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TV-Aus für "Wetten, dass…?"
Genug gewettet

Nach fast 34 Jahren ist Schluss: "Wetten, dass ... ?", viele Jahre lang die quotenträchtigste Fernsehshow Europas, ist wegen sinkender Beliebtheit ausgelaufen. Und was bleibt? Ein Stück TV-Geschichte, das dem ZDF so wohl nicht wieder gelingen wird.

Von Bettina Schmieding | 13.12.2014
    Moderator Markus Lanz geht am 05.04.2014 in der ZDF-Sendung "Wetten, dass..? durch die Baden-Arena in Offenburg (Baden-Württemberg)
    "Wetten, dass...?" wird eingestellt. (picture alliance / dpa)
    Es war einmal eine Unterhaltungssendung, zu der scharten sich Samstagabends Familien vor der Mattscheibe wie der Indianerstamm ums wärmende Lagerfeuer. Vom Enkel bis zum Opa, denn geboten wurde für jeden etwas. Nämlich ein Kessel Buntes aus lockerem Palaver mit Prominenten plus Auftritten von internationalen Stars der Musikszene. Und, nicht zu vergessen, garniert mit Wetten, die oft auf keine Kuhhaut gingen.
    "Wetten, dass Hans-Jürgen Philipowski und sein Team eine Telefonzelle auf vier Makkaroni stellen können? Topp, die Wette gilt!"
    Unfassbar, welche Schnapsideen menschlichen Gehirnen entspringen. Das Konzept zu "Wetten, dass…?" hat Frank Elstner, der geistige Vater und erster Moderator, nach eigenen Angaben übrigens in einer schlaflosen Nacht in nur zwei Stunden entwickelt. In besten Zeiten verzeichnete das ZDF mit 21 Millionen Zuschauern märchenhafte Einschaltquoten von 60 Prozent und mehr. Zum Einsatz kamen in fast 34 Jahren u.a. 30 Lkw, 590 Tiere, 898 Eier, 832 Luftballons, diverse Kettensägen sowie sonstige Baumarktprodukte. Zum Beispiel ein Stück Holz, das selbst ein knallharter Realpolitiker als Wettpate, namens Gerhard Schröder, für unbezwingbar hielt. Ja, auch die Politprominenz spielte gern öffentlichkeitswirksam mit.
    "Wetten, dass Siggi Michel es schafft, durch einen 1,20 Meter langen Holzbalken derart stark hindurchzublasen, dass auf der anderen Seite Seifenlauge zu schäumen beginnt? (Schröder:) Das ist unmöglich."
    Doch, der Siggi machte es möglich und Gerhard Schröder erzielte eine prima Einschaltquote. Tiefer in die Erinnerung gegraben hat sich allerdings die legendäre Wette, Buntstifte am Geschmack zu erkennen.
    "Nicht den Stift abwischen, sondern in den Mund stecken…aahh, falsch rum……Sternhagelblau wäre falsch. Denn richtig ist? Bergblau."
    Dem Redakteur einer Satirezeitschrift war es mit diesem absurden Vorschlag gelungen, als Kandidat in der Livesendung aufzutreten. Und Millionen vor den Geräten waren zutiefst erschüttert als er lächelnd erklärte, die Redaktion beschummelt zu haben. Wetten im Fernsehen, kochte der Boulevard danach, sind eine ernste Angelegenheit. Ein Gutes aber hatte "Wetten dass" auf jeden Fall. Die Unterhaltungssendung lieferte die Plattform zur Gründung der Stiftung "Menschen helfen Menschen" von Karlheinz Böhm. Aber sie brockte den Zuschauern auch eine ziemlich überflüssige neue Sendung ein, denn Wettverlierer Stefan Raab donnerte als selbstauferlegte Strafe mit einem monströsen WOK durch einen Eiskanal.
    Seither hat die WOK-WM einen festen Platz im deutschen Fernsehprogramm. Im Gegensatz zu "Wetten, dass…?". Der langjährige Erfolg lässt sich sicher nicht von der Beliebtheit des jeweiligen Zeremonienmeister trennen. Und der hieß insgesamt 22 Jahre lang Thomas Gottschalk. Dass noch zu seinen Zeiten die Einschaltquoten abbröckelten, das führte man beim ZDF vor allem auf ein verändertes Zuschauerverhalten und attraktiver gewordene Konkurrenzprogramme zurück. Nach Gottschalks Rücktritt aber nahm die Talfahrt rasant Tempo auf. Der Versuch, durch neckische Einlagen ein jüngeres Publikum anzusprechen, ging ebenso in die Hose wie die aufgebrummte Wettstrafe für Gaststar Gerald Butler.
    "Hast Du das wirklich mal gemacht: Eiswürfel in die Hose…Ich hab das mal während eines Films gemacht."
    Mit der 215. Ausgabe wird "Wetten, dass…?" heute zu Grabe getragen. Nach einer Forsa-Umfrage weinen 90 Prozent der Deutschen diesem TV-Klassiker keine Träne nach. Schon im kommenden Jahr will das ZDF eine neue Samstagabends-Show servieren. Eine fernsehtaugliche Verarbeitung von Gesellschaftsspielen für die Zielgruppe im Alter von drei bis 99 Jahren. Man ist fast geneigt zu sagen: Wetten, dass….das nicht unbedingt ein Knaller wird? Aber nun genug gewettet.