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Ukraine
Ein harter Wahlkampf

Am 26. Oktober wählen die Ukrainer ein neues Parlament. Auf der Krim lassen die Separatisten die Wahl nicht zu, auch im benachbarten 39. Wahlbezirk könnte die Abstimmung schwierig werden. Und Ex-Präsident Janukowitsch versucht mit gezielten Wahlkampfaktionen, die aktuelle Regierung zu diskreditieren. Doch es gibt auch Positives zu berichten.

Von Sabine Adler | 24.10.2014
    Mehrere kleine Plakate, auf denen der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk zu sehen ist, kleben an einem grünen Zaun.
    Wahlkampf in der Ukraine (Deutschlandradio / Sabine Adler)
    Glaubt man dem Fernsehsender Ukraina, findet in der Ukraine gerade der schmutzigste Wahlkampf seit der Unabhängigkeit statt. Eine Bewertung, die Wahlbeobachter unterschiedlicher Organisationen nicht teilen, obwohl sie die Akteure nicht weniger kritisch als sonst unter die Lupe nehmen. Stanislaw Scholudew aus Dneprpetrowsk hat in drei Fällen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet:
    "Die Präsidentschaftswahl verlief tatsächlich beispielhaft. Aber dass es jetzt besonders schmutzig zugeht, habe ich nicht bemerkt."
    Es gibt Verstöße, in Kriwij Rig. Dort droht der ehemaligen Partei der Regionen eine Niederlage. Die Partei der Regionen von Ex-Präsident Janukowitsch nennt sich jetzt Oppositionsblock. Sie diskreditiert die neue Regierung massiv. Sie schafft Lkw-weise Plakate heran und plakatieren alles zu, auch an unerlaubten Plätzen.
    Wir haben Ermittlungen in drei Fällen eröffnet: Ein Kandidat hat kostenlos Leute mit dem Sammeltaxi befördert, eine Art Wahlgeschenk. Ein anderer gibt Preisnachlässe auf Backwaren. Vor allem aber hat die Ex-Partei der Regionen, die jetzt Oppositionsblock heißt, Überfälle auf Wahlkämpfer ihrer Konkurrenten verübt."
    Änderungen am Wahlgesetz
    Erst vor wenigen Tagen verabschiedete die Werchowna Rada Änderungen am Wahlgesetz. Der Kauf von Abgeordnetenmandaten soll härter bestraft werden. Bei fast allen Parlamentswahlen haben Kandidaten ihren Sieg mit massiver finanzieller Unterstützung gesichert. Abgeordnete dienten als Strohmänner des einen oder anderen Oligarchen.
    Bei dieser Wahl ist bislang kein derartiger Versuch bekannt geworden, sagt Tatjana Lynnyk vom Wählerkomitee.
    "Wir haben nicht einen einzigen Fall konstatiert, bei dem jemand versucht hat, einen Platz auf der Wählerliste zu kaufen. Das hat es früher sehr oft gegeben, insbesondere bei den Wahlen 2012."
    Geld für einen Platz im Parlament
    Der Einsatz pro Mandat wurde auf jeweils drei bis vier Millionen Euro geschätzt. Damit haben Geschäftsleute, nicht nur die reichsten von ihnen, Sitze im Parlament gekauft. Für sich selbst und zusätzliche Vertreter. Der Verdacht bleibe, doch Beweise fehlten bislang, meint Olga Aiwasowska von Opora.
    "Natürlich befinden sich auf den Listen Leute, die die Parteien und die Wahlkampagne finanzieren. Das ist ein Problem, denn bei einem Teil von ihnen handelt es sich um Oligarchen, die dann geschäftliche und politische Interessen nicht trennen.
    Aber es kann keine Rede davon sein, dass sie Plätze kaufen wie früher. Jedenfalls haben wir dafür keine Beweise. In anderen Jahren haben wir Informationen darüber aus unterschiedlichen Quellen bekommen: aus den Medien, von Konkurrenten, von Beobachtern, aus politischen Kreisen. Das ist jetzt nicht der Fall."
    Ungewissheit im 39. Wahlbezirk
    Weitaus größere Sorgen macht den Wahlbeobachtern die Abstimmung in den Bezirken, die an das von den Separatisten besetzte Gebiet grenzen. Milena Sherij:
    "Wir hoffen, dass die Sicherheitsvorkehrungen für die Wahlbüros helfen, das zu vermeiden, was wir bei der Präsidentschaftswahl erlebt haben. Dass Bewaffnete Wahllokale gestürmt, Geiseln genommen haben, sich Mitglieder der Wahlkommissionen verstecken mussten. "
    Der 39. Wahlbezirk liegt auf dem Territorium der Antiterroroperation, erklärt Stanislaw Scholudew aus Dnepropetrowsk. Zur Präsidentschaftswahl wurde dort noch gekämpft, jetzt verläuft die Front weiter entfernt. Doch in dem Bezirk tritt Dmitri Jarosch vom Rechten Sektor an, allein das kann für genug Ärger sorgen.
    "Möglich, dass es einen harten Kampf im 39. Wahlbezirk gibt. Alle Herausforderer von Jarosch sind ganz klar prorussisch eingestellt, der ganze Wahlbezirk unterstützt die sogenannte Donezker Volksrepublik und Noworossija. Man muss dort mit Kämpfen rechnen. Es ist nicht gesagt, dass das von Jarosch ausgeht, aber es ist auch nicht ausgeschlossen, hinter Jarosch stehen paramilitärische Einheiten, dort sind Waffen im Spiel."
    Die Separatisten lassen die Parlamentswahl auf dem von ihnen besetzten Gebiet nicht zu, in einer guten Woche wollen sie selbst Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abhalten, was gegen den Minsker Friedensplan verstößt.