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Türkei-Debatte
Merkel sichert Niederlanden Solidarität zu

Auch Bundeskanzlerin Merkel hat sich nun im Streit zwischen den Niederlanden und der Türkei zu Wort gemeldet. Sie sicherte Den Haag ihre "volle Unterstützung und Solidarität" zu. Die türkische Regierung hat inzwischen bei der Botschaft der Niederlande offiziell Protest gegen die Einreiseverbote für zwei Minister eingelegt.

13.03.2017
    Bundeskanzlerin Merkel bei einer Pressekonferenz auf der Handwerksmesse in München (13.3.2017).
    Bundeskanzlerin Merkel bei einer Pressekonferenz auf der Handwerksmesse in München. (dpa / picture alliance / Peter Kneffel)
    Im eskalierenden Streit zwischen der Türkei und den Niederlanden hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Seite des deutschen Nachbarlandes gestellt. Die Niederlande hätten ihre "volle Unterstützung und Solidarität", sagte Merkel in München. Die Kanzlerin kritisierte insbesondere Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der niederländische Regierungsmitglieder als "Nazi-Überbleibsel" bezeichnet hatte. Nazi-Vergleiche führten "völlig in die Irre und verharmlosen das Leid", betonte Merkel.
    NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte die Türkei und die Niederlande zur Deeskalation und gegenseitigem Respekt auf. "Wir müssen uns darauf konzentrieren, was uns verbindet, und nicht auf das, was uns trennt", sagte er in Brüssel. Die beiden Länder sollten respektvoll miteinander umgehen und versuchen, einen deeskalierenden Ansatz zu verfolgen.
    Türkei überreicht Protestnoten
    Das türkische Außenministerium hat den Gesandten der niederländischen Botschaft einbestellt. Wie das Ministerium in Ankara mitteilte, erhielt der Diplomat zwei Protestnoten. Darin geht es unter anderem um die Einreiseverbote für türkische Minister. Außerdem empört sich die Türkei über unverhältnismäßige Gewalt gegen türkische Demonstranten am Wochenende in Rotterdam. Die Polizei hatte unter anderem Wasserwerfer und Hunde eingesetzt. In der vergangenen Nacht kam es in Amsterdam zu Zusammenstößen nach einer zunächst friedlichen Demonstration.
    Das niederländische Außenministerium gab für die Türkei eine Reisewarnung aus, in der zur Vorsicht gemahnt wird. Die in der Türkei lebende Niederländer sollten im gesamten Land Menschenansammlungen sowie belebte Plätze meiden, hieß es. Seit Samstag gebe es "diplomatische Spannungen zwischen der Türkei und den Niederlanden", erklärte das Außenamt zur Begründung für den Schritt. Die niederländischen Behörden hatten Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Einreise mit dem Flugzeug verweigert und die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya auf dem Landweg wieder in Richtung Deutschland ausgewiesen.
    Die türkische Familienministerin Kaya trifft nach ihrer Ausweisung aus den Niederlanden in Istanbul ein und wird dort von Anhängern empfangen.
    Die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya. (AFP / Ozan Kose)
    Altmaier schließt Auftrittsverbote nicht aus
    Auch in Deutschland geht die Diskussion über den Umgang mit türkischen Ministern weiter. Dabei ist sich die Bundesregierung uneins. Bundeskanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) schloss Auftrittsverbote in Deutschland nicht aus. In den vergangenen 60 Jahren habe die Bundesrepublik zwar darauf verzichtet, sagte der CDU-Politiker im rbb-Inforadio. Dies sei aber kein Freibrief für die Zukunft.
    Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) wartet am 11.01.2017 in Berlin auf den Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts.
    Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU). (dpa-bildfunk / Michael Kappeler)
    Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Stegner warnte vor diesem Schritt. Man dürfe das Spiel nicht spielen, das der türkische Präsident Erdogan sich wünsche, sagte Stegner im Deutschlandfunk.
    Grüne für europäische Lösung
    Die Grünen fordern eine gemeinsame Haltung der EU-Länder zu den umstrittenen Wahlkampf-Auftritten türkischer Minister. "Ich glaube, dass wir da nicht mit nationalen Antworten weiterkommen", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir mit Blick auf das von Präsident Recep Tayyip Erdogan gewünschte Verfassungsreferendum, bei dessen Erfolg seine Machtbefugnisse massiv ausgeweitet werden würden. "Wenn jetzt jedes EU-Land selber versucht, da eine Erdogan-Strategie zu entwickeln, werden wir glaube ich nicht viel Erfolg haben."
    Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach sich für eine gemeinsame europäische Position aus.
    (fwa/tzi/jasi/jcm)