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Tourismus in Rumänien
Wenn beim Wandern der Bär kommt

Als eines der ärmsten Länder der EU braucht Rumänien den Tourismus. Aber der steckt noch in den Kinderschuhen. Viele Anbieter setzen auf naturverbundenen, sanften Tourismus und bieten zum Beispiel Wanderungen über die Karpaten an, inklusive Blick auf Braunbären.

Von Rolf Borchard | 06.02.2017
    Ein Braunbär (Ursus arctos), aufgenommen im Tierfreigehege im Nationalpark Bayerischer Wald unweit von Neuschönau (Bayern) am 27.10.2014.
    Braunbär (picture alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Es liegt tiefer Schnee hier auf 1700 Metern in den Karpaten, von Wanderweg keine Spur. Aber Radu Zaharie kennt sich aus, die Sonne scheint und der Ausblick ist großartig:
    "Wir haben jetzt einen Blick nach Norden. Nord Nord West - und sehen die Hermannstädter Senke, und ganz weit weg sind die Ostkarpaten. In sehr guten Tagen, gerade im Winter, so wenn diese sehr kalten Tage sind, gibt es Möglichkeiten, dass man den ganzen Karpatenbogen, bis in die Ukraine, auf Entfernungen von über 600 Kilometern, kann man sehen."
    Er kennt sie alle, die Gipfel der Zweitausender in der Ferne, als Bergführer organisiert er ein- und zweiwöchige Wanderungen von Hütte zu Hütte, im Winter auch Skitouren:
    "Diese Nische ist noch relativ eng, aber ja, auch im Winter entdecken immer mehr Gäste die Karpaten."
    Der Mensch ist für den Braunbär uninteressant
    Radu Zaharie versucht wie viele andere in Rumänien, den Tourismus voranzubringen, sanftes Reisen, naturverbundenes Wandern in einem der ärmsten EU-Länder, das Einnahmen aus dem Tourismus umso mehr braucht:
    "Wenn wir jetzt Karpatenüberquerung denken, dann könnte man jetzt gleich als Beispiel eine Kammwanderung in den Fagarascher Bergen nehmen, also Königstein, von Hütte zu Hütte. Es gibt dann Programme für Zielgruppen von Gästen, die sagen, wir wollen doch mehr auch ein bisschen Schwergewicht auf Komfort legen, uns reicht jetzt nicht ein Pritschenlager auf einer Kammhütte, sondern wir wollen dann doch eine nette Pension haben, mit Sauna am Abend, und Wild beobachten, insbesondere bei Braunbär, aber nicht nur."
    "Also man trifft auch mal‚ nen Bär?"
    "Nicht nur mal, es kann auch mal öfter sein, ja."
    "Und, bringen Sie den Leuten dann bei, wie man sich zu verhalten hat. Wird’s gefährlich?"
    "Nein, es ist nicht gefährlich. Der Mensch ist für den Braunbär, ich sag mal, uninteressant. Da muss ein Mensch wirklich viel dummes Zeug anstellen, damit der Bär für ihn gefährlich wird. Achtung: Wir sprechen hier vom europäischen Baunbären. Man soll da keine Verwechslungen machen mit Grizzlies."
    Deutscher Alpenverein als Vorbild
    Im Vergleich zu den Alpen steckt der Bergtourismus hier noch in den Kinderschuhen, aber Zaharie versucht auch nach dem Vorbild des Deutschen Alpenvereins den Siebenbürgischen Karpatenverein SKV wiederzubeleben, engagiert sich für die Restaurierung historischer Hütten. Einige der schönsten stehen in und um Paltinis - deutsch: Hohe Rinne - dem höchstgelegenen Bergkurort Rumäniens, wohin wir kurz darauf absteigen:
    "Diese Hütten gehören zu den ältesten Hütten, die wir überhaupt in den rumänischen Karpaten haben. Ende des 19. Jahrhunderts vom SKV in Eigenregie gebaut."
    Allerdings stehen auch Plattenbauten aus der Ceausescu-Zeit in Paltinis, ein doch sehr eigenes Ortsbild:
    "Sie sehen, wir man einen charismatischen Ort als Bergkurort so weit verschandeln kann."
    "Wir lernen wirklich wie die kleinen Kinder"
    Aber, sagt Radu Zahirie, das hat eben auch seinen Reiz, wenn alles nicht so perfekt und entwickelt ist - und unberührte Natur gibt es in den Karpaten genug:
    "Ich fühle mich wie ein kleines unbeholfenes Kind irgendwo und versuche aber so die Augen zu öffnen und mich zu orientieren irgendwie. Gerade in der Touristik: Wir merken auch, dass wir gerade die ersten Schritte mit dem Ökotourismus-Verband, mit Naturfreunde Rumänien machen. Und wir lernen wirklich wie die kleinen Kinder."
    Apropos Kinder: Wenn die Braunbären Junge haben, kann es doch mal ein wenig gefährlich werden beim Wandern. An diesen Tagen aber bleiben sie auf Abstand, die Bären, alles was wir sehen, sind Bärenspuren im Schnee.