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Treibhausgasemissionen
Industrie springt Staaten bei

Klimaschutz. - Industrie- und Schwellenländer zaudern zu stark beim Klimaschutz. Das wurde auf der letzten Vorbereitungsrunde für den diesjährigen Klimagipfel deutlich, die jetzt in Bonn zu Ende ging. Die Industrie stieg in den Ring und stellte koordinierte Anstrengungen bei der Verringerung der Methanemissionen vor.

Von Volker Mrasek | 24.10.2014
    Am Kurs, den die Welt beim Ausstoß von Treibhausgasen steuert, zeichnen sich auch vor dem inzwischen 20. Klimagipfel keine Veränderungen ab. Niklas Höhne, Direktor für Energie- und Klimapolitik bei der Beratungsfirma Ecofys, weiß, wozu das führen kann, dieses "Weiter so wie bisher":
    "Wenn man berechnet, wie stark sich die Temperatur erhöhen würde, dann sind wir bei ungefähr 3,7 Grad. Und das ist natürlich sehr weit weg von dem allgemeinen Ziel von zwei Grad."
    Was die Staaten bisher anbieten, um ihren Treibhausgasausstoß zu senken, reicht noch lange nicht aus. Klimaforscher sprechen von einer Emissionslücke, die noch geschlossen werden muss, damit die Erde nicht in ein zu heißes Klimaregime abdriftet. Jahr für Jahr stoßen die Länder der Erde mehr CO2 und andere Treibhausgase aus. Inzwischen sind es rund 50 Gigatonnen; also 50 Milliarden Tonnen jährlich. Spätestens 2020, so Höhne, müssten die Emissionen sinken:
    Niklas Höhne: "Sieht aber jetzt so aus, dass, wenn wir so weitermachen wie bisher, dass wir bei 55, 56 Gigatonnen sind. Das bedeutet, wir haben eine Lücke von ungefähr zehn Gigatonnen. Das sind 20 Prozent der heutigen Emissionen. Das ist sehr beträchtlich."
    Wie kann diese Lücke verkleinert oder sogar geschlossen werden? Bei der Bonner Verhandlungsrunde legt Ecofys dazu jetzt ein Strategiepapier vor, unter anderem gemeinsam mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Es richtet sich an die USA und China, die beiden größten Klimasünder.
    "Wenn die USA zum Beispiel ambitionierte Emissionsstandards für Autos einführen würden, noch mehr Förderung für Erneuerbare Energien umsetzen würden und insbesondere Energieeffizienz in Gebäuden. Auf der chinesischen Seite geht's auch um die Förderung von Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in Gebäuden und in der Industrie. Wenn die beiden Länder das tun würden, dann würde die Lücke im Jahr 2020 um 25 Prozent verringert werden. Wir gehen eigentlich davon aus, dass wenn alle Länder ähnliche Maßnahmen umsetzen, dass dann die Lücke auch geschlossen werden kann."
    Unternehmen engagieren sich im Klimaschutz
    Wenn da nur das Wörtchen "wenn" nicht wäre. Im Moment lassen beide Großmächte jedenfalls neue Klimaschutz-Ansätze noch immer vermissen. Unter Umständen sind es nicht Länderregierungen, sondern Unternehmen, die neuen Schwung in den Klimaschutz bringen. So wollen jetzt sieben große Konzerne gemeinsam testen, wie sie den Austritt von Methan bei der Öl- und Gasförderung verhindern können. Methan ist mehr als 20 Mal so klimaschädlich wie CO2. Die neue Initiative ging vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP aus. Dort gibt es ein Projekt, um den Gehalt von Ruß, Methan und weiteren Stoffen in der Luft zu reduzieren, die das Klima ebenfalls aufheizen. Die Schwedin Helena Molin Valdés leitet das Projekt-Sekretariat:
    "Jede Firma führt eine eigene Studie durch. Und untersucht dabei neun verschiedene Stationen im Produktionsprozess, an denen Methan austreten kann. Dann sollen Maßnahmen ergriffen werden, um die Lecks zu schließen. Außerdem wollen wir noch weitere Ölkonzerne mit ins Boot holen."
    Sinnvoll wäre es zudem, das Abfackeln von Methan auf Bohrinseln und in Produktionsfeldern einzuschränken. Wie die Sekretariatschefin sagt, laufen hier inzwischen erste technische und finanzielle Machbarkeitsstudien. Verringern könnte man außerdem den Eintrag von Ruß in die Atmosphäre, vor allem durch die stärkere Verbreitung von Diesel-Filtern. Und dann sind da noch fluorhaltige Kältemittel in Kühl- und Klimaanlagen, die immer mehr eingesetzt werden, weil sie die Ozonschicht nicht schädigen. Leider heizen diese Industriegase aber das Klima stark auf.
    Molin Valdés: "Wir könnten die Emission von Ruß, Methan und fluorhaltigen Kältemitteln ohne weiteres reduzieren. Die Technologie steht heute schon zur Verfügung. Nach unseren Computermodellen wäre es möglich, den Treibhauseffekt dieser Substanzen fast zu halbieren. So hätten wir größere Chancen, das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen."
    Das entbindet die Regierungen allerdings nicht von ihren Klimaschutz-Verpflichtungen. Am wichtigsten ist nach wie vor, dass Industrie- und Schwellenländer ihren CO2-Ausstoß massiv drosseln.