Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Über den Wolken

Zwei Schwergewichte der amerikanischen Luftfahrtbranche haben passenderweise am Valentinstag ihre Heiratspläne verkündet: American Airlines und US Airways wollen sich zur neuen Nummer 1 der Welt zusammenschließen. Das könnte die insolvente American Airlines retten, Arbeitnehmer und Passagiere werden aber wohl nicht davon profitieren.

Christian Bremkamp im Gespräch mit Andreas Kolbe | 14.02.2013
    Andreas Kolbe: Christian Bremkamp aus der Deutschlandfunk-Wirtschaftsredaktion, American ist die drittgrößte Fluggesellschaft der USA, US Airways die Nummer fünf. Heiraten da zwei, die sich wirklich gern haben oder was steckt hinter dem Deal?

    Christian Bremkamp: Also – um bei diesem Bild zu bleiben, wenn überhaupt, dann ist es Liebe auf den zweiten Blick, zumindest aus Sicht von American Airlines. Denn die Avancen gingen von Anfang an nur von einer Seite aus. US Airways hat schon vor über einem Jahr Flirtversuche gestartet, kurz nachdem American Airlines Insolvenz hatte anmelden müssen. Die Texaner haben erst mal etwas abwehrend reagiert, wollten aus eigener Kraft wieder auf die Beine kommen. Letztlich scheint es aber so, dass die Gläubiger immensen Druck ausgeübt haben, zum ersten Date der beiden kam es dann im vergangenen Sommer. Ganz interessant ist übrigens – wie ich finde – die Tatsache, dass American Airlines gerade erst damit begonnen hat, ihre Flugzeuge mit neuem Logo und neuem Design zu versehen. Wäre schon vor Monaten klar gewesen, ja die Fusion kommt – über den Namen der neuen Gesellschaft muss noch befunden werden, dann – glaube ich – hätte man mit einer neuen Livery – wie es so schön heißt – gewartet, so was ist nicht ganz billig. Ergo: Wenn überhaupt ist das Ganze eine Vernunft-Ehe. Wenn überhaupt.

    Kolbe: …in die die Partner was einbringen?

    Bremkamp: Vor allem viele Flugzeuge und viele Strecken. American Airlines bringt mehr als 600 Maschinen in die Ehe ein, US Airways annähernd 350. Hinzu kommen noch einmal mehr als 550 kleinere Jets, die bei den Regional-Gesellschaften American Eagle und US Airways Express im Einsatz sind. Was das Streckennetz anbetrifft, ja – da ergänzen sich die beiden in der Tat ganz gut: American Airlines ist viel in der Welt unterwegs, US Airways unterhält ein dichtes Netz in den USA.

    Kolbe: Und trotzdem scheint sich ihre Begeisterung über diesen Deal in Grenzen zu halten!?

    Bremkamp: Also - Ich will da kein Spielverderber sein. Aber ich bin nicht der Meinung, dass bigger immer gleich auch better sein muss. Die Frage ist doch: Wer profitiert von diesem Zusammenschluss? Die Mitarbeiter, die Kunden oder am Ende doch nur die Anteilseigner? Wenn ich jetzt höre, dass die Konzernführung am Standort von American Airlines zusammengeführt werden soll, heißt das doch im Umkehrschluss: Leute verlieren anderswo ihren Job. Und dass da von heute auf morgen eine hochprofitable, gut funktionierende Fluglinie von Weltrang entsteht – auch da habe ich meine Zweifel. Da muss unglaublich viel aufeinander abgestimmt werden – vom Außenanstrich bis hin zu den Computer-Systemen. Das kostet Geld, das kostet Zeit – das kann gelingen, muss aber nicht. Apropos Kosten - ein Wettbewerber weniger am Himmel, das hat mit ziemlicher Sicherheit höhere Ticketpreise zur Folge. Aus Klimagründen vielleicht gut, aus Verbrauchersicht wohl eher nicht so schön.

    Kolbe: Der Deal ist jetzt zwar offiziell, es müssen auch noch einige Stellen zustimmen. Mal angenommen, das geht durch. Werden wir hier in Europa irgendetwas davon spüren?

    Bremkamp: Insofern, dass auch die Neue American Airlines – auf diesen Namen dürfte es hinauslaufen – Mitglied im Luftfahrtbündnis Oneworld bleiben dürfte. Das heißt, Lufthansa verliert einen Star Alliance Partner – nämlich US Airways. Air Berlin – selbst Oneworld Mitglied – kann sich dagegen auf neue inner-amerikanische Strecken freuen. Bleibt halt abzuwarten, wie sich die Preise bei der neuen weltgrößten Airline entwickeln.

    Kolbe: In der Branche hat es ja schon viele große Fusionen gegeben: Air France-KLM, Iberia und British Airways haben sich zusammengeschlossen, Continental und United. Warum ist Größe in dieser Branche so entscheidend?

    Bremkamp: Wenn sie es denn ist? Wage ich mal zu behaupten. Na die kleinen suchen natürlich vor allen Dingen Schutz bei den Großen, ich sag‘ mal Austrian Airlines bei Lufthansa. Die Großen schielen natürlich auch auf neue Strecken. Austrian Airlines ist in Osteuropa zum Beispiel sehr gut vernetzt. Das Ziel ist natürlich immer, möglichst effektiv zu fliegen, Doppelungen zu vermeiden, Kosten zu sparen. Und da glauben halt die allermeisten Airline-Manager, das geht bei einem großen Unternehmen besser als bei einem kleinen.

    Kolbe: American Airlines und US Airways wollen sich zur größten Fluggesellschaft der Welt zusammenschließen. Über die Hintergründe war das Christian Bremkamp aus der Deutschlandfunk Wirtschaftsredaktion. Vielen Dank!

    Mehr auf dradio.de:

    US Airways und AMR vor Fusion zur weltgrößten Airline - Nach beigelegten Streitigkeiten Weg für Megafusion frei