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Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt
Beteiligung an Startups durch Universitäten ist umstritten

Das neue Hochschulgesetz in Sachsen-Anhalt soll es Hochschulen erleichtern, sich an Startups zu beteiligen. Der Wissenschafts- und gleichzeitig Wirtschaftsminister sieht dies als Chance. Die Meinungen der Opposition, des Deutschen Startup-Verbands und der Universität Magdeburg gehen auseinander.

Von Christoph Richter | 28.08.2019
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Sachsen-Anhalt befindet sich im Bundesvergleich der Anzahl von Gründungen je 10.000 Erwerbstätigen auf dem vorletzten Platz (imago stock&people)
"Also im Grunde eine Gründungskultur über den Wissenschaftssektor zu etablieren."
Das erhofft sich Sachsen-Anhalts SPD-Wissenschaftsminister Armin Willingmann - der zugleich auch Wirtschaftsminister ist – von dem neuen Hochschulgesetz. Nach der letzten Hochschul-Novelle von 2010 wolle er ein modernes Gesetz, das es den Hochschulen künftig erleichtern soll, sich an Startups und Ausgründungen zu beteiligen:
"Ich glaube, das wird eine der attraktivsten Regelungen in ganz Deutschland. Und wir sollten auch mal versuchen, ein ganzes Stück mehr Freiheitsgrade zu erzeugen, als sie andernorts vorhanden sind."
Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Willingmann moniert, dass es in Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich besonders wenig innovative Gründungen gebe. Die nun geschaffene Möglichkeit der wirtschaftlichen Beteiligung von Universitäten bei Ausgründungen sei eine Chance für das Land Sachsen-Anhalt, heißt es. Laut Angaben der nationalen Förderbank KfW rangiert Sachsen-Anhalt mit 77 Gründungen je 10.000 Erwerbstätigen bundesweit auf dem vorletzten Platz. Auch Jens Strackejahn – der Rektor der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität – erhofft sich damit für den Standort Magdeburg auch mehr Internationalität:
"Und ja, auch was die Studierenden aus dem Ausland angeht, ich kann mir ein bisschen buntere Kultur durchaus vorstellen. Und da ist ein Attraktor die Universität."
Gefahr missbräuchlicher Verwendung
Die Linkspartei – die zweitgrößte Opposition im Magdeburger Landtag – schaut mit gemischten Gefühlen auf das neue Hochschulgesetz. Der Vorstoß der wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten stößt beim Magdeburger Fraktionschef Thomas Lippmann auf Ablehnung. Lippmann sieht die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, beispielsweise durch Rüstungsunternehmen. Hochschulen sollten zuvorderst aber Stätten von Lehre und Wissenschaft sein und keine wirtschaftlichen Akteure, so Lippmann weiter:
"Wir brauchen eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen, sodass sie nicht auf wirtschaftliche Tätigkeiten angewiesen sind. Das ist ja eine Triebkraft, zusätzliches Geld reinzuholen. Wir brauchen stärkere Forschungscluster und stärkere Lehre in vielen Bereichen."
Mit dieser Skepsis kann Paul Wolter vom Deutschen Startup-Verband wenig anfangen. Gründerunterstützungen direkt an den Unis seien genau der richtige Weg, so Wolter weiter. Damit könne künftig der Osten beziehungsweise Sachsen-Anhalt auch von dem Startup-Boom profitieren, so wie er derzeit in Berlin, Hamburg oder München zu beobachten sei:
"Denn wir sehen, dass Hochschulen als Inkubatoren, als Brut- und Keimzellen von Startup-Ökosystemen fungieren und da sehr wichtig sind. Von daher ist das eine gute Idee des Landes Sachsen-Anhalt."
54.000 Studierende gibt es derzeit in Sachsen-Anhalt. Die Langzeitstudierenden unter ihnen können sich freuen, denn die Gebühren für Bummelstudierende werden komplett abgeschafft. 2,8 Millionen Euro haben Sachsen-Anhalts Universitäten und Hochschulen bisher an Langzeit-Studiengebühren eingenommen. Geld, das nun fehlen werde, kritisiert der Magdeburger Uni-Rektor Jens Strackeljahn. Willingmann kann den Unmut verstehen, verspricht den Hochschulen aber einen Ausgleich aus dem Steuersäckel:
"Wir haben uns darauf verständigt, das im Jahr 2020, also nach Inkrafttreten des Gesetzes, noch 50 Prozent der Summe an die Hochschulen ausgereicht werden, im Jahr 2021 noch 25 Prozent."
Ursprünglich sollte im neuen Hochschulgesetz auch die Mitwirkung der akademischen Gremien gestärkt werden, indem man plante die sogenannte Viertelparität einzuführen. Das bedeutet: Dass in den Gremien der jeweiligen Hochschule alle vier Statusgruppen – also Studierende, Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter sowie Technik und Verwaltung – die jeweils gleiche Anzahl von Stimmen besitzen. Um somit die demokratische Mitbestimmung zu stärken. Damit konnte sich Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Armin Willingmann aber nicht durchsetzen. Insbesondere bei der CDU gab es dagegen große Vorbehalte. Doch welche genau, dazu wollte man keine Angaben machen.