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TTIP
Genfood-Kennzeichnung durch Strichcode

Wenn es zu einem Abschluss beim umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP kommt, dann könnten in Deutschland auch genmanipulierte US-Produkte angeboten werden. Das müsste nach EU-Recht dann aber gekennzeichnet sein. Der Vorschlag der USA: eine Kennzeichnung durch Strichcode. Doch das wäre nur für Kunden mit Smartphone erkennbar.

Von Dieter Nürnberger | 07.01.2015
    Mähdrescher in Illinois (USA) auf Maisfeld
    Alltag in den USA: Genmanipulierte Lebensmittel (picture alliance / dpa / Brian Kersey )
    Das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium hat inzwischen bestätigt, dass es diesen Vorschlag oder diese Idee seitens der USA gegeben hat. Aber: Man weist zugleich auch darauf hin, dass Minister Christian Schmidt (CSU) diesen Vorstoß nicht mit seinem US-amerikanischen Kollegen erörtert habe. Allerdings bewertet das deutsche Ministerium es grundsätzlich als positives Signal, dass die Amerikaner bei den TTIP-Verhandlungen nun wohl auch eine irgendwie geartete Kennzeichnung von Gentechnik-Produkten erwägen. In den USA gibt es das bisher nicht.
    Die Diskussion läuft also. Und die Ablehnung dieser Idee, künftig nur noch per Bar- oder Strichcode gentechnisch veränderte Lebensmittel zu kennzeichnen, ist hierzulande recht groß. So sagt der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass eine Kennzeichnung natürlich sichtbar und auch verständlich sein müsse. Ähnlich der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Hier wird vor allem auf die weitverbreitete Skepsis der Deutschen gegenüber der Gentechnik hingewiesen. Sprecher Christian Böttcher:
    "Grundsätzlich ist es natürlich so, dass Kunden des Lebensmittelhandels, generell die Verbraucher, gentechnisch veränderten Lebensmitteln mehrheitlich sehr skeptisch gegenüberstehen. Diese Skepsis nehmen wir als Handel auch ernst, weil sie einen wichtigen Bereich unserer Kunden betreffen."
    Europäische Kennzeichnungspflicht und die USA
    Meinungsforscher gehen davon aus, dass die Deutschen zu rund 80 Prozent Gentechnik in Lebensmitteln ablehnen.
    Den Stein sozusagen ins Rollen gebracht, hat der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner, der den Minister in den USA begleitete. Ebner sieht nun eine Art Dammbruch - es werde immer mehr deutlich, was die US-Amerikaner in den TTIP-Verhandlungen fordern und auch durchsetzen wollen:
    "Aus Sicht der Amerikaner ist die europäische Kennzeichnungspflicht für Gentechnik eine Kaufverhinderungsmethode für Gentechnik. Und deshalb haben sie sich eine Strategie ausgedacht, wonach jeder etwas davon erreichen kann, was er möchte: Die Europäer die Kennzeichnung, die dann aber keiner erkennen kann. Und die US-Seite kann Gentechnik nach Europa exportieren."
    Es gibt also diesen US-Vorschlag - die Frage ist nur, könnte es auch so realisiert werden. Christian Fronczak, der Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums, machte heute noch einmal darauf aufmerksam, dass ein Strichcode für eine Kennzeichnung wohl nicht der Weisheit letzter Schluss sei.
    "Unser Ziel ist es, so ist es auch im Koalitionsvertrag verankert, dass wir für eine europäische Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren eintreten, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert werden. Und eine solche Kennzeichnung muss für die Verbraucher unmittelbar und gut lesbar auf dem Produkt erfolgen. Macht man es über den Barcode, dann ist derjenige, der kein Smartphone in der Tasche hat oder es nicht benutzen möchte, natürlich nicht in der Lage, das auf einen Blick zu erkennen."
    EU-Recht und Siegel in Deutschland
    Seit April 2004 regelt das EU-Recht, dass Lebensmittel- und Futtermittel mit Gentechnik-Anteilen über 0,9 Prozent gekennzeichnet werden müssen, allerdings gilt dies bislang nicht für tierische Produkte.
    Darüber hinaus gibt es in Deutschland noch ein offizielles, aber gleichzeitig freiwilliges Siegel mit der Bezeichnung "Ohne Gentechnik". Dieses Siegel wird vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik vergeben - im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums. Und auch hier ist man über die amerikanische Idee entsetzt, der Verband spricht von einem vorgezogenen Aprilscherz.
    Somit ist Ablehnung dieses Barcode-Vorschlags recht groß. Es bleibt aber die Frage, ob diese Idee nun die offizielle Verhandlungsposition der Amerikaner bei den Freihandelsabkommen-Verhandlungen werden wird. Und natürlich ist auch entscheidend, ob die Bundesregierung, das zuständige Ministerium, nicht doch zu Kompromissen bereit ist. Die Verhandlungen, das werfen viele Kritiker TTIP ja vor, finden ja weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.