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Treffen mit Missbrauchsopfern
Papst Franziskus: "Gott weint."

Auf seiner Reise in die USA hat sich Papst Franziskus mit Missbrauchsopfern der katholischen Kirche getroffen - außerhalb des offiziellen Programms, an einem geheimen Ort. "Es tut mir unendlich leid", sagte der Papst anschließend. Die Verbrechen dürften nicht länger vertuscht werden. Die katholische Kirche in den USA wurde von dem Skandal besonders erschüttert.

Von Tilmann Kleinjung | 27.09.2015
    Papst Franziskus
    Papst Franziskus hat sich in den USA mit Missbrauchsopfern getroffen. (picture alliance/dpa/Fabio Frustaci/Eidon)
    Das Treffen fand außerhalb des offiziellen Programms statt. Bis zuletzt wurden Ort und Zeit geheim gehalten. Franziskus wollte sich mit den Missbrauchsopfern ohne große Öffentlichkeit treffen. Drei Frauen und zwei Männer haben am Morgen dem Papst ihre Leidensgeschichten erzählt. Sie sind als Kinder missbraucht worden. Von katholischen Priestern, von Eltern und Lehrern. "Es tut mir unendlich leid", sagte der Papst anschließend. "Gott weint. Die Geschichten, das Leiden und der Schmerz der Kinder, die von Priestern sexuell missbraucht wurden, belasten mein Herz schwer. Ich empfinde tiefe Scham, dass Menschen, die eigentlich Verantwortung übernehmen sollten, Vertrauen missbraucht und große Schmerzen verursacht haben."
    Der Papst sprach über das Treffen mit den Missbrauchsopfern vor Bischöfen und Kardinälen aus aller Welt, die zum Welttreffen der Familien nach Philadelphia gekommen sind. Franziskus will das kirchliche Leitungspersonal stärker zur Verantwortung ziehen, wenn es bei der Aufsicht versagt. Der Vatikan hat gerade ein eigenes Gericht eingesetzt, das gegen Bischöfe ermittelt, die sexuellen Missbrauch vertuschen: "Die Verbrechen und die Sünden des sexuellen Missbrauchs dürfen nicht länger geheim gehalten werden. Ich verspreche, dass die Kirche ihrer Aufsichtspflicht nachkommt, um Kinder zu schützen und alle Täter zur Rechenschaft zu ziehen."
    Neue Qualität im Kampf gegen sexuellen Missbrauch
    Der Publizist und Jesuitenpater James Martin sagt im Nachrichtenkanal CNN: Mit Papst Franziskus hat der Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche eine neue Qualität erhalten. "Er hat zusätzlich zu den Diözesen die Aufsicht von Bischöfen und Priestern verstärkt. Das ist im Kern mehr als jeder Papst bisher gemacht hat. Er nimmt das sehr ernst. Und er hat das ja nicht zufällig vor Bischöfen und Priesterseminaristen zur Sprache gebracht. Das ist eine ganz starke Botschaft."
    Die katholische Kirche in den USA wurde von dem Missbrauchsskandal besonders heftig erschüttert. Vor etwa 15 Jahren kam heraus, was Kindern in katholischen Schulen, Einrichtungen und Gemeinden zugestoßen ist. Die Fälle von sexuellem Missbrauch reichen bis in die 40er Jahre zurück und haben dem Image der katholischen Kirche schwersten Schaden zugefügt, von den finanziellen Folgen ganz zu schweigen. Auf eine Milliarde Dollar belaufen sich Gerichtskosten und Entschädigungszahlungen. Mehrere Diözesen gerieten an die Grenze des finanziellen Zusammenbruchs. Allein in Philadelphia wurden nach einer staatlichen Untersuchung fast 30 Priester ganz oder vorübergehend suspendiert.