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Ukraine feiert Unabhängigkeit
Machtdemonstration auf dem Maidan

Tausende Soldaten und die neueste Militärtechnik - das war auf dem Maidan in Kiew anlässlich des 23. Unabhängigkeitstages zu sehen. Der ukrainische Regierungschef Petro Poroschenko hielt eine martialische Rede und kündigte zusätzliche Rüstungsausgaben in Milliardenhöhe an.

Von Florian Kellermann | 24.08.2014
    Panzer fahren über den Maidan in Kiew
    Militärparade auf dem Maidan anlässlich des 23. Unabhängigkeitstags (dpa/picture-alliance/Tatjana Zenkovitsch)
    Kolonnen an Soldaten der Armee und verschiedener neu gegründeter Spezialbataillone zogen heute Morgen über den Kiewer Unabhängigkeitsplatz. Die Staatsführung wollte der Nation zeigen, dass die Streitkräfte mächtig und in der Lage sind, den bewaffneten Konflikt im Osten zu gewinnen. Den Soldaten folgte schwere Militärtechnik, zwei Kommentatoren erklärten sie den Zuschauern wie bei einer Rüstungsmesse.
    "Auf dem Unabhängigkeitsplatz sehen wir Artilleriesysteme", sagt der Sprecher, "Haubitzen vom Typ D30, Panzerabwehrraketen und Haubitzen mit einem Kaliber von 152 Millimetern. Sie sind für Schläge gegen die Infanterie sowie gegen die Artillerie und die Panzer des Gegners vorgesehen."
    Auch die Ansprache von Präsident Petro Poroschenko zum Tag der Unabhängigkeit war martialisch und bezog sich allein auf die Kämpfe im Osten.
    "Die Ereignisse der vergangenen Monate entwickelten sich für uns zu einem zwar nicht erklärten, aber dennoch echten Krieg. Er wird vielleicht als der vaterländische Krieg 2014 in die Geschichte eingehen. Dies ist ein Krieg gegen einen Aggressor, der von außen kommt, es ist ein Krieg für die Ukraine, für ihre Freiheit, für ihre Ehre und ihren Ruhm, für ihre Unabhängigkeit. Ein vaterländischer Krieg ist es, weil sich alle an der Verteidigung des Vaterlandes beteiligen, die Jungen wie die Alten."
    Das Wort Russland sprach Poroschenko zwar nicht aus, aus dem Zusammenhang jedoch war klar, wen er als Aggressor von außen bezeichnete. Auch in den kommenden Jahren werde das Land seine Rüstungsausgaben steigern, so der Präsident, bis 2017 sollen dafür über zwei Milliarden Euro bereitstehen.
    Poroschenko versuchte, den Bogen zu schlagen zwischen dem unterschiedlichen Geschichtsverständnis im Westen und im Osten des Landes. Er nannte sowohl die Ukrainische Aufstands-Armee UPA als auch die ukrainischen Soldaten in der Roten Armee Verteidiger des Vaterlandes, obwohl die beiden auch gegeneinander kämpften. Er erinnerte daran, dass die Ukraine in den 1990er-Jahren freiwillig auf ihr Atomwaffenarsenal verzichtete - und erklärte, dass sie trotz der damals auch von Russland gegebenen Garantien angegriffen werde.
    Kritik an der Militärparade
    Nicht alle Kiewer waren einverstanden mit der heutigen Machtdemonstration. Immer wieder kam es in den vergangenen Tagen zu kleinen Demonstrationen gegen die Militärparade, die von der Polizei jedoch stets rasch aufgelöst wurden.
    Serhij Scherbenjuk, der an den Protesten auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz im Winter teilnahm, sagte:
    "Meine Freunde kämpfen gerade im Osten ohne Schutzwesten, sie haben keine Nachtsichtgeräte und nicht einmal genug Uniformen. Und wir halten schwere Militärtechnik hier in Kiew zurück, damit wir sie bei der Parade einsetzen können. Die Parade soll wohl die Nation einen, aber tatsächlich kann nur der Sieg sie einen. Viele Freiwillige gehen in den Kampf, die Menschen spenden für die Armee - und der Staat gibt Geld für eine Parade aus. Das finden wir nicht richtig."
    Verteidigungsminister Walerij Heletej widersprach der Kritik. Die heute gezeigte Militärtechnik sei schon auf dem Weg in die Ostukraine. Dort bekämpfen sich auch heute ukrainische Verbände und Einheiten der Separatisten. Die separatistischen Kämpfer erobern offenbar Stellungen in der strategisch wichtigen Stadt Ilowajsk bei Donezk zurück. Das ukrainischen Freiwilligenbataillon Dnjepr halte nur noch die Hälfte der Stadt, teilte dessen Kommandeur Semen Sementschenko mit. Sein Bataillon brauche dringend Verstärkung, so Sementschenko. Ukrainische Medien berichten, ukrainische Stellungen und Ortschaften würden weiterhin auch direkt von russischem Territorium aus beschossen. Die russische Regierung dementiert, dass sie sich in den Konflikt in der Ostukraine einmische. Dies sei leeres Gerede, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums gestern.
    Die großen Städte wie Donezk, Luhansk und Horliwka wurden in der Nacht und heute Morgen wieder mit Artillerie beschossen. In Donezk brachen deshalb neun Feuer in Wohngebäuden aus, teilte die Stadtverwaltung mit. Sieben Wohngebäude wurden beschädigt. Über Opfer ist bisher nichts bekannt. Weiterhin machen sich beiden Seiten für den Beschuss von Wohnvierteln verantwortlich.
    In Luhansk gibt es seit 22 Tagen keinen Strom mehr. Das Trinkwasser werde immer knapper, teilte die Stadtverwaltung heute mit. Es kann seit dem Stromausfall nur noch mit Lastwagen nach Luhansk gebracht werden.

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