
    "Es muss natürlich auch der politische Wille unserer Partner vorhanden sein, dieses Verfahren auch wirklich einsetzen zu können. Die politischen Entscheidungsträger in den Ländern müssen da mitziehen. Da ist noch eine Menge Überzeugungsarbeit notwendig."
    Es gibt Vorbehalte
    Manche der Coltan-Förderländer glauben, das neue Fingerprint-Verfahren sei zu teuer bzw. noch nicht ausgereift – Vorbehalte, die Gäbler und seine Leute bald auszuräumen hoffen. Doch es gibt auch Fortschritte, insbesondere bei der Zertifizierung der Hütten, also jener Firmen, die die Erze zu Metall verarbeiten, sagt Gudrun Franken.
    "Dieses Zertifizierungssystem ist schon sehr weit entwickelt. Für Zinn, Tantal und Wolfram sind fast alle Hütten weltweit zertifiziert."
    Allerdings gibt es auch Kritik. Allein im Kongo gibt es rund 2.000 Minen, und sie alle zu inspizieren, ist aufwändig und teuer. Das Problem:
    "Im Moment bleiben die Kosten bei den lokalen Firmen hängen. Diese Sache muss noch gelöst werden, hier muss das auf breitere Schultern verteilt werden. Und man muss auch versuchen, diese Kosten zu senken."
    Also: Zwar ist die Zertifizierung des Coltanhandels mittlerweile in Schwung gekommen. Doch in Sachen Effizienz und Überprüfung gibt es noch einiges zu verbessern.