Dienstag, 16. April 2024

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Trüffelanbau im Rheinland
Das Gold der Gourmets

Trüffel verstecken sich nicht nur in französischen oder italienischen Böden. Auch im Rheinland zwischen Bonn und Koblenz hat der Koch Jean-Marie Dumaine die kostbaren Pilze vor 15 Jahren wiederentdeckt. Sammeln und verkaufen darf mann die wilden Trüffel allerdings nicht. Der Verein Ahrtrüffel e.V bewirtschaftet deshalb eine besondere Plantage.

Von Tim Schauenberg | 09.07.2017
    Der Koch und Restaurantbesitzer Jean-Marie Dumaine trainiert am 22.12.2016 in seinem Trüffelgarten hoch über dem Ahrtal bei Sinzig (Rheinland-Pfalz) mit seinem Hund Alba die Trüffelsuche. Die unterirdischen Knollenpilze gehören zu den teuersten Lebensmitteln der Welt. (Zu dpa «Edle Esspilze aus der Erde - Immer mehr Trüffelplantagen» vom 03.01.2017) Foto: Thomas Frey/dpa | Verwendung weltweit
    Der Koch und Restaurantbesitzer Jean-Marie Dumaine sucht mit seinem Hund Alba auf Trüffel. (dpa)
    Labrador Alba ist schon aufgeregt, als sich der Kofferraum öffnet und seine Pfoten den regennassen Waldboden berühren. Endlich kann es losgehen. Für den jungen Hund ist es kein normales Gassigehen. Heute darf er die Fährte aufnehmen. Aber nicht nach Kaninchen oder Fuchs, sondern nach einem der teuersten und kulinarisch wertvollsten Pilzen der Welt. Heute geht es auf Trüffelsuche. Jenem Edelpilz, für den Feinschmecker und Restaurants mehrere hundert bis tausend Euro pro Kilo zahlen. Er wächst nur an ganz besonderen Stelle unter der Erde auf Baumwurzeln und ist sehr schwer und nur mit Hilfe einer Spürnase zu finden.
    "Cherche, Alba, cherche! Wo ist der Trüffel?"
    "Such, Alba, such", befiehlt sein Herrchen, der französische Koch -, und hält ihm dabei eine schwarzen und raue Knolle eines Burgundertrüffel unter die Nase. Er riecht ganz eigenartig nach Pilz und etwas anderem, das ich bisher noch nicht kannte. Nach Trüffel eben. Der Hund hat verstanden und verschwindet im Gebüsch. Für die Schatzsuche ist Jean-Marie Dumaine nicht etwa in die weltberühmten Trüffelhochburgen nach Frankreich, Spanien oder in den Piemont nach Italien gefahren. Er sucht Mitten in Deutschland. In einem Waldstück im Ahrtal bei Sinzig im Rheinland. Zehn Minuten von seiner Haustür entfernt. Vor 30 Jahren kam er nach Deutschland und eröffnete ein Restaurant, vor 15 Jahren machte der Gourmet hier dann einen Fund, von dem er heute noch schwärmt.
    "Von Einheimischen habe ich es zuerst gehört, aber das waren meistens Zufallsgeschichten beim Wurzelausgraben oder so. Dann bin ich dem mit französischen Trüffelsuchern weiter nachgegangen. Die sind mit ihren Hunden nach Sinzig gekommen und wir sind fündig geworden. In vier Stunden haben wir 800 Gramm Trüffel gefunden. Das war eine Sensation. Es war gigantisch. Es war einer der schönsten Tage meines Lebens muss ich sagen. Mit der Hochzeit meiner Frau".
    Wer bis zu diesem Zeitpunkt die wertvollen Pilze finden oder kaufen wollte, hatte sich eher im mediterranen Raum Europas, in China oder Australien umgesehen. Nicht in Deutschland, hier importiert man jährlich über 10 Tonnen des schwarzen Goldes. Das man nur hierzulande keine Trüffel findet, ist allerdings ein Irrglaube, der sich hartnäckig hält. Wo die aromatische Knolle wächst, hängt vor allem mit dem Böden zusammen, weiß die Geologin Susanne Brünning-Schmitz. Sie ist auch mit von der Partie und hat damals für Dumaine geeignete Stellen in der Umgebung ausfindig gemacht.
    "Hier war das! Wir können hier mal eben durchgehen."
    Gute Bedingungen für Trüffel
    Wir gehen auf einem erhöhten Streifen Waldstück, über mit Efeu und Laub bewachsenen Boden. Links und rechts fallen zwei Meter tief wurzelbewachsene Erdwände ab. Die Wege unten in der Senke sind Teile der ehemalige Krönungsstraße zwischen Frankfurt und Aachen im Mittelalter. Sie schlängeln sich weit und verzweigt in den Wald hinein. Die Geologin Susanne Brünning-Schmitz nennt sie Hohlwege, die sich durch die jahrhundertelange Nutzung mit Vieh und Fuhrwerken tief in das Gelände geschnitten haben. Sie sind typisch für den Lössboden in der Gegend, der vor allem hier entscheidend für das Trüffelwachstum sei, sagt Susanne Brünning-Schmitz.
    "Wir haben hier ehemalige Meeresböden, die sind verfestigt zu Schiefer. Und auf und dem Schiefer haben sich dann später die Lössablagerungen gebildet. Und der Löss ist ein sehr fruchtbarer Boden, sehr luftiger Boden, ist wasserdurchlässig und hat eine gewissen Kalk Beimengung und bildet deshalb eine gute Grundlage für das Wachstum der Trüffel.'"
    Insgesamt neun verschiedene Arten hat man in der Gegend bereits gefunden. Das spricht für das die guten Verhältnisse auf die der Pilz hier trifft. Die häufigsten Sorten sind der Sommer- und der Burgundertrüffel. Mit Preisen ungefähr zwischen vier- und sechshundert Euro das Kilo, gehören sie allerdings noch zu den günstigeren Varianten ihrer Art.
    Inzwischen sind wir weiter in den Wald vorgedrungen, es hat wieder begonnen zu regnen, als Alba eine Spur wittert.
    Er kratzt mit der Pfote auf einer Stelle nicht weit entfernt vom Weg. Das Zeichen: Hier könnte was sein! Jean Marie Dumaine eilt schnell herbei. Denn auch Trüffelhunde sind, wie ihre Kollegen die Trüffelschweine, dem Leckerbissen nicht abgeneigt. Dumaine kratzt mit einem Messer ein wenige Zentimeter tiefes Loch, tief sind Trüffel in der Regel nicht vergraben.
    "Wenn Trüffel darin wären, dann riecht der ganze Boden. Dann kann ein Mensch es auch riechen."
    Leider nichts. Kurz darauf steht Jean-Marie Dumaine an einer Wiese am Wegesrand und zeigt auf eine unscheinbare Hecke. Trüffel brauchen nicht nur den richtigen Boden, sondern vor allem die richtigen Pflanzen an deren Wurzeln sie wachsen können.
    "Das ist eine Haselnuss, die sieht man schon. Haselnuss, Wildkirschen, Klematis ist auch eine Aussage. Weißdorn, Schlehen. Im Prinzip ist es eine Symbiose, in der die Trüffel mit ihrer Umwelt leben. Der Trüffel braucht dem Baum, um überhaupt geboren zu werden und später zur Ernährung. Das ergänzt sich alles."
    Wilde Trüffel stehen unter Naturschutz
    Obwohl sich unser Spürhund reichlich Mühe gibt, einen Trüffel findet er heute nicht. Aber auch wenn er mehr Glück gehabt hätte, hätten wir sie nicht mitnehmen dürfen. Wilde Trüffel stehen in Deutschland unter Naturschutz. Der Verzehr und der Verkauf sind verboten.
    Für Dumaine bei seinem ersten Fund vor 15 Jahren noch ein Schock. Doch statt sich den Trüffel vom Brot nehmen zu lassen, gründete er den Verein Ahrtrüffel e.V. Mit ihm nutzt er den guten Boden in Sinzig nun auf eine andere Art. Der Verein baute ein Anlage direkt am Waldrand und pflanzte dort rund 200 Bäume speziell für den Trüffelanbau. Damit erweckten er eine längst vergessene Landwirtschaft wieder zum Leben: Trüffelanbau auf Trüffelplantagen! Im französischen Fachjargon auch Truffière genannt. Auf Plantagen dürfen Trüffel auch in Deutschland angebaut und geerntet werden. Die Plantage war die erste in Deutschland seit über hundert Jahren.
    "Das ist die erste in diesem Jahrtausend, früher gab es bereits Truffièren, um die 20er-Jahre. Aber wir haben die erste Truffière angelegt, seitdem die ganze Sache mit Trüffelanbau in Vergessenheit geraten ist", sagt der Pilzsachverständige Frank Kajewski, einer der 40 trüffelbegeisterten Mitglieder des Vereins. In Frankreich erwirtschaftet man heute rund 80 Prozent der Trüffelerträge durch die Kultivierung der Pilze. Einfach ist es deshalb noch nicht und Geduld muss man mitbringen. Zwischen drei und zehn Jahren könne es dauern, bis man die ersten Erträge sieht, wenn man Pech hat, klappe es gar nicht, sagt Kajewski und erklärt, wie man den Trüffel in die Erde bringt:
    "Es ist so, dass die Bäume geimpft sind mit Trüffelsporen. Das heißt, ich ziehe mir dort eine Eiche oder eine Haselnuss und infiziere sie mit einem Sporenpüree und dann setzt die die Mykifizierung ein, also die Entstehung der Pilzwurzel. Aber es ist wie immer so. Genau wie in der Fischerei, man setzt 200.000 Fische aus und vielleicht werden davon fünf erwachsen."
    Die Bäume auf der Plantage wurden allesamt mit einheimischen, also im Ahrtal gefundenen Trüffeln und deren Sporen geimpft. Geht es um den Anbau und die Vermehrung der Pilze, macht das Naturschutzgesetz eine Ausnahme. Nach neun Jahren des Wartens und der Pflege der Sinziger Trüffelplantage, gab es dann im letzten Jahr Grund zum Feiern. Vier kleine Pilzknollen konnten geerntet werden. Nicht viel möchte man meinen, doch für Kajewski und Dumaine ein weiterer Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Wichtig ist für sie, dabei nicht die Menge oder die Grüße der Pilze, sondern, dass es überhaupt geklappt hat. Denn wo einmal Trüffel sind, werden immer mehr wachsen.