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Ukraine
Kiews Krim-Truppen rufen um Hilfe

Nach dem Referendum am Sonntag könnten die neuen Herren auf der Krim die ukrainischen Truppen auf der Halbinsel zu unerwünschten Besatzern erklären. Die Soldaten fürchten um ihr Leben - und verlangen Befehle aus Kiew.

Von Sabine Adler | 13.03.2014
    Es ist ein Hilferuf, den Juli Mamtschur, ukrainischer Kommandeur der Einheit Belbek auf der Krim, heute nach Kiew geschickt hat. Er fordert die Regierung dringend auf, einen Befehl zu erteilen, wie sich die Truppen auf der Krim verhalten sollen.
    Die Tage der ukrainischen Streitkräfte sind gezählt, denn nach dem Referendum am Sonntag könnte die neue Krim-Regierung ihre Ankündigung wahr machen und die ukrainischen Soldaten zu unerlaubten Besatzern erklären. Ihnen wurde bereits nahegelegt, die Seiten zu wechseln und einen neuen Eid, dieses Mal auf den Kreml zu schwören.
    In seiner Videobotschaft spricht der Kommandeur von der Lebensgefahr, in der sich die Armeeangehörigen und deren Familien sowie Zivilisten befänden.
    "Mit jedem Tag wird das Ultimatum der russischen Streitkräfte gefährlicher. Um bewaffnete Auseinandersetzungen zu vermeiden, bitten wir Sie, schnell eine Entscheidung darüber zu treffen, wie sich die Kommandeure in den Einheiten verhalten sollen. Wenn wir von Ihnen keinen Befehl erhalten, sind wir gezwungen uns gemäß der Vorschriften für die bewaffneten Streitkräfte der Ukraine zu verhalten, was einschließt, dass wir das Feuer eröffnen."
    Duldet Moskau ukrainisches Militär auf der Krim?
    Die ukrainischen Soldaten haben bislang den Befehl befolgt, die russische Besetzung von ihrer Einheiten kampflos hinzunehmen, um kein Blutvergießen auf der Krim zuzulassen. Lange könnten sie der russischen Übermacht nicht mehr standhalten, so der Appell von Kommandeur Mamtschuk.
    Der ukrainische Präsident Oleksander Turtschinow hatte sich in der Nacht mit einer Erklärung an Armeeangehörige und deren Familien auf der Krim gewandt. Sie befänden sich jetzt im Kampfzustand. Der ukrainische Staat trage Sorge dafür, dass diese Soldaten zusätzliche Vergünstigungen bekämen, sie würden mit Wohnraum versorgt, Ausbildungsmöglichkeiten der Kinder würden sichergestellt.
    Unklar bleibt, ob unter der russischen Besatzung ukrainisches Militär auf der Krim überhaupt geduldet wird. Der sogenannte Premier Aksjonow hatte angekündigt, die ukrainischen Soldaten würden in die russische Armee aufgenommen, das gesamte Gerät ginge an Moskaus Heer und wer keinen Eid auf Putins Truppen leiste, dürfe die Halbinsel jetzt noch verlassen.
    Klitschko ruft Krimbewohner zu Boykott des Referendums auf
    Dass nach der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation ukrainische Armeeangehörige weiter Dienst auf der Krim für Kiew leisten können, wäre demnach eher unwahrscheinlich. Offen ist, wie viele Ukrainer bereits übergelaufen sind. Dass dies geschehen ist, wurde sehr früh sichtbar, der erste war der Oberkommandierende der Krimflotte.
    Präsidentschaftskandidat Vitali Klitschko hat die Krimbewohner aufgerufen, nicht an dem ungesetzlichen Referendum teilzunehmen, wenn sie sich nicht der Teilung des Landes schuldig machen wollten.
    "Dass die Krim zu einem Konfliktherd werden könnte statt weiter eine Urlaubsregion zu sein, ist schwer vorstellbar. Die Krim darf nicht werden wie Südossetien, Abchasien und Transnistrien, die noch heute auf die Hilfe warten, die Russland ihnen versprochen hat. Keine Verbrecherbande, keine fremden Militärkräfte, sondern Sie sind die Hausherren der Krim."
    Im Osten der Ukraine fürchtet man ein ähnliches Vorgehen der russischen Streitkräfte wie auf der Krim. In Charkiw hat der Vorsitzende des Regionalparlaments Sergej Tschernow den Antrag auf ein Referendum abgelehnt, das pro-russische Kräfte abhalten wollen. Sie haben für kommenden Sonntag, wenn über den Anschluss der Krim an Russland abgestimmt werden soll, zu einer Demonstration für ein solches Referendum in Charkiw aufgerufen.