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Ukraine-Konflikt
Wettrüsten der Worte

Die Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt verschärfen sich. Nachdem Moskau indirekt mit einer Militäraktion drohte, warf die NATO dem Kreml "zündelnde Rhetorik" vor. US-Präsident Obama droht Moskau mit weiteren Sanktionen.

24.04.2014
    Die ersten US-Soldaten einer 600-Mann-Truppe im Baltikum landen in Polen.
    Die ersten US-Soldaten einer 600-Mann-Truppe im Baltikum landen in Polen. (AFP / Janek Skarzynsk)
    Russland verstößt nach Auffassung von US-Präsident Barack Obama gegen das Genfer Abkommen zur Entschärfung der Ukraine-Krise. "Bisher zumindest sehen wir nicht, dass sie dem Geist oder den Buchstaben der Einigung von Genf nachkommen", sagte Obama. Sollte die Führung in Moskau das Abkommen weiter missachten, müsse sie mit Konsequenzen rechnen. "Dann werden wir die Sanktionen verschärfen", warnte Obama nach einem Gespräch mit dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe in Tokio.
    Blockfreier Schüsselstaat
    Die USA werfen Russland vor, die Unruhen in der Ost-Ukraine anzuheizen. Russland wirft den USA vor, den Sturz von Präsident Janukowitsch initiiert zu haben. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief Moskau und Kiew auf, zur Deeskalation beizutragen. "Die Uhr tickt."
    Der russische Außenministers Sergej Lawrow rief dagegen zu "ernsthaften Verhandlungen" auf. Die Ukraine müsse als blockfreier Staat zu einem "Bindeglied" zwischen Russland und Westeuropa werden, sagte Lawrow nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. So könne eine "einheitliche wirtschaftliche und humanitäre Zone vom Atlantik bis zum Pazifik" entstehen.
    "Zündelnde Rhetorik"
    "Ich bin besorgt über die russischen Erklärungen, die der Ukraine mit einer Militäraktion drohen", erklärte NATO-Vize-Generalsekretär Alexander Vershbow in Brüssel. "Russland hat die Verantwortung, die Situation zu beruhigen statt sich einer zündelnden Rhetorik zu bedienen." Vershbow reagierte damit auf Äußerungen des russischen Außenministers Lawrow. Würden "die Interessen der Russen angegriffen, so wie es in Süd-Ossetien war", sehe er keine Alternative zu einer "Antwort", sagte Lawrow gestern. Er verwies dabei ausdrücklich auf den Georgien-Krieg von 2008.
    Russlands Außenminister Sergej Lawrow
    Russlands Außenminister Sergej Lawrow (DANI POZO / AFP)
    Die US-Armee erhöht derweil ihre Präsenz im Baltikum: Gestern landeten die ersten Soldaten einer 600 Mann starken Truppe in Polen. Anfang der Woche hatten die Amerikaner bereits mehrere Fotos präsentiert, die nach Angaben Washingtons Beweise dafür sein sollen, dass einige der bewaffneten Kämpfer in der Ost-Ukraine in Wahrheit russische Militärs oder Offiziere des russischen Geheimdienstes sind. Diese Fotos bezeichnete wiederum Lawrow als "gefälscht".
    Kiew meldet Erfolge im Anti-Terror-Einsatz
    Im Osten der Ukraine fordern prorussische Aktivisten eine stärkere Autonomie von Kiew. In mehreren Städten haben sie Verwaltungsgebäude besetzt. Die Regierung in Kiew ordnete daraufhin nach Ostern die Wiederaufnahme eines "Anti-Terror-Einsatzes" der Sicherheitskräfte in der Region an. Nach Angaben des Innenministeriums wurde dabei die von prorussischen Kräften kontrollierte Stadt Swjatogorsk "befreit". Nun würden Patrouillen der regulären Sicherheitskräfte des Landes die 5000-Einwohner-Stadt kontrollieren. Reporter berichteten aus Swjatogorsk, dass keinerlei Sicherheitskräfte zu sehen seien. Nach Angaben von Bewohnern ist ihre Stadt nie unter Kontrolle prorussischer Kräfte gewesen.
    "Lage sehr instabil"
    Seit zehn Tagen ist der Leiter der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine, Klaus Zillikens, im Gebiet Donezk. Zwar sei es schwierig, Entwicklungen zu beschreiben, sagte er im Deutschlandfunk, "aber der Trend geht sicherlich nicht zu mehr Stabilität und Deeskalation". In den meisten Städten finde ein Dialog zwischen der Kiewer Regierung oder ihren lokalen Vertretern und den Separatisten statt, um die Verwaltungsarbeit aufrecht zu erhalten. Die Ausnahme sei die Stadt Slawjansk: "Dort ist die ganze Stadt von Aktivisten besetzt, das ist eine Sondersituation".
    Zwei vermummte pro-russische Demonstranten warten vor einer Barrikade in der Nähe der besetzen Regionalverwaltung in der ost-ukrainischen Stadt Donezk.
    Pro-russische Demonstranten warten vor einer Barrikade in der Nähe der besetzen Regionalverwaltung in der ost-ukrainischen Stadt Donezk. (dpa picture alliance / Roman Pilipey)
    (sdö/swe)