Freitag, 19. April 2024

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Trumps Absage an Atomabkommen
"Rohanis Schicksal ist mit diesem Abkommen verbunden"

Der iranische Präsident Rohani will an dem Atom-Abkommen festhalten - trotz der Absage der USA. Bahman Nirumand, iranisch-deutscher Schriftsteller, deutet dies als Zeichen dafür, dass sich Rohani in einer innenpolitischen Zwangslage befindet. Da er das Abkommen gegen Widerstände im eigenen Land durchgesetzt habe, sei seine Position durch Trumps Rückzug geschwächt.

Bahman Nirumand im Gespräch mit Martin Zagatta | 14.10.2017
    Der Präsident des Iran, Hassan Ruhani, wartet am 25.09.2014 in New York (USA) am Rande der UN-Generalversammlung auf ein Gespräch mit dem deutschen Bundesaußenminister Steinmeier (SPD).
    Durch die Absage Trumps an das Atomabkommen befände sich Rohani, als Vertreter einer liberalen Richtung, innenpolitisch in einer Zwangslage, sagte Schriftsteller Bahman Nirumand im Dlf (picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt)
    !Martin Zagatta:!! Der Iran will trotz der Beleidigungen, so sagt Präsident Rohani, an dem Atomabkommen festhalten, die Reaktionen in Teheran fallen also verhältnismäßig zurückhaltend aus. Ist das ein gutes Zeichen?
    Deshalb die Frage an den iranisch-deutschen Schriftsteller Bahman Nirumand, diese Zurückhaltung, wie wertet er das, ist das ein gutes Zeichen?
    Bahman Nirumand: Das ist ein Zeichen dafür, dass Rohani alle Karten auf dieses Abkommen gesetzt hat, schon vor vier Jahren, und er hoffte, dadurch die Wirtschaft, die in einem katastrophalen Zustand war, neu in Schwung zu bringen. Das ist bisher nicht gelungen, und ich denke, das Schicksal Rohanis ist mit diesem Atomabkommen verbunden.
    Die Hardliner im Iran waren schon immer gegen dieses Abkommen, und man hört jetzt nur hämische Äußerungen von deren Seite. Es ist gefährlich für Rohani, denke ich, und deswegen versucht er alles jetzt darauf zu setzen, damit dieses Abkommen bestehen bleibt.
    Zum Glück für ihn und für den Weltfrieden, würde ich sagen, haben die Europäer bisher – also Deutschland, Großbritannien und Frankreich – an dem Abkommen festgehalten, und sie haben erklärt, dass sie weiterhin daran festhalten würden.
    Ich hoffe, sie bleiben bei dieser Position. Auch Russland und China haben erklärt, dass sie das Abkommen weiterführen wollen, und im Augenblick sind die USA in der Isolation.
    "Das ist eine Zwangslage, in der sich Rohani befindet"
    Zagatta: Ist das tatsächlich so, wie Sie das einschätzen, dass Rohani da jetzt gefährdet ist, also wird er durch diese Politik von Trump jetzt tatsächlich geschwächt, oder könnte seine Position sogar gestärkt werden, weil da rückt ja jetzt die Position von Rohani und die der Hardliner im Widerstand gegen Trump auch irgendwie zusammen.
    Nirumand: Ja, das ist eine Zwangslage, in der sich Rohani befindet. Er kann jetzt nichts anderes tun, als sich mit den Hardlinern zusammenzuschließen. Der äußere Feind ist jetzt für alle sichtbar, und natürlich kann er jetzt nicht auch gegen die Hardliner vorgehen, sondern er muss die Reihen schließen sozusagen.
    Das ist natürlich eine Schwäche für ihn, weil da die Auseinandersetzung, die seit Rohanis Regierungsübernahme vor mehr als vier Jahren zwischen den Reformern und Hardlinern geführt worden ist und für viele Menschen die Hoffnung brachte, das Land würde sich liberalisieren, das Land würde sich nach außen öffnen, es würden demokratische Zustände im Iran herrschen, diese Hoffnung geht damit verloren, wenn Rohani sich zusammenschließt mit den Hardlinern. Und dadurch verliert er seine Basis, die eine Veränderung der Zustände im Iran haben wollen.
    "Der Handel zwischen Iran und dem Westen wird noch schwieriger werden"
    Zagatta: Sie haben das vorhin ja gesagt, wieso hat denn die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen dem Iran wirtschaftlich jetzt offenbar nicht so sehr geholfen, den Menschen?
    Nirumand: Ja, weil die Großunternehmen und Großbanken immer noch amerikanische Sanktionen befürchten und nicht bereit sind, im Iran zu investieren – Investitionen, die Iran dringend braucht, um wirtschaftlich weiterzukommen. Und das wird natürlich jetzt mit den neuen Sanktionen, die die Amerikaner vor allem gegen die Revolutionsgarden beschlossen haben, noch verschärft.
    Das heißt, der Handel zwischen Iran und dem Westen auf jeden Fall wird noch schwieriger werden und dadurch auch die Position Rohanis schwächen. Ich verstehe überhaupt nicht, wieso die USA es verhindern wollen, dass im Iran diese Auseinandersetzung zwischen den Fundamentalisten, den Hardlinern und den Reformern nicht weitergeführt wird. Anstatt die Liberalen im Iran zu unterstützen, die Regierung Rohanis zu unterstützen, damit Iran sich auch in Bezug auf die Menschenrechte verändert, unternehmen sie Schritte, die tatsächlich den Hardlinern zugute kommen.
    "Die Wirtschaft ist in einem katastrophalen Zustand"
    Zagatta: Herr Nirumand, der Iran ist ja aus westlicher Sicht nach wie vor auch ein aggressiver Staat, der auf Gewalt setzt in der ganzen Region, da stellt sich ja die Frage: Warum hält sich das Regime in Teheran überhaupt an diesen Atomwaffenvertrag?
    Nirumand: Die Wirtschaft ist ja in einem katastrophalen Zustand, und selbst die Hardliner wissen, dass im Falle der Fortsetzung der Sanktionen es sehr schwierig werden wird und es sicherlich zu sozialen Unruhen kommen wird, und deshalb, wohl oder übel, haben sie auch diesem Abkommen zugestimmt.
    Wenn jetzt wieder die Tore geschlossen werden oder halbwegs geschlossen werden, wenn Iran sich nicht mehr mit der Außenwelt in Beziehung setzen kann, Handel betreiben kann und vor allem, wenn ausländische Investitionen fehlen, dann wird es wirtschaftlich noch schwieriger werden, und es ist überhaupt für das Land dann ziemlich gefährlich.
    Zagatta: Der iranisch-deutsche Schriftsteller Bahman Nirumand heute Mittag im Deutschlandfunk. Herr Nirumand, danke schön für dieses Gespräch!
    Nirumand: Ich danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.