Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

UEFA
Tauziehen vor der Präsidentenwahl

Am 14. September kämpfen der Slowene Aleksander Čeferin und der Niederländer Michael van Praag um das Amt des UEFA-Präsidenten. Im Wahlkampf wird der Ton zwischen den verschiedenen Unterstützern schärfer.

Von Robert Kempe | 10.09.2016
    Der slowenische Fußball-Präsident Aleksander Ceferin will neuer UEFA-Präsident werden.
    Der slowenische Fußball-Präsident Aleksander Ceferin (dpa / picture alliance / Igor Kupljenik)
    Aufgefallen ist er bisher kaum. Aleksander Čeferin – seit 2011 Chef des slowenischen Fußballverbandes und ab nächster Woche wohl Präsident der UEFA. Ein Aufsteiger mit wichtigen Verbündeten. So arbeitete der neue strategische Berater von FIFA-Präsident Gianni Infantino – selbst lange Generalsekretär der UEFA – akribisch daran, Unterstützung für den 48-jährigen Slowenen zu bekommen. Das funktionierte. Bereits Anfang Juni, also Wochen vor Ablauf der Kandidatenfrist, verkündeten die skandinavischen Länder ihre Unterstützung für den Slowenen. Dabei soll es Absprachen gegeben haben. Die Skandinavier haben Interesse an der Europameisterschaft 2024 oder 2028. Nun ist man auf Schadensbegrenzung aus. Der Chef des dänischen Fußballverbandes Jesper Möller:
    "Wir haben nur gesagt, dass wir Herrn Čeferin gern als Kandidaten hätten. Ich habe ihm nicht meine Stimme versprochen und ich habe das auch noch nicht entschieden."
    Doch dabei blieb es nicht. Im Hintergrund arbeitete schon ein anderer: Witali Mutko, russischer Sportminister und oberster Fußball-Chef. Kurz nach der Verkündung der Skandinavier kamen 13 osteuropäische Verbände in Moskau zusammen. Alle legten sich auf Čeferin fest. Sie bestätigten dies nach Deutschlandfunk-Informationen gar per Unterschrift.
    Breite Zustimmung für Čeferin
    Von den 55 Verbänden in der UEFA wollen derzeit schon 24 für Čeferin stimmen. Manche Rechnungen sind sogar noch höher.
    "Jede Unterstützung ist gut. Gerade habe ich die von Polen und der Slowakei bekommen. Ich unterscheide die Unterstützung der unterschiedlichen Länder nicht dahingehend, wie wichtig ihre Regierungen sind. Jeder hat eine Stimme."
    So der Slowene. Alles Zufall? Fakt ist: In Aleksander Čeferin wird Russland und die FIFA keinen Kritiker an der WM 2018 haben. Ein Emporkömmling mit altbekannter Attitüde. Abblocken, Verwirren, Schweigen. Von Journalisten zu den Problemen in Russland mit Blick auf die WM 2018 angesprochen – also zu Staatsdoping, Menschenrechten, Umgang mit Homosexuellen und Fangewalt – antwortete der Präsidentschaftskandidat in einer Pressekonferenz:
    "Ich versuche so optimistisch wie möglich zu sein. Also bin ich optimistisch, dass alles gut wird. Manche Menschen sind zuerst pessimistisch und negativ. Ich nicht. Ich hoffe alles wird gut werden. Warten wir es ab."
    Kandidat Russlands
    Sicher scheint: Der Kandidat wird seinen Unterstützer Witali Mutko nicht enttäuschen. Wie Russland in dieser Wahl vorgeht, hat der zweite Kandidat, der Niederländer Michael van Praag, selbst erlebt. Mutko warf van Praag vor, Europa zu spalten.
    "Sie haben schon ihre Unterstützung für Čeferin verkündet, als noch nicht einmal klar war, wie viele Kandidaten es geben wird und wer das sein wird. Und für mich ist das jedenfalls seltsam. Ich habe versucht, mit Russland zu sprechen, aber niemand ist aufgetaucht. Später habe ich versucht, Kontakt aufzunehmen, ich wollte nach Moskau fliegen. Man hat nicht geantwortet."
    Der Chef des niederländischen Fußballverbandes, Michael van Praag
    Kandidiert nicht mehr für das Amt des FIFA-Präsidenten: Michael van Praag (picture-alliance / dpa / Robin Van Lonkhuijsen)
    Van Praag sitzt seit sieben Jahren im UEFA-Vorstand. Er war Gegenkandidat von Sepp Blatter im FIFA-Wahlkampf 2015, damals auch unterstützt vom Deutschen Fußball-Bund. Doch dort setzt man nun auf den Slowenen Čeferin, im Präsidium bis vor kurzem kaum bekannt. Ausschlaggebend sei das Wahlprogramm Čeferins gewesen, so der DFB. Dessen Chef Reinhard Grindel rief van Praag nach der Entscheidung an.
    "Er hat Beispiele gemacht, warum er für Čeferin wählen wird. Aber die sind in meinem Programm. Und ich war auch der erste. Das verstehe ich nicht und ich verstehe auch nicht, dass er an einem Punkt sagt, ja vielleicht ist das die Übersetzung – da habe ich das nicht gut verstanden. Da denke ich, die Übersetzung? Das ist so eine wichtige Entscheidung, dann ruf mich doch an, da können wir noch einmal drüber sprechen. Hat er nicht gemacht. Es ist professionell übersetzt worden. Nicht bei mir. Ich spreche Rudi-Carrell-Deutsch, wir hatten eine professionelle Übersetzung. Also wenn er das zu mir sagt, dann denke ich, ja, das ist nicht sehr professionell. Aber okay. Es ist passiert. Ich bin enttäuscht, ich verstehe es auch nicht."
    DFB will EURO 2024
    Doch geht es bei sportpolitischen Wahlen wenig um Programme. Sie sind geprägt von Interessen. Für den DFB geht es demnächst um einen Sitz im UEFA-Vorstand. Die Amtszeit des derzeit gesperrten Wolfgang Niersbach läuft ab. Und vor allem: Die EURO 2024. Die soll unbedingt in Deutschland stattfinden. Für den DFB ein Anliegen bei der Kandidatenwahl. Michael van Praag erinnert sich an ein Treffen mit DFB-Präsident Grindel:
    "Ich weiß, wie wichtig das ist für Deutschland und das hat er mir auch gesagt. Deutschland muss unbedingt die 2024 Europameisterschaft wieder haben – das hat er mir gesagt. Und wenn wir uns verabschiedeten, hat er auch gesagt, wir brauchen einen Präsidenten, der die Sache ein bisschen unterstützt. Unterstützen ist etwas anderes wie entscheiden. Aber das ist passiert. Und wenn er das denkt, vielleicht denkt er, dass ich das nicht tue. Das kann sein."
    Deals und Absprachen. Es würde zu Wahlen im Sport passen. Und auch zum DFB. Der rechnet sich wohl mit Čeferin bessere Chancen aus. Und: In Skandinavien scheint man sich ohnehin eher auf die Euro 2028 zu fokussieren. Das Ziel des DFB Euro 2024 wäre frei. Vor allem wenn man bei der Wahl auf der guten Seite steht. Das ist in der Sportpolitik immer die des Siegers. In dem Fall wohl der Kandidat Russlands.