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Ukraine-Konflikt
Steinmeier: "Nichts als Kriegstreiberei"

Erst Marrakesch, dann Tunis, jetzt Algier: Egal wo der Bundesaußenminister landet, die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine sind schon da und es sind durchgängig deprimierende Nachrichten.

Von Klaus Remme | 25.01.2015
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warb in der Ukraine für ein Treffen der Kontaktgruppe. (picture alliance/dpa/Roman Pilipey)
    Noch nach den Bildern aus Donezk am Freitag hatte Frank Walter Steinmeier die Frage von Schuld und Verantwortung gemieden. Nach den Toten in Mariupol gibt es diese Zurückhaltung nicht mehr:
    "Nach dem einer der Separatistenführer sich öffentlich erklärt hat, dass man jetzt zum Krieg rüste, schein klar zu sein, wer für diesen Angriff verantwortlich war. Und wer ganz offensichtlich ein Interesse daran hat, die laufenden Bemühungen, um eine Entschärfung des Konfliktes zu unterlaufen."
    Die laufenden Bemühungen, damit meint Steinmeier vor allem den vermeintlichen Konsens von Montag Abend in der Berliner Villa Borsig. Die Einigung des russischen und ukrainischen Außenministers auf den Abzug schwerer Waffen wurde vor Ort schnell zerschossen. Steinmeier in Algier:
    "Ich sage mit Blick auf die öffentlichen Äußerungen, die ich von Tarasenko, Plotnizki und anderen sich selbst für die Ost-Ukraine ernannten Führer gehört habe, ist es nichts als Kriegstreiberei."
    Nicht die letzte Chance verspielen
    Die ohnehin schon engen Spielräume der Diplomatie werden offenbar immer kleiner. Steinmeier, der in den vergangenen zwölf Monaten praktisch jede Gelegenheit zum Dialog suchte und dafür nicht nur Lob bekam, fürchtet erkennbar, durch die Eskalation auch noch letzte Chancen zu verlieren, die Entwicklung vor Ort zu beeinflussen.
    "Diejenigen, die die Minsker-Vereinbarung unterschrieben haben, die müssen sich an dieser Verantwortung jetzt auch messen lassen und das Notwendige tun, damit die Lage in der Ostukraine nicht völlig außer Kontrolle gerät. Und das Tarasenko und Plotnizki nicht die dominierenden Figuren auf dem Parkett werden, sondern, dass diejenigen, die die gemeinsamen Bemühungen zur Entschärfung der Lage, diese Chance behalten und die Chance möglichst bald zur Realität werden wird."
    Steinmeier sieht Moskau in der Verantwortung
    Sehr viel konkreter wird Frank Walter Steinmeier nicht. Ein augenfälliger Kontrast zum Beispiel zur Wortwahl des amerikanischen Amtskollegen. John Kerry nimmt nach den Opfern in Mariupol kein Blatt vor den Mund. Er beschuldigt Russland, diese Angriffe durch Waffenlieferungen an die Separatisten erst möglich gemacht zu haben, nennt Raketenwerfer, schwere Artillerie, Panzer und gepanzerte Fahrzeuge. Kerry fordert Moskau auf, die Unterstützung der Separatisten sofort zu stoppen, die Grenzen zur Ukraine zu schließen, und droht anderenfalls damit, den internationalen Druck auf Russland weiter zu erhöhen. Auch Steinmeier sieht Moskau in der Verantwortung, die Tonlage ist aber eine andere:
    "Auch Russland ist aufgerufen, das Seinige zu tun, um mit den Möglichkeiten, die Russland hat, die Separatisten zu einem Verhalten zu bewegen, ich will es nicht Politik nennen, dass nicht täglich die laufenden Bemühungen vieler, die ein Interesse an der Entschärfung des Konflikts haben, unterlaufen."