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Touristenflaute auf der Krim
Reiche Russen sollen das Geschäft ankurbeln

Noch vor drei Jahren hat das Reisebüro von Natalia Ostapenko täglich Führungen für 200 bis 300 Touristen über die Krim organisiert. Doch seit der Annexion durch Russland bleiben die Touristen aus. Dennoch sind viele Hoteliers guter Dinge. Denn sie setzen gezielt auf eine Klientel.

Von Thielko Grieß | 12.01.2018
    Ein Schiff in der Bucht von Koktebel auf der Insel Krim.
    Die Bucht von Koktebel liegt im Süden der Krim direkt am Schwarzen Meer (dpa / Sputnik / Evgenya Novozhenina)
    Natalia Ostapenko muss sich bei ihrer Kollegin erkundigen. Findet heute eine Führung mit Touristen statt? Ja, antwortet die Kollegin. Es ist eine Gruppe zusammen gekommen, mit insgesamt acht Teilnehmern.
    "Vor drei Jahren hat unser Reisebüro täglich Führungen über die Krim für 200 bis 300 Leute organisiert. Sie sind mit Bussen zu verschiedenen Orten gefahren. Jetzt gibt es Tage, an denen wir nur für fünf bis 20 Leute fahren. Wenn es 70 sind, dann ist es schon gut."
    Ostapenko ist vor vielen Jahren auf die Krim gezogen, lange vor der Annexion durch Russland, hat ihr Unternehmen Sanato in Sewastopol aufgebaut. Ihre Kunden waren über lange Zeit Touristen aus der Mittelklasse: diejenigen, die nicht im Luxus schwelgen, aber dennoch genug Geld haben, um die Geschichte der Krim und der Hafen- und Marinestadt auf sich wirken zu lassen.
    Markt ist nach Annexion zusammengebrochen
    Schließlich hat die Halbinsel eine reiche, wechselvolle griechisch-türkisch-krimtatarisch-russische Geschichte, um nur die wichtigsten Einflüsse zu nennen. Aber nach der Annexion ist ihr Markt zusammengebrochen. "Im Vergleich zu 2014 ist die Zahl der Touristen zehn Mal geringer geworden." Und wer noch komme, dem sitze das Geld nicht mehr so locker, sagt sie.

    Die Krise der russischen Wirtschaft, stagnierende Löhne, die Entwertung des Rubels – all das macht sich hier bemerkbar. Außerdem ist die Anreise beschwerlich geworden: Der Weg über die Ukraine ist kompliziert; es bleiben langsame Fähren oder teure Flüge. Die offizielle Statistik weist bis Ende Oktober knapp fünf Millionen Touristen aus, was einem Minus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Das zeigt: Es kommen durchaus Gäste. Aber viele andere Russen wählen die etablierten Orte wie Sotschi – oder gleich das Ausland. Das Oberhaupt der Republik Krim, Sergej Aksjionow, der für die gesamte Halbinsel mit Ausnahme der Stadt Sewastopol politisch verantwortlich ist, sagt im Gespräch mit diesem Sender:
    "Nicht die ganze touristische Infrastruktur der Republik Krim entspricht heute internationalen Standards. 30 Jahre lang haben wir hauptsächlich ukrainische und russische Touristen gehabt. Wir sind am Anfang unseres Weges. Ich bin mir sicher, dass wir alle Schwierigkeiten überwinden können."
    Der russische Staat versucht, gegenzusteuern. Fernsehspots werben mit dem Slogan "Die Krim ist unsere" für Urlaub in der annektierten Region, es gibt subventionierte Flugtickets für manche Besuchergruppen und der Staat baut für Milliarden Rubel eine Brücke zum russischen Festland, die bald teilweise in Betrieb gehen soll. Auf ihr ruhen schon jetzt große Hoffnungen.
    "Vielen Dank an den Präsidenten. Es wird viel Geld in die Entwicklung der Krim und Sewastopols investiert. Seit vier Jahren verzeichnen wir, verglichen mit anderen Regionen, ein sehr hohes Entwicklungstempo."
    Neue Zielgruppen für den Tourismus im Blick
    Dmitrij Sliwtschenko ist Manager des Hotels "Admiral" in Sewastopol, ein Haus mit vier Sternen. Anders als die Exkursions-Veranstalterin berichtet er von guten Geschäften. Er habe die Preise sogar leicht anheben können. Wer als Hotelier Erfolg haben wolle, müsse sich jetzt eben zur Decke strecken.
    "Werbung im Netz schalten nur drei Hotels. Alle anderen werden von Rentnern verwaltet und die haben keine Ahnung, was das Internet ist. Deswegen kommt kaum jemand zu ihnen."
    Der Tourismus auf der Krim hat eine Zukunft. Da lässt er sich, 27 Jahre alt und von energischer Ausstrahlung, nicht beirren.