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Über das Radio Brücken bauen

Popmusik und politische Gespräche, manchmal auch hitzige Debatten zwischen Israelis und Palästinensern - dies ist auf RAM FM zu hören. Der Radiosender in Ramallah möchte im Nahen Osten Kontakt zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen herstellen und so zum Frieden beitragen.

Von Mirko Heinemann | 24.11.2007
    Die Middle East Eyewitness News - übersetzt etwa "Augenzeugenberichte aus dem Nahen Osten", werden produziert vom kommerziellen Radiosender RAM FM. Das englischsprachige Radio strahlt sein Programm von einem Hügel in Ramallah aus, nicht weit von der Stelle entfernt, wo das Mausoleum für den verstorbenen Palästinenserführer Yassir Arafat eröffnet wurde.

    Im Studio bereitet sich Moderator Raf Gangat soeben auf eine Talksendung vor. Er sitzt in einem voll ausgerüsteten, professionellen Selbstfahrerstudio.

    "Musik hat die Brücke zwischen den beiden Parteien gebaut. Beide Seiten in diesem Land sagen, dass sie die Musik lieben. Wir haben die Brücke, aber von dieser Brücke aus wollen wir zeigen, was auf dieser und jener Seite geschieht. Und auch die Hörer auf der israelischen Seite sollen sehen: Hey, nicht jeder in Palästina ist ein Terrorist. Es gibt Kultur, es gibt Kunst."

    Moderator Raf Gangat stammt aus Südafrika. Seine Gesprächspartnerin heute ist Elke Utermöhlen, die ein deutsch-palästinensisches Künstlerprojekt leitet.

    25 Mitarbeiter gestalten das Programm. Neben Raf Gangat stammt noch ein weiteres halbes Dutzend Mitarbeiter aus Südafrika, die meisten arbeiten hier als Moderatoren. Gesprächsendungen wie dieses hier ergänzen die Popmusik. Raf Gangat hat hier bereits heftige politische Diskussionen erlebt.

    Gründer von RAM FM ist der jüdische Südafrikaner Isaac Kirsh, der bereits vier Radiosender in Südafrika besitzt. Einer von ihnen ist Seven O Two, ein Radiosender aus Johannesburg. In den achtziger Jahren hat er Geschichte geschrieben.

    "Der Sender hat es erstmals geschafft, Schwarze und Weiße zu wichtigen Themen an einen Tisch zu bringen. Und jetzt möchte Kirsh ein Medium für Israelis und Palästinenser schaffen, in dem sie über Konfliktthemen debattieren. Er ist ganz persönlich der Meinung, dass diese Region endlich Frieden finden soll. Und er ist ein Mann, der daran glaubt, dass man politische Verhältnisse durch das Radio verändern kann. Er kann auf ein erfolgreiches Vorbild in Südafrika zurückgreifen, und er glaubt, dass auch dieser Sender erfolgreich wird."

    Die palästinensische Geschäftsführerin und Ehefrau von Raf Gangat, Maysoun Gangat, verteidigt die Entscheidung, dass RAM FM ausschließlich in englischer Sprache sendet. Englisch sei neutral, Israelis und Palästinenser sprechen englisch, wenn sie auf politischer Ebene zusammenkommen. Doch es gab auch ökonomische Gründe; der Sender hofft damit in eine regionale Marktlücke zu stoßen.

    "Kommerziell gesehen sind wir noch nicht wirklich erfolgreich, aber wir haben eine sehr große Reichweite von rund einer halben Million Hörer in den palästinensischen Gebieten und in Israel. Das ist für potenzielle Werbeträger eine attraktive Sache, und darauf hoffen wir."

    Der Spagat zwischen Kommerz und gesellschaftlichem Anspruch kommt gut an, zum Beispiel bei Farid Majari, Leiter des Goethe-Instituts in Ramallah.

    "Der Radiosender ist eine erfreuliche Initiative, der versucht, Brücken zu schlagen. Nun muss man sagen, dass der Radiosender von Südafrikanern betrieben wird, und Südafrikaner haben aufgrund ihrer Geschichte ein sehr, sehr hohes Ansehen in Palästina. Die können sich mehr leisten als wir - für uns ist es schwierig. Projekte, in denen wir israelische Künstler einbeziehen wollen, stoßen meistens erstmal auf Ablehnung."

    So nutzen die Südafrikaner ihren guten Ruf, um in Israel Versöhnungsarbeit zu leisten. Gründer Isaac Kirsh wird einen langen Atem brauchen. Doch er hat die Chance ergriffen, einmal wieder Radiogeschichte zu schreiben.