Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Treffen Trump und Lawrow
"Hochproblematisch, dass Geheimdienstdaten mitgeteilt werden"

Hat US-Präsident Donald Trump wirklich Geheiminformationen an Russland weitergegeben? Wenn sich diese Berichte bewahrheiteten, könne das vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Geheimdienstermittlungen zu möglichen Verbindungen des Trump-Teams im Wahlkampf zu Russland die Stimmung weiter anheizen, sagte der Politologe Christian Hacke im DLF.

Christian Hacke im Gespräch mit Christiane Kaess | 16.05.2017
    Der russische Außenminister Sergej Lawrow zu Besuch im Weißen Haus bei US-Präsident Donald Trump.
    US-Präsident Donald Trump soll Sergej Lawrow Informationen weitergegeben haben, die der US-Regierung von verbündeten Geheimdiensten zur Verfügung gestellt wurden. (imago stock&people)
    Hacke zweifelte Trumps Regierungsfähigkeit an: "Die Anzeichen häufen sich, dass offensichtlich dieser Präsident nicht in der Lage ist, die Regierungsgeschäfte ethisch oder auch regierungstechnisch so auszuüben, wie es sich eigentlich gehört." Er halte ihn für politisch relativ unfähig, den Regierungsapparat dieser Weltmacht unter Kontrolle zu bekommen. Das sähen offenbar auch immer mehr gestandene Republikaner so.
    Kräfte bündeln sich gegen Trump
    Man könne davon ausgehen, dass sich nicht nur bei den Demokraten, sondern auch bei den Republikanern die Kräfte bündelten und überlegten, wie sie Trump weiter unter Druck setzen könnten. Langfristig könne dann ein Amtsenthebungsverfahren ins Auge gefasst werden.
    Trumps "Unbeherrschtheit" und Ungeduld bilden nach Hackes Ansicht die größte Gefahr. Da brauche man sich nur eine Situation wie die Kuba-Krise 1963 unter einem Präsidenten Trump vorzustellen, meinte der Politkwissenschaftler. Hacke sagte wörtlich: "Männer machen immer noch Geschichte, und im Moment macht uns das alle hochnervös." Man könne nur darauf setzen, dass die amerikanischen Generäle Trump von unbesonnenen Taten abhielten, gerade in Hinsicht auf Nordkorea.

    Das Interview in voller Länge:
    Christiane Kaess: Die Nachricht hat das politische Washington in höchste Unruhe versetzt. US-Präsident Trump soll bei seinem jüngsten Treffen mit dem russischen Außenminister Lawrow geheime Informationen zur Extremistenmiliz IS preisgegeben haben. Es handele sich dabei um Kenntnisse, die ein Verbündeter im Kampf gegen den IS zur Verfügung gestellt habe. Von dem Fall hatte zunächst die Zeitung "Washington Post" berichtet. Das US-Präsidialamt wies den Bericht als falsch zurück.
    Darüber sprechen möchte ich mit Christian Hacke. Er ist Politikwissenschaftler und USA-Experte und am Telefon. Guten Tag, Herr Hacke!
    Christian Hacke: Seien Sie gegrüßt!
    Kaess: Herr Hacke, sollte sich das bestätigen, was würde das bedeuten?
    Hacke: Ja das ist im Moment schwer abzuschätzen. Es könnte natürlich auch so gedreht werden, dass man sagt, es wäre jetzt wichtig, die Zusammenarbeit im Kampf gegen den IS fortzusetzen. Aber natürlich gegenüber einem solchen Land wie Russland ist das hoch problematisch, dass hier nun hohe Geheimdienstdaten mitgeteilt werden. Das bleibt zunächst abzuwarten und muss natürlich auch im Gesamtkontext gesehen werden der Vermutung, dass umgekehrt Russland oder Putin unter Umständen den Wahlkampf beeinflusst hat. Wenn das alles zusammenkommt, würde das die Stimmung weiter anheizen, denke ich.
    "Das ist eine sehr schwierige Gemengelage"
    Kaess: Werden wir denn oder glauben Sie, dass wir rausfinden werden, ob es stimmt? In der Presse heißt es ja, das käme aus Regierungskreisen, diese Information.
    Hacke: Das ist schwer abzuschätzen. Das kann man im Moment noch nicht übersehen. Aber auf jeden Fall kann ich es mir nicht vorstellen, dass es aus den amerikanischen Geheimdienstkreisen kommt, denn die halten bei solchen Sachen dicht und die sind absolut auf die Sicherheit der USA abgestellt und gerade das FBI ist ja nun dabei, auch weiter zu ermitteln gegen Präsident Trump. Das ist eine sehr schwierige Gemengelage, denke ich. Wenn, dann kommt es sicherlich aus den Regierungskreisen selbst beziehungsweise aus dem Weißen Haus oder der Umgebung von Donald Trump, oder vielleicht auch von ihm direkt. Das weiß man nicht.
    "Keine Sache von heute oder morgen, ein Amtsenthebungsverfahren ins Auge zu fassen"
    Kaess: Aber das hieße ja, Herr Hacke, dass die eigene Regierung Trump nicht mehr unterstützen würde.
    Hacke: Das könnte man so sehen und ich denke, die Anzeichen häufen sich, dass offensichtlich dieser Präsident nicht in der Lage ist, die Regierungsgeschäfte ethisch oder auch regierungstechnisch so auszuüben, wie es sich eigentlich gehört. Und wir können davon ausgehen, dass nicht nur bei den Demokraten, sondern auch bei den Republikanern sich zunehmend die Kräfte bündeln und überlegen, wie gibt es Möglichkeiten, den Präsidenten weiter unter Druck zu setzen, um dann vielleicht langfristig – das ist keine Sache von heute oder morgen – dann unter Umständen auch ein Amtsenthebungsverfahren ins Auge zu fassen.
    Kaess: Könnte es in dieser Sache dazu kommen, wenn sich diese Berichte bestätigen sollten? Denn wir haben gerade von unserem Korrespondenten vorhin gehört, dass das rechtlich eigentlich in Ordnung ist, selbst wenn Trump etwas weitergegeben hatte, weil er dazu eigentlich rechtlich in der Lage ist.
    Hacke: Wissen Sie, die eine Sache ist die Rechtsfrage insgesamt, überhaupt was jetzt die Trump-Problematik anbelangt. Das andere ist die klimatische. Nehmen Sie zum Beispiel auch die Angelegenheit, als er aus sieben muslimischen Staaten die Einreiseverbote verkündet hatte und damit natürlich rechtlich nicht durchgekommen ist. Das ist die eine Ebene, die beruhigt hat. Aber die andere Ebene ist natürlich die, dass er das Klima dadurch so massiv verändert hat, dass nun hier immer weniger muslimische Einreisemöglichkeiten geschaffen wurden, dass freiwillig schon nach Amerika nicht mehr in dem Umfang gereist werden will, wie das früher war.
    Recht, Justiz und Klima in der Wechselwirkung, das ist das Schwierige, was man hier näher erläutern muss, und nun muss man abwarten. Hier glaube ich schon, dass die Geheimdienste eine andere Auffassung haben, auch eine strengere Auffassung und sagen, solche sensiblen Daten an eine Macht wie Russland weiterzugeben, in dieser schwierigen konfrontativen Situation, in der Gemengelage mit Blick auf Syrien und anderswo, das ist problematisch.
    Er wird natürlich umgekehrt sagen, er hat schon immer dafür plädiert, dass die Amerikaner mit den Russen Gemeinsamkeiten suchen sollen bei der Bekämpfung des IS und im Kampf gegen den Terror. Das ist eine ganz schwierige Situation im Moment.
    Kaess: Kann es auch sein, Herr Hacke, noch kurz zum Schluss, dass Trump einfach naiv ist? Denn so wie sich das jetzt liest in der Presse, soll er da gesagt haben, er hat großartige Geheimdienstberichte und quasi auf diesem Weg so nebenbei, sage ich mal ganz salopp, irgendwelche wirklich sensiblen Informationen ausgeplaudert. Halten Sie ihn für naiv oder trifft das nicht zu?
    "Die Unbeherrschtheit von Trumps Temperament ist die wirkliche Gefahr"
    Hacke: Ich halte ihn für politisch bisher relativ unfähig, diesen Regierungsapparat der Weltmacht unter Kontrolle zu bekommen und das scheinen, vermutlich auch immer mehr Republikaner, gestandene Republikaner zu sehen, und darin liegt die Hauptgefahr.
    Es ist die Unbeherrschtheit seines Temperaments und natürlich auch die Ungeduld, und das ist die wirkliche Gefahr. Nehmen Sie eine Situation wie meinetwegen die Kuba-Krise 1963 und stellen sich einen Präsidenten Trump vor. Männer machen immer noch Geschichte und im Moment macht uns das ja auch alle hoch nervös, dass wir sagen, wir können nur darauf setzen, dass meinetwegen die amerikanischen Generale ihn (Stichwort Nordkorea) von irgendwelchen unbesonnenen Taten abhalten. Die Situation ist mehr als brandgefährlich und ich denke, dass ein Empeachment-Verfahren langfristig nicht auszuschließen ist.
    Kaess: Sagt Christian Hacke, Politikwissenschaftler und USA-Experte. Danke für Ihre Zeit heute Morgen, Herr Hacke.
    Hacke: Ich danke Ihnen auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.