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Tschechien
Den Sozialdemokraten droht der Pleitegeier

Nach der demokratischen Wende 1989 erstritten sich die tschechischen Sozialdemokraten die Rückgabe ihrer Prager Parteizentrale. Das kostet sie nun 12,5 Millionen Euro - die Summe, die sich ihr damaliger Anwalt als Provision hatte zusichern lassen. Um die Partei vor der Pleite zu retten, soll jetzt eine Spendenaktion gestartet werden.

08.04.2016
    Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka, aufgenommen am 04.12.2014 in der Repräsentanz von Bayern in Tschechien in Prag.
    Das Geld reiche nur noch für einen Schmalspur-Wahlkampf, so Parteichef und Ministerpräsident Bohuslav Sobotka. (picture alliance / dpa / Armin Weigel)
    Die stolze Summe von 12,5 Millionen Euro müssen die tschechischen Sozialdemokraten an einen Anwalt überweisen. So das Urteil eines Prager Stadtgerichtes. Hintergrund ist ein verlorener Rechtsstreit um eine Anwaltsprovision für einen Prozess in den 90er Jahren. Mit einem eisernen Sparkurs will die Regierungspartei nun die drohende Pleite verhindern.
    Drei Tage haben die Sozialdemokraten nun Zeit ihre Schuld zu begleichen. Fieberhaft sucht die Regierungspartei nach einem Kreditgeber. Ein eiserner Sparkurs soll helfen, die akuten Finanznöte zu bewältigen. Schon für die Regionalwahlen im Herbst kündigt Parteichef und Ministerpräsident Bohuslav Sobotka einen Schmalspur-Wahlkampf an:
    10 Prozent Provision für den ehemaligen Anwalt der CSSD
    "Wir werden überall die Betriebskosten senken. Wir sparen vor allem bei den laufenden Ausgaben. Immobilien werden wir aber nicht verkaufen."
    Doch genau der Immobilienbesitz der alt-ehrwürdigen Arbeiterpartei ist der Grund für die aktuelle Finanzmisere der Genossen. Nach der demokratischen Wende 1989 erstritt die wieder gegründete CSSD in einem langen Prozess die Rückgabe ihrer Prager Parteizentrale. Ihr damaliger Anwalt Zdenek Altner hatte sich eine zehnprozentige Provision des Immobilienwertes zusichern lassen. Jahrelang verweigerten die Sozialdemokraten jedoch die Zahlung des vollen Erfolgshonorars. Nun macht das Urteil des Prager Stadtgerichtes wegen der hohen Vertragsstrafen den inzwischen pensionierten Anwalt zu einem schwerreichen Mann. Zdenek Altner ist hochzufrieden:
    "Das ist eine gerechte Strafe. Die CSSD hat so viele Jahre ihre Verpflichtungen nicht erfüllt."
    "Ein sehr dummer Vertrag"
    Tatsächlich gibt es keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des damaligen Vertrages. Zwar prüft die sozialdemokratische Parteiführung noch eine mögliche Revision vor dem obersten Gerichtshof des Landes, doch Rechtsexperten wie der Jurist Jaroslav Ortmann halten die Erfolgsaussichten für gering:
    "Die CSSD ist eindeutig schuldig. Sie hat damals einfach einen sehr dummen Vertrag unterzeichnet. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von 10 Prozent ist ein sehr großes Risiko. Jetzt muss die Partei dafür die Zeche zahlen."
    In Prag wird deshalb bereits über eine Spendenaktion für die klammen Genossen diskutiert. Vermutlich werden die rund 22000 Mitglieder der angeschlagenen Volkspartei in den kommenden Tagen deshalb einen freundlichen Bettelbrief ihres Vorsitzenden erhalten.