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Tomografen
Verstecke des HI-Virus im Körper aufspüren

Für Ärzte und Wissenschaftler ist das HI-Virus ein unangenehmer Gegner: Zwar lässt es sich mit Medikamenten in Schach halten, sodass viele Infizierte fast normal leben können, doch eine Heilung ist bisher nicht möglich. Das Virus übersteht schlechte Zeiten gut versteckt irgendwo im Körper und kann von dort aus erneut aktiv werden. Forscher aus Atlanta haben jetzt eine Methode entwickelt, um die Verstecke aufzuspüren.

12.03.2015
    "Bei einer Person, die mit HIV-infiziert ist und antivirale Medikamente bekommt, sind kaum noch Viren im Blut nachweisbar und die Infektion schreitet nicht weiter voran, was ganz großartig ist. Aber wenn die Person die Medikamente absetzt, kommt das Virus zurück. Die Medikamente können es nicht beseitigen. Deshalb ist die Frage, wo das Virus ist, wenn es unterdrückt wird. Wo versteckt es sich?"
    Philip Santangelo forscht am Georgia Institute of Technology in Atlanta und versucht, die Verstecke des HI-Virus im Körper aufzuspüren. Mit Gewebsproben lassen sich die bisher nicht sicher finden, denn die viralen Rückzugsorte können lokal stark begrenzt sein. Wären sie aber bekannt, könnten die Viren auch dort gezielt angegriffen werden.
    Philip Santangelo und sein Team entwickelten deshalb ein Molekül, das als biochemische Sonde funktioniert und das Virus aufspüren kann. Sie erkennt ein Protein, das das Virus auf der Oberfläche trägt.
    "Es ist eigentlich ein ganz einfaches Prinzip. Wir spritzen die Sonde, sie zirkuliert im Blut und bindet an das Virus, sowie an Zellen und Gewebe, die mit dem Virus infiziert sind."
    Weil die Sonde außerdem radioaktiv markiert ist, kann mithilfe eines Ganzkörper-Tomografen, der die Strahlung auffängt, verfolgt werden, wo im Körper die Sonde bindet.
    Die Wissenschaftler testeten das Mittel an Makaken, die mit SIV infiziert waren, der Affen-Version von HIV. Die Tiere erhielten so lange eine antivirale Behandlung, bis in ihrem Blut keine Viren mehr nachweisbar waren. Dann spitzten die Forscher ihnen eine SIV-spezifische Sonde und machten Ganzkörper-Scans. Die Bilder verglichen sie mit den Scans von SIV-infizierten Tieren vor der Behandlung.
    "Nach der Behandlung konnten wir sehen, dass das Signal der Sonde insgesamt stark abnahm, aber es gab bestimmte Stellen, an denen die Medikamente nicht so effektiv waren. Für uns war das sehr spannend, weil wir genau das wissen wollten: Wo wirken die Medikamente nicht richtig?"
    Gut zu erkennen waren Virus-Reservoirs im Magen-Darm- sowie im Genital-Trakt der Tiere. Außerdem gab es Signale in der Lunge und im Lymphgewebe im Nasenbereich.
    "Dabei gab es Unterschiede von Tier zu Tier. Bei jeder Person, jedem Patienten, jedem Tier wirken die Medikamente also ein bisschen anders."
    Selbst bei Tieren, die aufgrund einer genetischen Besonderheit auch ohne Medikamente keine Immundefizienz entwickeln, und in deren Blut keine Viren nachweisbar sind, konnten die Forscher das Virus an bestimmten Stellen im Körper entdecken.
    "Diese Experimente waren besonders lehrreich für mich. Sie haben mir gezeigt, dass Blutproben nicht die ganze Geschichte erzählen."
    Der örtliche Nachweis des Virus ist aber nur der erste Schritt. Philip Santangelo und seine Kollegen wollen die Methode nutzen, um weitere Erkenntnisse über den Verlauf der Infektion zu gewinnen.
    "Um wirklich zu verstehen, was an diesen Stellen besonders ist, warum das Virus sich dorthin zurückziehen kann und die Behandlung übersteht. Und um zu sehen, was passiert, wenn das Virus zurückkommt, denn darüber ist bisher nichts bekannt. Auch das können wir, mit dieser Methode untersuchen."
    Gleichzeitig arbeiten die Forscher daran, die Methode auf den Menschen zu übertragen. Geeignete Sonden, die das HI-Virus erkennen, gibt es bereits.