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Ukraine
Der Maidan steht bereit

Im Konflikt um die Krim sind mehrere zehntausend Menschen in der Ukraine für und gegen Russland auf die Straßen gegangen. Auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz Maidan würden viele Menschen am liebsten auf die Krim fahren. Nicht zum Kämpfen, wie sie betonen.

Von Sabine Adler, Kiew | 10.03.2014
    Wolodimir Parabi ist der Held des Maidan, gerade führt er einen Trupp über den Platz, er soll für Ordnung sorgen. Wolodja, wie er auch genannt wird, hat Ex-Präsident Viktor Janukowitsch am 21. Februar offenbar das Fürchten gelehrt. Er war auf die Bühne gestürmt und ließ an die Vereinbarung, die die Opposition, die EU-Außenminister und der ukrainische Präsident kurz zuvor unterschrieben hatten, kein gutes Haar. Der junge Mann konnte nicht begreifen, dass dank dieses Abkommens Janukowitsch bis Dezember im Amt hätte bleiben können, die Wahl nur um drei Monate vorgezogen werden sollte.
    Er forderte, ein Ultimatum. Bis Samstag 6 Uhr muss Janukowitsch zurücktreten. Das tat der nicht, aber er floh. Bat angeblich Präsident Putin, Truppen in die Ukraine zu schicken, um russischstämmige Bürger zu schützen. Die selbsternannte Regierung auf der Krim rief ebenfalls Moskau zu Hilfe. Seitdem hat Wolodimir Parabi keine Ruhe mehr, er tigert rastlos über den Maidan.
    "Wir dürfen keinesfalls nach Hause, wir müssen die Regierung kontrollieren. Was die macht mit der Krim. Wir finden es sehr traurig, dass sie absolut gar nichts unternimmt, nichts. Die russische Armee okkupiert immer mehr. Uns beunruhigt das, schließlich sind wir auf dem Maidan das Zentrum der Freiheit. Es ist sehr traurig, dass es hier jetzt keinen Koordinator mehr gibt, der den Maidan führt."
    Der ukrainische Premier Jazeniuk hat erst gestern die Strategie wiederholt: keinen Schuss, keinen Kampf, nur Verhandlungen.
    "Als friedlicher Staat werden wir den Konflikt ausschließlich diplomatisch und politisch lösen, aber wir werden auf keinen Zentimeter unseres Landes verzichten".
    Noch stehen die Barrikaden auf dem Maidan, noch haben die Aktivisten keinen Befehl, nach Hause zurückzukehren. Viele würden am liebsten auf die Krim fahren. Nicht zum Kämpfen, wie Wolodimir Parabi betont.
    "Wenn es nötig wird, wären wir bereit, auf die Krim zu gehen. Aber bis jetzt gibt es kein Kommando dafür. Ich will keinesfalls, dass das Schaden anrichtet auf der Krim, und das könnte es. Ich bin aus Lemberg und da könnte es heißen, jetzt kommen die Bandera-Leute aus dem Westen, die ihnen die Ordnung beibringen wollen. Dabei würde ich ihnen einfach gern sagen, dass wir im Westen nicht das geringste gegen sie haben, dass wir sie lieben und sie achten, wie auch ihre Geschichte. Und dass wir die Krimtataren unterstützen."
    Die explosive Entwicklung auf der Krim nur zu beobachten, fällt Parabi schwer. Ähnlich ergeht es dem ehemaligen Verteidigungsminister unter Präsident Juschtschenko, Anatoli Grizenko. Für den Abgeordneten der Timoschenko-Partei Vaterland sind die russischen Streitkräfte ohne Erkennungszeihen grüne Banden.
    "Diese Banden sollte man entwaffnen, zum Aufgeben und Verschwinden zwingen. Sollten sie sich weigern, müssen sie vernichtet werden. Denn wer sind sie? Gehören sie zur russischen Armee oder zur ukrainischen? Wenn sie zu keiner von beiden gehören, müssen wir unser Land von diesen Banden säubern."
    Für etliche Maidan-Aktivisten, die noch immer auf den Barrikaden ausharren, würde ein kurzer Wink genügen. Guso, ein großer kräftiger junger Mann würde selbst seine offen klaffende Wunde am rechten Oberschenkel nicht zurückhalten.
    "Wir sind immer bereit, schauen sie meine Muskeln an, meinen sie nicht, dass die reichen?"
    Sein Kampfgefährte und Nachbar ist weit weniger euphorisch. Doch er sieht der kommenden Aufgabe schon entgegen.
    "Wir wollen keinen Krieg, aber wir stehen für unsere Rechte ein. Die Krim ist Teil der Ukraine und soll das bleiben. Ich fahre auf die Krim, um den Leuten dort zu helfen."
    Auf die Krim ja, aber nur für einen dortigen Maidan.