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TTIP-Abkommen
Wie es zum hochgesicherten Leseraum kam

Keine Kopien, keine Fotos - Handys müssen abgegeben werden. Die Rede ist vom neu eingerichteten TTIP-Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium. Die Zutrittsbedingungen sind ziemlich umstritten - aber warum sind sie überhaupt so?

Von Sonja Helmke | 08.02.2016
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor einer Holztür mit der Aufschrift "Leseraum" und der US- und EU-Flagge.
    "Ein guter Schritt, der nicht der letzte sein wird." Bundeswirtschaftsminister bei der Eröffnung des TTIP-Leseraums. (dpa / Bernd von Jutrczenka)
    "Verehrte Redaktion, Sie berichten nun schon seit Tagen über den Leseraum und die Restriktionen für die Abgeordneten zum Studium der Vertragsinhalte von TTIP und ergänzend über das, was von dem Vertrag erwartet bzw. befürchtet wird. Es fehlt aber irgendeine Information darüber, womit die EU (?), die USA (?) oder wer sonst (?) diese ‚Geheimniskrämerei' begründen. Das würde doch zu mehr (Un)Verständnis Ihrer Hörer beitragen, oder?"
    Diese Anfrage hat unsere Nachrichtenredaktion von einem Hörer aus Norddeutschland bekommen. Danke dafür - und hier unsere Antwort:
    Zum Hintergrund: Es war Bundeswirtschaftsminister Gabriel, der sich dafür eingesetzt hatte, dass es einen Leseraum für die Bundestagsabgeordneten geben soll, nachdem viel Kritik an der Geheimhaltung der TTIP-Verhandlungen laut geworden war. Auch Gabriel passten die Bedingungen nicht, wie er zu verstehen gegeben hatte. Er sprach jedoch von "einem Schritt hin zu mehr Transparenz".
    Doch auch mit der Eröffnung des Raums und der Einsicht in Dokumente reißt die Kritik nicht ab. Vertreter der Linkspartei bemängelten, dass der Zugang zu den Dokumenten "derart begrenzt sei, dass von Transparenz und parlamentarischer Kontrolle weiterhin keine Rede sein könne". Ähnlich äußerten sich auch Abgeordnete der Grünen-Fraktion im Bundestag. Und auch Verbraucherschutzorganisationen monierten, dass eine "dringend nötige öffentliche Debatte über TTIP" dadurch weiter unterbunden werde.
    USA drängten auf gleiche Bedingungen für europäische und amerikanische Abgeordnete
    Letztlich haben sich die USA durchgesetzt. Sie hatten darauf gedrängt, für europäische Abgeordnete müssten die gleichen Bedingungen bei der Einsicht in die Unterlagen gelten wie für amerikanische Parlamentarier. Zudem gab es in Washington Bedenken, weil in Deutschland immer wieder vertrauliche Dokumente an die Öffentlichkeit gelangten. Dieses Risiko sollte mit den strengen Regeln zumindest verringert werden.
    Der Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium besteht aus acht Arbeitsplätzen mit Computern, an denen die Abgeordneten Verhandlungsdokumente einsehen können. Dabei handelt es sich um Dokumente, die sowohl die Position der EU als auch der USA wiedergeben. In der Ecke des Raums steht ein Wachmann, der dafür sorgen soll, dass die strengen Regeln auch eingehalten werden.
    TTIP-Abkommen ist nach wie vor umstritten
    Die Verhandlungen über eine transatlantische Freihandelszone zwischen der EU und den USA hatten im Juli 2013 begonnen. Sie soll der Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks Vorteile bieten, indem Zölle und Handelshemmnisse abgebaut werden. Das Abkommen ist jedoch inhaltlich umstritten. Umweltschützer und Verbraucherverbände befürchten eine Absenkung der Standards in Europa. Zudem monieren Kritiker "Geheimverhandlungen". Die Eckpunkte des Abkommens sollen möglichst noch in der Amtszeit von US-Präsident Obama vereinbart werden, die im Januar 2017 endet.