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Ukraine-Abkommen
Schwierige Annäherung an die EU

Nach dem klaren Nein der Niederländer zum EU-Abkommen wächst in der Ukraine die Kritik an Präsident Petro Poroschenko und seiner Regierung. Versäumnisse in der Außenpolitik und die starke Macht der Oligarchen im Land hätten das Ergebnis beeinflusst. Der ukrainischen Opposition gibt das Ergebnis Aufwind.

Von Florian Kellermann | 07.04.2016
    Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko
    Nach dem Referendum in den Niederlanden steht der ukrainische Präsident Poroschenko in der Kritik. (dpa / picture-alliance / Andreas Gebert)
    Führende ukrainische Politiker bemühten sich um Schadensbegrenzung. Präsident Petro Poroschenko erklärte, er sehe im Ergebnis des Referendums kein Votum gegen die Ukraine.
    "Ich will alle daran erinnern: Die eigentliche Zielscheibe derjenigen, die das Referendum organisiert haben, war nicht das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine. Das war eine Attacke auf die Einheit Europas - und auf die Verbreitung der europäischen Werte. Davon zeugt die Debatte in den Niederlanden vor dem Referendum."
    Ukrainische Kommentatoren hatten sich in den vergangenen Tagen immer wieder verwundert die Augen gerieben: Die Gegner des Assoziierungsabkommens in den Niederlanden hatten behauptet, der Vertrag führe über kurz oder lang zu einem EU-Beitritt des östlichen Nachbarlandes. Dabei hatten die Ukrainer stets genau das an dem Dokument bemängelt: dass es ihnen keine Beitrittsperspektive einräumt.
    Die ukrainische Regierung müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie gegen die - aus ihrer Sicht - falschen Argumente zu wenig unternommen hat, meint der Politologe Viktor Taran:
    "Die Ukraine hat ein echtes Problem, weil sie keine effektive Außenpolitik betreibt. Es ist ja kein Geheimnis, dass zahlreiche Botschafterposten weiterhin nicht besetzt sind. Auch in den Niederlanden haben wir uns zu spät in die Diskussion eingeschaltet, Außenminister Klimkin ist erst ganz am Schluss dorthin gereist. Und es wäre auch gut gewesen, wenn Präsident Poroschenko dorthin gefahren wäre."
    Niederländisches Nein als Quittung für Poroschenkos Politik
    Andere Kommentatoren greifen den Präsidenten noch härter an. Das Referendum sei ein Urteil über ihn, erklärte der Abgeordnete von Poroschenkos Partei Mustafa Najem. Denn Poroschenko habe es in seinen beiden Jahren im Amt versäumt, die Macht der Oligarchen zu brechen - und das niederländische Nein sei die Quittung dafür.
    Praktisch allerdings werde das Referendum zunächst keine Auswirkungen haben, erklärte der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin. Die Bestimmungen des Abkommens würden ja schon seit Januar vorläufig angewendet, sagte er. Daran werde sich nichts ändern. "Kein Grund zur Beunruhigung", so der Tenor, auch bei Präsident Poroschenko:
    "Ich bin sicher, dass dieses Ergebnis strategisch kein Hindernis für die Ukraine auf ihrem Weg nach Europa ist. Die Ukraine wird das Assoziierungsabkommen weiterhin Schritt für Schritt umsetzen. Wir werden weiterhin eine umfassende und vertiefte Freihandelszone mit der EU schaffen. Denn nur so können wir den ukrainischen Staat modernisieren, stärken und unabhängiger machen."
    Aufwind für die Opposition
    Unterstützung erhielt die Ukraine aus Litauen: Präsidentin Dalija Gribauskajte rief die Ukrainer dazu auf, ihre pro-westliche Haltung nicht aufzugeben.
    "Wir müssen heute einiger und entschiedener werden, bereit für Reformen und eine neue, europäische Ukraine. Litauen und ganz Europa werden auf eurer Seite sein."
    Aufwind durch das Referendum spürt dagegen die eher an Russland ausgerichtete ukrainische Opposition. Es sei an der Zeit, Illusionen über eine EU-Annäherung aufzugeben, heißt es in einer Erklärung des "Oppositionellen Blocks". Vielmehr solle sich die Ukraine zuerst selbständig zu einem wirklich europäisches Land entwickeln, heißt es dort.