Pistolen aus dem Hobby-Keller

Schusswaffen selbst herstellen

Eine Frau hält eine Pistole in der Hand.
Eine Gefahr für unsere Gesellschaft? Funktionsfähige Schusswaffen kann man ab sofort auch selbst herstellen. © Unsplash / Sofia Sforza
Von Thomas Reintjes · 08.12.2017
Im Keller eine Schusswaffe basteln? Was absurd klingt, ist mit der Hobbyfräse "Ghost Gunner" tatsächlich möglich. Ein Produzent aus den USA umgeht so schärfere Waffengesetze. Kritiker fürchten, dass Ghost Gunner vor allem in Europa zum Problem werden könnte.
Brauchen Sie eine Waffe? Dann bestellen Sie doch einfach den Ghost Gunner und fräsen sich eine. Die CNC-Fräse Ghost Gunner passt auf jeden Schreibtisch und kostet weniger als umgerechnet 1500 Euro. Die Maschine verwandelt einen Aluminium-Rohling einer Pistole sozusagen in waffenfähiges Material. Dann brauchen Sie nur noch ein paar Teile aus einem Online-Shop und etwas Geschick beim Zusammensetzen – dann haben Sie eine einsatzbereite Waffe. Ganz ohne Darknet und Treffen auf dunklen Parkplätzen. Und Ihre selbstgemachte Waffe hat sogar noch einen riesigen Vorteil: Sie hat keine Seriennummer, lässt sich also nicht nachverfolgen.

Unregistrierte Waffen herstellen

Cody Wilsons Firma stellt den Ghost Gunner her – natürlich "Made in USA". In einem Interview für den Youtube-Kanal "guntruth" gibt er sich selbstgefällig und stolz, das amerikanische Grundrecht auf Waffenbesitz auf diese Weise zu verteidigen. Auf Interviewanfragen von Deutschlandfunk Kultur hat Wilson nicht reagiert.
Wilson will totale Freiheit beim Waffenbesitz und scheint keinen Sinn in Registrierung und Regulierung zu sehen. Aber zumindest in manchen Bundesstaaten, ist es inzwischen illegal, unregistrierte Waffen zu verkaufen oder sich sogar Waffen selbst herzustellen. Kalifornien beispielsweise hat eine Registrierungspflicht für jegliche Waffen eingeführt. Und auch in Massachusetts lässt man sich mit Waffen aus dem Ghost Gunner besser nicht erwischen, erklärt John Rosenthal.
"Wegen unserer strengen Waffengesetze und unserer Sicherheits- und Herstellungsvorschriften kommt man in Massachusetts mit diesen hausgemachten Waffen nicht so leicht davon."

In Massachusetts gibt es bereits schärfere Waffengesetze

John Rosenthal hat 1994 die Organisation Stop Handgun Violence gegründet. Sie setzt sich für schärfere Waffengesetze ein –in seiner Heimat Massachusetts mit Erfolg –auf Bundesebene kämpft Rosenthal noch. Das, sagt er, werde immer schwerer, weil die Waffenindustrie mit ihren Millionen die Politik kontrolliere. Die Statistik aus Massachusetts scheint dagegen nichts bewirken zu können.
"Seit 1994 haben wir die Zahl der Toten durch Schusswaffen um 60 Prozent reduziert. Wir haben die niedrigste Rate in den ganzen USA. Damit hat sich der schlimmste Albtraum der Waffenindustrie bewahrheitet: Waffengesetze schützen Leben."

Wer US-Waffengesetze umgehen will, braucht keine Fräse

Dabei sind die wenigsten Waffen in Massachusetts verboten. John Rosenthal besitzt selbst ein Gewehr. Aber es gibt Sicherheitsvorschriften, eine Registrierungspflicht und Backgroundchecks. Und das ist es, was dem anderen Waffenaktivisten, Cody Wilson, nicht passt. Deswegen hat er den Ghost Gunner herausgebracht. Als der Interviewer auf YouTube ihn fragt, ob seine Maschine nicht Kriminellen hilft, sagt Wilson, Kriminelle würden sich doch nicht mit seiner Maschine abgeben.
"Wer würde schon 2000 Dollar für eine CNC-Maschine ausgeben und lernen, sie zu bedienen, um einen Laden auszurauben?"
Und in dieser Hinsicht sind sich nicht nur Cody Wilson und der YouTube-Reporter einig. Auch John Rosenthal, der Waffenaktivist aus Massachusetts, stimmt zu:
"Das ist ein Riesenaufwand, den man sich sparen kann. In 33 Bundesstaaten kann man ohne Background-Check eine unbegrenzte Menge an Waffen von Privathändlern kaufen."

In Europa aber könnte Ghost Gunner zum Problem werden

Wenn man also einfach in den benachbarten Bundesstaat fahren kann, um eine Waffe zu kaufen, dann braucht man sich nicht extra eine Maschine in den Hobbykeller zu stellen, um eine Pistole zu fräsen. In den USA ist der Kampf gegen selbstgemachte Waffen deshalb zweitrangig. In Deutschland oder Europa, wo es wirklich schwierig ist, an Waffen zu kommen, könnte Cody Wilsons Ghost Gunner aber zum Problem werden. Denn, wie der YouTube-Reporter selbst feststellt: Die damit gemachten Waffen scheinen gut zu funktionieren.
(mw)
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