Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Trinationaler Studiengang
Grenzen überwinden - Europa erleben

Frühstück im südbadischen Lörrach, Vormittags-Vorlesung im schweizerischen Basel und abends eine Arbeitsgruppe im französischen Elsass. Für die rund 200 Studierenden des bisher einzigartigen Studiengangs "International Management Trinational" ist das gelebter Hochschulalltag.

Von Thomas Wagner | 09.11.2017
    Wegweiser nach Deutschland und nach Frankreich
    Wegweiser nach Deutschland und nach Frankreich (imago stock&people)
    "Haben wir schon eine Antwort bekommen wegen der Wohnung? Ich weiß nicht. Wir müssen die Schweizer noch heute Abend treffen. Sie warten noch auf eine Antwort. – Attend, attend – il m’apelle….travailler avec…."
    Von einem Augenblick zum anderen wechselt das Gespräch von Deutsch auf Französisch: Das kommt öfters vor, wenn Sarah Hollederer, Louise Magimel und Robin Le Normand auf dem Campus Lörrach der Dualen-Hochschule Baden-Württemberg zusammensitzen. Die drei haben eines gemeinsam: Sie studieren "International Business Trinational" – ein Studiengang, der gemeinsam von der Dualen Hochschule, der Fachhochschule Nordwestschweiz Basel und der Université Haute-Alsace Colmar angeboten wird.
    "Man hat diesen IBM-Studiengang gegründet mit der Zielsetzung, die schweizer, die deutschen und die französischen Akademiker enger aneinander zu binden. Natürlich wollte man den europäischen Gedanken damit auch festigen."
    So Professor Wolfgang Schmid-Grotjohann, Studienleiter auf deutscher Seite. Bei "International Business Trinational" handelt es sich um einen dualen Bachelor-Studiengang. Das heißt, dass sich an ein Theoriesemester, das abwechselnd an einer der drei Partnerhochschulen stattfindet, jeweils ein Praxissemester in einem Betrieb anschließt. Unterrichtet wird mal auf Französisch, mal auf Deutsch – und mal auf Englisch als wohl wichtigste Wirtschaftssprache.
    Was kann man vom Nachbarn lernen?
    Doch beim trinationalen Studiengang geht es um weitaus mehr als um eine Verbesserung der Sprachkompetenz. Vieles dreht sich um die Frage: Was kann man lernen vom Nachbarn, der gerade neben einem sitzt und meistens nicht aus dem eigenen, sondern eben aus einem Nachbarland kommt? Denn auch die Studierenden kommen fast zu gleichen Teilen aus der Schweiz, aus Frankreich und aus Deutschland. Sarah Hollederer aus dem Elsass und Louise Magimel aus Toulouse, zwei Drittsemester:
    "Interkulturelles Management – in IBM ist man täglich damit konfrontiert. Man macht viele Gruppenarbeiten. Deshalb muss man wirklich lernen, mit Leuten aus verschiedenen Kulturen und Ländern zusammenzuarbeiten. Und das hilft uns. Also die Schweizer sind mehr strukturiert. Deshalb ziehen sie uns Franzosen auf. Und das hilft uns."
    "Da ist das so wie in kleinen Firmen: Das finde ich interessant dass wir von den anderen in unserem Studiengang lernen, wie es später sein wird, wenn wir mal in internationalen Firmen arbeiten werden."
    Véronique Caron, Studienleiterin der französischen Partner-Uni in Colmar, nickt zustimmend – und führt ein anschauliches Beispiel an:
    "Stichwort Pünktlichkeit: Die preußischen Werte sind natürlich nicht nach Paris gekommen. Da hält man es ein bisschen lockerer sozusagen. Das ist auch ein Punkt, mit dem die Studenten im Alltag konfrontiert werden, zum Beispiel in den Gruppenarbeiten: Wie plant man eine Gruppenarbeit zwischen Franzosen, Deutschen und Schweizern? Und da lernen unsere Studenten, nicht nur das Schöne der Trinationalität zu teilen, sondern unter Umständen auch die Konfliktbewältigung auf die Beine zu stellen: Wie kommen wir miteinander klar?"
    Frankreich hat ein eher hierarchisches Management
    Und gerade solche Kompetenzen sind später einmal für einen Job in einem international aufgestellten Unternehmen von ganz entscheidender Bedeutung. Und auch solche Fragen spricht der Studiengang an:
    "Wie läuft das Management in der Schweiz ab? Wie denken französische, wie denken deutsche Manager? Das lernen die hier schon im zarten Alter von 20, 22 Jahren. In Frankreich gibt es ja ein eher hierarchisches Management, in Deutschland ist es eher kooperativ. Und in der Schweiz ist es wieder ein bisschen was anderes. Und das lernen die alles bei uns hier."
    Erläutert Studienleiter Wolfgang Schmid-Grotjohann. Vor allem aber lernen die Studierenden eines: Grenzen überwinden.
    "Wir wohnen hier in Deutschland, in Lörrach. Dann gehen wir in den Unterricht nach Basel. Und manchmal, am Abend, gehen wir nach Frankreich – sehr oft überqueren wir drei Grenzen pro Tag."
    Diese Form von erlebbarem Europa ist für Studierende wie Louise Magimel und Robin le Normand viel wichtiger als so manche trockene Vorlesung.
    "Jetzt hören wir jeden Tag von Deutschland, von der Schweiz, von Frankreich. Unsere Meinungen sind mehr geöffnet. Die drei Länder immer vergleichen – das find ich toll, weil wir ja nicht in einem Land sind, sondern in drei jeden Tag."

    "Ich denke mal, dass Politiker sich auch an uns ein Beispiel nehmen können, weil wir die Zukunft sind, weil wir Europa prägen jeden Tag."