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Tunesien
Regierung legt Entwicklungsplan vor

Tunesien gilt als Vorzeigemodell unter den Ländern des Arabischen Frühlings. Allerdings sind viele Probleme aus der Zeit vor der Revolution noch nicht gelöst – zum Beispiel die hohe Arbeitslosigkeit. Das will die Regierung in den nächsten Jahren angehen und hat ein Strategiepapier vorgelegt. Andere Vorhaben der Regierung sorgen seit Längerem für Proteste.

15.09.2015
    Tunesier demonstrieren gegen eine geplantes Gesetz der Regierung
    Hunderte Tunesier demonstrierten am Wochenende gegen die Regierungspolitik (dpa / picture alliance / Mohamed Messara)
    Die tunesische Regierung plant bis 2020 mehrere Reformen. Sie sollen für mehr Wirtschaftswachstum sorgen und die Arbeitslosenquote senken. Das Entwicklungsministerium visiert ein Wachstum von im Schnitt fünf Prozent an. Die Arbeitslosigkeit soll von aktuell mehr als 15 auf elf Prozent sinken. Laut dem Papier setzt die tunesische Regierung dazu unter anderem auf Regionalisierung, eine nachhaltige Entwicklung und eine Ausweitung der verschiedenen Wirtschaftszweige. Die Ziele sollen in den nächsten Jahren konkretisiert werden.
    Viele Tunesier haben keinen Job
    Im Vergleich zu seinen Nachbarn ist Tunesien nach dem Arabischen Frühling auf einem guten Weg. Während Libyen im Chaos versunken ist und die ägyptische Regierung hart gegen politische Gegner vorgeht, kümmert sich in Tunesien eine Regierung um wirtschaftliche Reformen. Die braucht das Land auch dringend.
    Arbeitslosigkeit und Armut waren Mitauslöser der Revolution 2011. Danach ist es Tunesien allerdings nicht gelungen, das Wirtschaftswachstum wieder anzustoßen. Nach Angaben des Finanzministeriums lag es im ersten Semester dieses Jahres durchschnittlich bei einem Prozent, könnte sich aber bis zum Ende des Jahres verlangsamen und dann bei nur noch 0,5 Prozent liegen.
    Jeder sechste Tunesier lebt laut dem Entwicklungsministerium unter der Armutsgrenze. Besonders unter Akademikern sei die Arbeitslosigkeit sehr hoch – jeder dritte habe keinen Job.
    Der neue Entwicklungsplan ist nicht das Einzige, was die tunesische Regierung gerade unternimmt, um das Land voranzubringen. Letzte Woche hatte der Chef der tunesischen Zentralbank, Chedly Ayari, angekündigt, beim Internationalen Währungsfonds um Kredite zu bitten.
    Vorwürfe gegen die Polizei
    Viele Tunesier sind aber unzufrieden mit ihrer Regierung. Es geht um ein Gesetzesvorhaben, das korrupten Unternehmern und Beamten aus der Zeit des gestürzten Machthabers Zine al Abidine Ben Ali eine Amnestie gewährt. Sie sollen straffrei ausgehen, wenn sie unterschlagenes Vermögen zurückgeben.
    Dagegen sind viele Tunesier in den vergangenen Wochen auf die Straße gegangen. Dabei wurden sie allerdings nach Berichten von Menschenrechtlern wie zu Zeiten der Revolution Opfer von Polizeigewalt. Die Organisation Human Rights Watch erklärte vergangene Woche, dass die Polizei seit Anfang des Monats in mindestens drei Städten unrechtmäßig Gewalt ausgeübt habe. In der Hauptstadt Tunis seien Polizisten mit Motorrädern in eine Menschenmenge gefahren.
    In Tunesien gilt noch bis Anfang Oktober der Ausnahmezustand. Er war nach dem Anschlag auf ein Hotel im Badeort Sousse im Juni ausgerufen worden. Dabei waren 38 Menschen getötet worden.