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Adidas und die Corona-Hilfen
Der Staat als Stütze milliardenschwerer Marken

Eigentlich ist Adidas weltweit gefragt. Doch durch die Covid-19-Pandemie bleiben Läden geschlossen und Umsatz geht verloren. Der Sportartikel-Hersteller bekommt deswegen einen Milliarden-Kredit der staatlichen KfW-Bank. Experten debattieren, ob es dazu Alternativen gegeben hätte.

Von Mischa Erhardt | 15.04.2020
Logo des Sportartikelherstellers Adidas am Adidas-Flagstore in Berlin-Mitte
Adidas hatte 2019 mit einem Gewinn von fast zwei Milliarden Euro ein Rekordjahr hingelegt (Wolfram Steinberg / dpa)
Wie es aussieht, stellt der von der KfW bewilligte Kredit im Volumen von 2,4 Milliarden Euro für Adidas einen günstigen Weg dar, sich gegen die Unbilden der Krise abzusichern.
"Am Anleihemarkt, muss man sagen, dass dort die Zinsen auch sehr dramatisch in die Höhe geschossen sind. Bei Aktien sind Sie meistens noch teurer dabei, das ist Eigenkapital, Eigenkapital ist teurer als Fremdkapital. Und gerade der Anleihemarkt hat doch sehr, sehr gelitten unter diesen Verwerfungen von der Corona Krise", sagt der Chefvolkswirt der Privatbank Julius Bär, David Kohl.
33D-Modell des Coronavirus SARS-CoV2
Problem: die schiere Größe der Summe
Etwas anders beurteilt Arthur Brunner, Anleihespezialist aus der Wertpapierhandelsbank ICF die aktuelle Situation an den Märkten. Zwar gab es zu Beginn der Corona-Krise ebenso wie am Aktienmarkt starke Verwerfungen – allerdings hätten die sich mittlerweile wieder gelegt. Unter anderem, weil die Europäische Zentralbank in dieser Krise als potente Käuferin auch für Unternehmensanleihen auftritt.
"Und von daher hatten wir seit der Ankündigung der Europäischen Zentralbank, das Anleihekaufprogramm auszuweiten, massive Emissions-Wellen gesehen, die alle sehr gut gelaufen sind. Also im Moment läuft es eigentlich wie geschmiert."
Ein Graffiti-Gollum hält eine Toilettenpapierrolle, daneben die Sprchblase "Mein Schatz"
Wirtschaftsethiker zu Coronakrise - "Soziale Marktwirtschaft ist nicht für Extremfälle ausgerichtet"
Großkonzerne, die keine Miete mehr zahlen wollen, überteuerte Alltags- und Medizinprodukte: Viele versuchten aktuell von der Notlage zu profitieren, sagte Wirtschaftsethiker Birger Priddat im Dlf. Die Coronakrise werde die soziale Marktwirtschaft langfristig verändern.
Arthur Brunner sieht im konkreten Fall Adidas aber mindestens ein Problem – und das ist die schiere Größe der Summe, auf die Adidas im Notfall zurückgreifen will: "Ich glaube, Adidas und die drei Milliarden – das wäre ein bisschen viel; das würde der Markt dann nicht verkraften."
Bei der staatlichen KfW-Förderbank jedenfalls sind bislang rund 10.000 Kreditanträge von Unternehmen eingegangen mit einem Volumen von knapp 23 Milliarden Euro. Der Adidas-Großkredit von 2,4 Milliarden Euro macht davon also schon etwa ein Zehntel aus. Ist die staatliche Unterstützung in manchen Fällen vielleicht zu schnell und leichtfertig angeboten worden?
Staatshilfen als der bequemere Weg?
Nein, meint Alexander Kritikos, Forschungschef der Abteilung Entrepreneurship beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: "Ich denke, das war in dieser Form richtig. Denn es geht in dieser ersten Phase des Lockdowns in erster Linie darum, diese Zeit zu überstehen, es den Unternehmen möglich zu machen, nach der Krise auch noch intakt zu sein. Das heißt, die Unternehmen brauchen dafür in erster Linie Liquidität – und die hat der Staat derzeit so gut er kann zur Verfügung gestellt."
In einer zweiten Phase, wenn es um die Zeit nach dem aktuellen Lockdown geht, sollten Unternehmen dann aber wieder an den Kapitalmärkten Gelder besorgen, meint Kritikos.
Auch Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende meint, dass man im Fortgang der Krise genau hinschauen müsse. Staatliche Hilfen sollten nur dann und nur dort fließen, wo es keine andere Möglichkeit für die Unternehmen gebe:
"Soweit die Kapitalaufnahme funktioniert, ist es auf jeden Fall eine Möglichkeit, dass Unternehmen, die eigentlich langfristig ein stabiles Geschäftsmodell haben, sich auch am Markt finanzieren. Zwischendurch war es nicht immer sicher, wie weit es auch am Kapitalmarkt eben einen solchen Bruch gibt, dass es ihnen nicht gelingt. Deswegen kann man sich das nur im Verlauf der Krise anschauen. Aber ich bin auf jeden Fall der Auffassung: Der Staat sollte nur soweit einspringen, wie es keine anderen Möglichkeiten gibt; das muss die Ultima Ratio sein und darf jetzt nicht der bequemere Weg sein und andere werden von vornherein ausgeschlossen."