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Tour de France
Das Geheimnis um die Kosten des Grand Départ

Was kostet es, den Start der Tour de France auszurichten? Das ist eine große Frage, die seit anderthalb Jahren in Düsseldorf diskutiert wird. Eine klare Antwort gibt es noch nicht. Klar ist aber: Ein Defizit für die Stadt bleibt, da hat Oberbürgermeister Thomas Geisel von Anfang an mit offenen Karten gespielt.

Von Matthias Friebe | 02.07.2017
    Oberbürgermeister Thomas Geisel winkt aus dem Führungsauto bei der 2. Etappe
    Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel winkt aus dem Führungsauto bei der zweiten Etappe (dpa / Rolf Vennenbernd)
    Es ist ein gut gehütetes Geheimnis. Ohnehin schwer zu berechnen, was die Ausrichtung des Tour-Starts kostet, ist vom Veranstalter schon einmal gar nichts zu erfahren. Tour-Direktor Christian Prudhomme bestätigt im Deutschlandfunk-Sportgespräch nur das, was sowieso jeder weiß. Düsseldorf muss zahlen: "Geld von Seiten Düsseldorfs wie von jeder Stadt bei jedem anderen sportlichen Großereignis auch. Es ist allerdings ein ganz klein bisschen günstiger als beim Fußball. Ein ganz klein bisschen."
    Natürlich ist die Summe sogar deutlich kleiner als bei einer Fußball-WM, aber im zweistelligen Millionenbereich dürfte sie auf jeden Fall liegen.
    Utrecht zahlte 16,8 Millionen Euro
    "Die Zahlen, nein, die kann ich Ihnen nicht nennen, aber Schätzungen der vergangenen Jahre liegen vor, und es ist denkbar, dass es sich auf die Summen beläuft, die Utrecht oder Rotterdam investiert haben."
    Utrecht, Gastgeber des Grand Départ 2015 hat die Verträge mit Tour-Veranstalter A.S.O. veröffentlicht und inzwischen auch Zahlen präsentiert. 16,8 Millionen Euro hat der Spaß dort gekostet. In Düsseldorf geht man aktuell von etwa 13 Millionen aus. Schöngerechnet, meint Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die FDP-Politikerin gehört zu den schärfsten Kritikern des Tour-Starts am Rhein. Sie glaubt, dass es sogar teurer wird als in Utrecht vor zwei Jahren. Etwa durch den Einsatz von städtischen Mitarbeitern, die kurzfristig für den "Toureinsatz" abgestellt wurden:
    "Weil eine Menge Dienstleistung geschieht in Düsseldorf, was gar nicht messbar ist, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitarbeiten. Wir werden das alles erkunden und dann wird sich zeigen, was das Ganze gekostet hat."
    Acht Millionen Sponsoren-Einnahmen
    Ausgaben für die Sicherheit der Zuschauer, für Logistik und Verkehrsmaßnahmen und natürlich die Lizenzgebühren an den Veranstalter sind die größten Posten auf der einen Seite. Mindestens genauso spannend ist aber auch die Einnahmenseite. Während Oberbürgermeister Thomas Geisel über inzwischen etwa acht Millionen Euro Sponsoren-Einnahmen jubelt: "Das ist einmalig, sowas gab es in Düsseldorf noch nie", schlägt FDP-Politikerin Strack-Zimmermann die Hände über dem Kopf zusammen.
    "Wenn Sie sehen, wer hier die Werbung bezahlt. Das sind: die Messe Düsseldorf, die Abfallwirtschaft, die Rheinbahn, der Flughafen, die Stadtwerke. Das sind alles städtische Tochterunternehmen oder Anteile, die das übernehmen."
    OB-Traum auf ddem Rücken der Steuerzahler
    Also die Stadt selbst ist der größte Sponsor. Strack-Zimmermann glaubt, der radsportbegeisterte OB erfüllt sich seinen Tour-Traum auf dem Rücken der Steuerzahler, weil durch das Sponsoring der Stadttöchter am Ende mindestens indirekt Steuergelder eingesetzt werden. Thomas Geisel will das so nicht stehen lassen: "Es ist keineswegs so, dass hier eine Entscheidung für Sponsoring gefallen wäre, weil der Mehrheitseigner gesagt hätte, ihr müsst jetzt mal."
    Fans am 1. Juli 2017 an der Absperrung des 14 km langen Rundkurses zum Auftakt der 104. Tour de France in Düsseldorf.
    Fans an der Absperrung des 14 km langen Rundkurses zum Auftakt der 104. Tour de France in Düsseldorf. (AFP / Jeff PACHOUD)
    Tatsache ist aber auf jeden Fall, außer den fünf Stadttöchtern gibt es nur einen Großsponsor aus der Privatwirtschaft, die DHL. Viele andere Unternehmen konnten gar nicht erst als Sponsor auftreten. Die Verträge mit dem Rennveranstalter sehen Exklusivität vor. Das heißt, gibt es eine Telekommunikationsfirma oder einen Autohersteller als Sponsor für die kompletten drei Wochen in Frankreich, scheiden Unternehmen der gleichen Branche auf jeden Fall aus. So bleibt, und da hat der Oberbürgermeister von Anfang an mit offenen Karten gespielt, auf jeden Fall ein Defizit für die Stadt.
    Unnötig, meint die Oppositionspolitikerin, angesichts auch in Düsseldorf klammer werdender Kassen und Herausforderungen im sozialen Bereich, "Geld in die Hand zu nehmen für etwas, dass am Montagmorgen in der Welt zerstäubt ist, das ist einfach kurzsichtig und ist nur der Eitelkeit von Herrn Geisel und Herrn Prudhomme geschuldet."
    Wo ist die Bundesregierung?
    Bis zu 50 Millionen Euro, so errechnen Gutachter, soll am Ende der positive Werbewert für die Stadt betragen; erzielt vor allem durch die weltweite Fernsehübertragung. Das ist später aber auf dem Konto nicht zu messen. Nicht messbar auch ein möglicher negativer Einfluss durch die stundenlangen Regenbilder und das Düsseldorfer Grau in Grau zum Auftakt. Überhaupt sei der Grand Départ inzwischen zu einem so großen Ereignis geworden, dass es wie beispielsweise Olympia zu groß ist, um von einer Stadt geschultert zu werden, findet die FDP-Politikerin:
    "Wenn sich alle in Deutschland freuen, dann frag ich mich, wo ist die Bundesregierung, die das bezahlt. Wenn NRW sich freut, frag ich, wo sind die Minister, die jetzt auf der Bühne sitzen, die Ex-Minister inzwischen. Da kam gar nichts von Land und Bund. Ein solches Festival auf den Schultern einer Kommune auszurichten ist völlig daneben."
    Eine gute Nachricht aber gibt es immerhin für Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Das Hotel- und Gaststättengewerbe wird auf jeden Fall gute Einnahmen erzielen. Und egal, wie teuer am Ende die Rechnung wird, eines kündigt jetzt schon an: "Ganz Düsseldorf wird auf die Zahlen gucken, wenn wir nämlich abrechnen, was das ganze Spektakel gekostet hat." Aber das steht wohl erst in anderthalb bis zwei Jahren endgültig fest.