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Türkei
AKP eröffnet Wahlkampf für Verfassungsreferendum

In der Türkei hat AKP-Chef Binali Yildirim den Wahlkampf für das umstrittene Verfassungsreferendum eröffnet. Er warb dafür, dass die Türkei mit einem Präsidialsystem stabiler sei und es keine Umsturzversuche mehr geben werde. Der Ausgang des Referendums Mitte April ist bis jetzt alles andere als sicher.

Von Christian Buttkereit | 25.02.2017
    Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim auf dem offiziellen Wahlkampfauftakt für das Verfassungsreferendum.
    Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim auf dem offiziellen Wahlkampfauftakt für das Verfassungsreferendum. (AFP / Adem ALTAN)
    "Hallo Ankara," rief AKP-Chef und Ministerpräsident Yildirim der fahnenschwenkenden Menge zu, um anschließend auszuzählen, aus welchen Landesteilen sie alle nach Ankara gekommen waren.
    Eingängige Musik und leicht zu merkende Slogans sollen von Ankara aus jeden Winkel des Landes erreichen. Etwa dieser:
    "Unser Ja zu einer starke Nation"
    Noch scheint dieses Ja keineswegs sicher. In den bisherigen Umfragen halten sich Befürworter und Gegner in etwa die Waage. Das angestrebte Präsidialsystem wird auch unter AKP-Anhängern kritisch gesehen. Wenn der Staatspräsident gleichzeitig Regierungschef ist – ist das nicht zu viel Macht für einen Mann?
    "Niemand wird es wagen, die Politiker anzugreifen"
    Ministerpräsident Yildirim findet das nicht. Ein Schiff könne schließlich nicht von zwei Kapitänen gesteuert werden. Mit dem Präsidialsystem sei die Zeit unsicherer Koalitionsregierungen vorbei und auch die Anfälligkeit für Umstürze sei ein für alle Mal Geschichte:
    "Diese Reformen sind eine historische Chance für unser Land. Mit einem starken Präsidenten gehören Umsturzversuche durch Militärs oder andere Eliten der Vergangenheit an. Niemand wird es wagen, die vom Volk bestimmten Politiker anzugreifen."
    Mit Argumenten wie diesen warb Yildirim für die Verfassungsänderung, die auch bedeuten würde, dass sein Amt, also das des Ministerpräsidenten, wegfallen würde. Der Staatspräsident würde die Regierung leiten, alle Minister ernennen und er hätte sogar das Recht, das Parlament aufzulösen. Trotzdem betonte Yildirim, nur so könne die Türkei auf Erfolgskurs bleiben bei Wirtschaft, Verkehrsinfrastruktur und im Gesundheitswesen:
    "Mit dem neuen System wird die Wirtschaft stärker und auf einem noch solideren Fundament stehen. Dann wird es auch die Chance auf neue Arbeitsplätze geben."
    Gegner befürchten Machtmissbrauch
    Unterstützt wird die Verfassungsänderung von Teilen der Rechtsnationalisten. Die übrige Opposition lehnt das Präsidialsystem ab. Sie befürchtet, dass Erdogan seine neue Macht missbrauchen könnte.
    Nach der Veranstaltung steht Alper Güngör mit einer türkischen Flagge vor der Ankara-Arena. Der pensionierte Soldat ist für die Verfassungsänderung:
    "Ich sage ja, weil ich den türkischen Streitkräften 28 Jahre lang gedient habe. Wir hatten dort jahrelang dafür gekämpft, dass wir bei rechtlichen Fragen genauso behandelt werden wie Zivilisten. Nun soll es diese Möglichkeit geben."
    Hausfrau Gülcin Bas halt das Präsidialsystem ebenso für richtig.
    "Ich bin für die Einheit des Landes hier und um für die Zukunft unserer Kinder zu kämpfen."
    Erdogan kündigt Referendum zur Todesstrafe an
    Staatschef Erdogan sprach heute nicht in Ankara. Noch ist er in seinem Amt zur Neutralität verpflichtet. Allerdings hatte Erdogan gestern gleich ein weiteres Referendum in Aussicht gestellt – über die Einführung der Todesstrafe.