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Türkische Forderung
Genf bleibt hart: Kritisches Foto bleibt

Die Stadt Genf gibt der türkischen Regierung eine Abfuhr. Ein Erdogan-kritisches Foto auf einem zentralen Platz vor der Uno werde weiter gezeigt, entschied der Genfer Stadtrat. Das türkische Konsulat hatte verlangt, das Foto abzunehmen. Ein weiterer Versuch, kritische Meinungen auch im Ausland zu unterdrücken.

26.04.2016
    Im Vordergrund sieht man das Foto des Genfer Fotografen Demir Sönmez von einer Demonstration auf dem Genfer Place de la Nation im März 2014. Auf der Aufnahme ist ein Transparent zu sehen, auf dem die Demonstranten den türkischen Präsidenten Erdogan persönlich für den Tod des 15-jährigen Berkin Elvan verantwortlich machen.
    Das Erdogan-kritische Foto vor dem Genfer Uno-Gebäude darf bleiben (picture alliance / dpa / Salvatore Di Nolfi)
    Der Versuch in Genf ist aber gescheitert. Die Behörden haben die Forderung offiziell abgelehnt. In einer Stellungnahme im Internet teilt die Stadt mit, die Ausstellung dürfe wie geplant bis Sonntag gezeigt werden.
    Stadtrat Guillaume Barazzone sagte dem Sender SRF: "Genf und die Schweiz stehen für die Freiheit der Meinungsäußerung ein". Auf dem Platz könnten sich traditionell Minderheiten durch Demonstrationen artikulieren.
    Das Foto zeigt den 15-jährigen Berkin Elvans, der während der Proteste um den Gezi-Park in Istanbul im Sommer 2015 von einer Tränengasgranate der Polizei am Kopf getroffen worden war und nach 269 Tagen im Koma starb. Der Fall hatte die Proteste gegen Erdogan, der damals türkischer Regierungschef war, weiter angeheizt und zu scharfer Kritik am Verhalten der Polizei geführt.
    Das Bild des unbeteiligten Jugendlichen hängt in einer Freiluft-Ausstellung am Sitz der Vereinten Nationen in Genf. Die Ausstellung zeigt Werke des Schweizer Fotografen kurdisch-armenischer Abstammung, Demir Sönmez. Der Bildtext lautet übersetzt: "Ich heiße Berkin Elvan. Die Polizei hat mich getötet im Auftrag des türkischen Ministerpräsidenten."
    Einmischung in Meinungsfreiheit
    In den letzten Wochen sind eine ganze Reihe von Beschwerden bekannt geworden, mit denen die Türkei gegen kritische Meinungen vorgeht.
    Unter anderem hat sie bei der EU in Brüssel gegen die Unterstützung eines Konzertprojekts der Dresdner Symphoniker zum Völkermord an den Armeniern vor hundert Jahren protestiert. Die EU nahm daraufhin den Hinweis auf das Projekt vorübergehend von ihren Webseiten.
    Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Die Linke) forderte von der Bundesregierung, klar Haltung zu beziehen und die Förderung des Konzertprojekts nicht von EU und Türkei in Frage stellen zu lassen.
    In den Niederlanden hatte eine E-Mail des türkischen Konsulats in Rotterdam vergangene Woche für Empörung gesorgt. Vereine und Organisationen wurden aufgefordert, Beleidigungen gegen Staatspräsident Erdogan zu melden. Eine niederländische Journalistin war zudem in der Türkei vorübergehend festgenommen worden. Sie hatte eine Erdogan-kritische Kolumne in einer niederländischen Zeitung geschrieben.
    (at/nza/jcs)