Mittwoch, 24. April 2024

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"Train Songs"

Nicht zwangsläufig bedeutet die Mischung von unterhaltend und ernst substanziellen Verlust, nicht automatisch ist Crossover ein Synonym für florierenden Absatz und leichten Konsum. An der Begegnung von Musikern, Instrumenten und Stilen verschiedener Zeiten und Genres können Resultate erwachsen, die scheinbar Verbrauchtes erneuern, sattsam Bekanntes mit anderen Ohren wahrnehmen lassen und zu einem neuen Hören ermuntern. Solches gilt zum Beispiel für das österreichische Spring String Quartet - ein junges Ensemble, das - zweifellos inspiriert vom amerikanischen Chronos-Quartett - Titel aus Pop und Rockmusik für die klassische Streichquartett-Formation adaptiert. Ihr in 2002 beim Label CCn'C Records erschienenes Album "Train songs" versammelt dreizehn Balladen über das Zugfahren. Ihre Urheber heißen Ian Anderson, Jon Bon Jovi, John Coltrane oder Tom Waits. Im Original erzählen sie von einsamen Reisen auf Schienen, von romantischen Landschaften, von Bahnhöfen, auf denen Liebesgeschichten beginnen und enden. Es sind manche Highlights der Popmusik, die Michael Radanovics zum Teil zu sperrigen, zugleich groovenden Miniaturen überarbeitet hat. Charakteristisch sind der herbe, schneidende Klang, der Drive, der Grenzgang zwischen Rock und Avantgarde - selbst bei einem Titel, der auf Johann Strauss zurückgehen mag. * Musikbeispiel: Strauss/Radanovics, Train de plaisier "Train songs" - instrumentiert von Michael Radanovics für das österreichische Spring String Quartet - auf CD erschienen beim Label CCn'C Records in Eslohe.

Frank Kämpfer | 24.11.2002